Kolibri
â¦â
â⦠dass ich so gut Deutsch spreche?â
Der Bürgermeister nickte.
âGanz einfachâ, sagte Hightower und fuhr sich mit der Hand durchs Haar, aus dem daraufhin Sägespäne rieselten. âIch hab in Deutschland studiert.â
âAch ja, wo denn?â
âZuerst in Heidelberg, zwei Semester, aber da war es mir zu langweilig. Bin dann nach Berlin, damals noch Westberlin, und hab dort brav mein Studium in Deutsch und Wirtschaftswissenschaften abgeschlossen.â Sie musterte ihre malträtierten Hände und sagte dann: âHört man eigentlich einen Akzent?â
âGanz wenig. Sie sprechen besser Deutsch als die meisten meiner Kollegen.â
Hightower lachte und sagte: âWenn die Politiker hier nicht viel anders sind als bei uns in Amerika, heiÃt das nicht vielâ, woraufhin der Bürgermeister in ihr Lachen einfiel und ganz selbstverständlich davon ausging, dass Anwesende ausgenommen waren.
âUnd wie gingâs weiter?â
âAch, das Ãbliche. Mein Vater wollte, dass ich in die Wirtschaft gehe, meine Mutter wollte, was mein Vater wollte, und die CIA wollte, dass ich für sie arbeite.â
âSie verarschen mich, richtig?â
âHe, wollen Sie mich beleidigen? Mitte der Siebzigerjahre war in Berlin eine Menge los, politisch gesehen. Jemanden, der gut Deutsch konnte und auch sonst nicht ganz blöd war, konnte die Agency immer brauchen.â
Der Bürgermeister beugte sich vor, angespannt, fragte mit leiser Verschwörerstimme: âUnd, haben Sie zugesagt?â
Hightower lachte. âSind Sie verrückt? Natürlich nicht.â
âVersteheâ, sagte der Bürgermeister. âUnterschiedliche Weltsichten.â
â
Bullshit
. Ich habe mich damals schon an ein Prinzip gehalten, an das ich mich nach wie vor halte.â
âNämlich?â
âArbeite nie für inkompetente Leute. Oder Organisationen. Oder Nationen.â
âHaben Sie deshalb Ihren Job als Präsidentenberaterin aufgegeben?â
âHeâ, sie lachte, âdie Buschtrommeln arbeiten schnell in diesem Teil der Welt.â
âUnd, trommeln sie richtig?â
Hightower nickte. âWissen Sie, ich war nicht nur Präsidentenberaterin, das war ich nur ganz am Schluss, kurz bevor ich mich vollständig aus dem Geschäft zurückgezogen habe. Vorher habe ich Wirtschaftsbosse beraten, Minister, solche Leute.â Sie zählte ein paar Namen auf, von denen dem Bürgermeister einige vage bekannt vorkamen. Amerikanische Geschichte oder Politik war nicht unbedingt seine Stärke, sein Blick ging mehr nach Osten.
âUnd die waren alle inkompetent?â, fragte er.
âNein, nicht alle. Einige mehr, einige weniger. Das war nicht der Punkt. Der Punkt war, ich habe gemerkt, dass es mir eigentlich völligegal war, wofür oder wogegen diese Leute eintraten, denn herauskommen tat sowieso nie etwas.â
âWarum nicht?â
Schulterzucken. âBürokratie, gröÃtenteils. Bei den Wirtschaftsleuten ging es ja noch, aber diese Politiker,
my goodness
. Da brauchte ich manchmal einen Panzer, um das Bollwerk der Sekretärinnen, der sogenannten Freunde, Günstlinge, Lobbyisten und wer sich sonst noch so im Glanz der Macht sonnen wollte, zu durchdringen. Ich habe eingesehen, dass es hoffnungslos war, und mich zurückgezogen.â
âUm was zu tun?â
Breites Grinsen. âSchweine züchten, in Alabama.â
âUnd das ist befriedigend?â
âYep.â
âUnd wieso haben Sie dann diese Geschichte, ich meine, diese Angelegenheit hier übernommen?â
âWie gesagt, ich hasse hoffnungslose Fälle.â
Der Bürgermeister wurde blass. âDafür halten Sie ihn?â
Lachend schüttelte Hightower den Kopf. Ein paar letzte Sägespäne lösten sich aus ihrem Haar. âIm Gegenteilâ, sagte sie, âdiese Angelegenheit, wie Sie das nennen, ist schon so gut wie erledigt. Vertrauen Sie mir.â
Tu ich, dachte der Bürgermeister, schwieg aber.
Einer der Handwerker kam herüber. âWir sind fast fertig mit dem Podest, nur die Treppe müssen wir noch befestigen. Vielleicht sollten Sie einen letzten Kontrollgang machen.â
Hightower erhob sich, wischte sich Dreck von der Hose und blieb eine Zeit lang in stummer Betrachtung des Stephansdoms stehen, der in dieser grellen Beleuchtung sehr beeindruckend wirkte. Ah,
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