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Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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…“
    â€žâ€¦ dass ich so gut Deutsch spreche?“
    Der Bürgermeister nickte.
    â€žGanz einfach“, sagte Hightower und fuhr sich mit der Hand durchs Haar, aus dem daraufhin Sägespäne rieselten. „Ich hab in Deutschland studiert.“
    â€žAch ja, wo denn?“
    â€žZuerst in Heidelberg, zwei Semester, aber da war es mir zu langweilig. Bin dann nach Berlin, damals noch Westberlin, und hab dort brav mein Studium in Deutsch und Wirtschaftswissenschaften abgeschlossen.“ Sie musterte ihre malträtierten Hände und sagte dann: „Hört man eigentlich einen Akzent?“
    â€žGanz wenig. Sie sprechen besser Deutsch als die meisten meiner Kollegen.“
    Hightower lachte und sagte: „Wenn die Politiker hier nicht viel anders sind als bei uns in Amerika, heißt das nicht viel“, woraufhin der Bürgermeister in ihr Lachen einfiel und ganz selbstverständlich davon ausging, dass Anwesende ausgenommen waren.
    â€žUnd wie ging’s weiter?“
    â€žAch, das Übliche. Mein Vater wollte, dass ich in die Wirtschaft gehe, meine Mutter wollte, was mein Vater wollte, und die CIA wollte, dass ich für sie arbeite.“
    â€žSie verarschen mich, richtig?“
    â€žHe, wollen Sie mich beleidigen? Mitte der Siebzigerjahre war in Berlin eine Menge los, politisch gesehen. Jemanden, der gut Deutsch konnte und auch sonst nicht ganz blöd war, konnte die Agency immer brauchen.“
    Der Bürgermeister beugte sich vor, angespannt, fragte mit leiser Verschwörerstimme: „Und, haben Sie zugesagt?“
    Hightower lachte. „Sind Sie verrückt? Natürlich nicht.“
    â€žVerstehe“, sagte der Bürgermeister. „Unterschiedliche Weltsichten.“
    â€ž
Bullshit
. Ich habe mich damals schon an ein Prinzip gehalten, an das ich mich nach wie vor halte.“
    â€žNämlich?“
    â€žArbeite nie für inkompetente Leute. Oder Organisationen. Oder Nationen.“
    â€žHaben Sie deshalb Ihren Job als Präsidentenberaterin aufgegeben?“
    â€žHe“, sie lachte, „die Buschtrommeln arbeiten schnell in diesem Teil der Welt.“
    â€žUnd, trommeln sie richtig?“
    Hightower nickte. „Wissen Sie, ich war nicht nur Präsidentenberaterin, das war ich nur ganz am Schluss, kurz bevor ich mich vollständig aus dem Geschäft zurückgezogen habe. Vorher habe ich Wirtschaftsbosse beraten, Minister, solche Leute.“ Sie zählte ein paar Namen auf, von denen dem Bürgermeister einige vage bekannt vorkamen. Amerikanische Geschichte oder Politik war nicht unbedingt seine Stärke, sein Blick ging mehr nach Osten.
    â€žUnd die waren alle inkompetent?“, fragte er.
    â€žNein, nicht alle. Einige mehr, einige weniger. Das war nicht der Punkt. Der Punkt war, ich habe gemerkt, dass es mir eigentlich völligegal war, wofür oder wogegen diese Leute eintraten, denn herauskommen tat sowieso nie etwas.“
    â€žWarum nicht?“
    Schulterzucken. „Bürokratie, größtenteils. Bei den Wirtschaftsleuten ging es ja noch, aber diese Politiker,
my goodness
. Da brauchte ich manchmal einen Panzer, um das Bollwerk der Sekretärinnen, der sogenannten Freunde, Günstlinge, Lobbyisten und wer sich sonst noch so im Glanz der Macht sonnen wollte, zu durchdringen. Ich habe eingesehen, dass es hoffnungslos war, und mich zurückgezogen.“
    â€žUm was zu tun?“
    Breites Grinsen. „Schweine züchten, in Alabama.“
    â€žUnd das ist befriedigend?“
    â€žYep.“
    â€žUnd wieso haben Sie dann diese Geschichte, ich meine, diese Angelegenheit hier übernommen?“
    â€žWie gesagt, ich hasse hoffnungslose Fälle.“
    Der Bürgermeister wurde blass. „Dafür halten Sie ihn?“
    Lachend schüttelte Hightower den Kopf. Ein paar letzte Sägespäne lösten sich aus ihrem Haar. „Im Gegenteil“, sagte sie, „diese Angelegenheit, wie Sie das nennen, ist schon so gut wie erledigt. Vertrauen Sie mir.“
    Tu ich, dachte der Bürgermeister, schwieg aber.
    Einer der Handwerker kam herüber. „Wir sind fast fertig mit dem Podest, nur die Treppe müssen wir noch befestigen. Vielleicht sollten Sie einen letzten Kontrollgang machen.“
    Hightower erhob sich, wischte sich Dreck von der Hose und blieb eine Zeit lang in stummer Betrachtung des Stephansdoms stehen, der in dieser grellen Beleuchtung sehr beeindruckend wirkte. Ah,

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