Kolibri
das Berichterstatterpult, wie der Umweltstadtrat erklärte, wo er mit skeptischer Miene einen Haufen Papierlampions begutachtete.
Ohne sich umzudrehen, sagte er: âUnd, warâs wichtig?â
Der Umweltstadtrat wollte gerade zu einer Erklärung ansetzen, als das Handy des Bürgermeisters läutete. Er fluchte, warf den zusammengefalteten Papierlampion aufs Pult und hielt sich das Telefon ans Ohr. Er nickte knapp, dann fluchte er noch mehr und verstaute das Handy in seiner Hosentasche.
âWas ist los?â, fragte der Umweltstadtrat.
âUnten wartet ein Polizist, mit einer, wie es scheint, schlechten Nachricht.â Der Bürgermeister machte eine Pause und musterte Berger mit nachdenklichem Gesicht. âHaben Sie etwas damit zu tun?â
Berger nickte.
Der Bürgermeister seufzte und kratzte sich im Nacken. âDa macht man einmal Ãberstunden, um dafür zu sorgen, dass sich ein paar alte Leute wohlfühlen, und dann das.â Er wies den Umweltstadtrat an, den Polizisten reinzulassen. Berger folgte ihm. Während sie die Treppen hinuntergingen, erklärte der Umweltstadtrat, dass morgen eine Feier für Ehepaare, die silberne Hochzeit feierten, stattfinden würde und der Bürgermeister sich, wie immer, persönlich um die Dekoration kümmerte. Der Bürgermeister,so der Umweltstadtrat, liebe diese Tätigkeit, denn sie beruhige ihn.
âUnd was machen Sie hier?â, fragte Berger.
âIch helfe ihm beim Aussuchen der Lampionsâ, sagte der Umweltstadtrat mit einem schelmischen Grinsen. âEr ist ein guter Bürgermeister, aber sein Geschmack ist nicht gerade der beste.â
Sie lieÃen den Polizisten ein, der ihnen ohne ein Wort in den Sitzungssaal folgte und sofort sein Handy zückte, in das er die nächsten paar Minuten murmelte. Nachdem das Vorhandensein der Bombe bestätigt worden war und der Bürgermeister seinen Anruf getätigt hatte, starrten die vier Männer einander an. Alle wirkten sie angespannt, nervös, geschockt beinahe. Alle, bis auf Qualtinger. Der Verbindungsoffizier der Polizei lehnte sich gegen eine der Bänke und hatte ein leichtes Lächeln auf den Lippen. Fast schien es, als würde er die Situation genieÃen.
Fritz Drechsler rauchte mit nervösen Zügen eine Zigarette und betrachtete das hektische Treiben, das sich rings um ihn entfaltete, mit skeptischem Blick. Widmaier und er hatten sich ein wenig von den anderen zurückgezogen, so weit das eben ging auf einem Platz, der knapp so groà wie zwei FuÃballfelder war und auf dem sich rund zweihundert Leute drängten, die meisten von ihnen Polizisten, der Rest Journalisten, die sich Notizen machten und den Beamten mit dummen Fragen auf die Nerven gingen.
âDer könnte einem fast leid tun, was?â, fragte Widmaier und deutete mit seinem massigen Kinn hinüber zur Fabrik, die fast zur Gänze in das grelle, gleiÃende Licht von diversen Scheinwerfern getaucht war, deren Generatoren leise in der samtweichen Nacht brummten.
Drechsler kratzte sich am Bart und wedelte nach Nelken riechende Rauchschwaden von seinem Gesicht weg. âGlaubst du, dass er eine Chance hat?â
Widmaier stieà ein heiseres Lachen aus. âNicht die geringste, wenn du mich fragstâ, sagte er. âEntweder er sprengt sich selbst in die Luft oder die WEGA-Typen nageln seinen Arsch an die Wand.â
Drechsler nickte. Die Nachricht, dass der unbekannte Mann auf der Terrasse zugegeben hatte, im Besitz einer Bombe zu sein, hatte sich wie ein Lauffeuer unter den Beamten und Journalisten verbreitet. Seltsamerweise war ein GroÃteil der Anspannung, unter der Drechsler bis zu diesem Zeitpunkt, ohne es richtig zu merken, gelitten hatte, von ihm abgefallen. Natürlich war es schlimm, dass sich in einer Fabrik, in der ein Haufen Chemie gelagert wurde, eine Bombe befand, aber Drechsler war schlieÃlich beim Entschärfungsdienst und Bomben waren sein Geschäft. Bomben flöÃten ihm Respekt ein, aber keine Angst. Mit Bomben kannte er sich aus. Was, oder genauer gesagt, wer ihn mehr beunruhigte, war Maria. Sie hatte irgendetwas vor, und Drechsler war sich sicher, dass dieses Etwas ihm nicht gefallen würde.
âDa kommen die Cowboysâ, sagte Widmaier und deutete mit seiner riesigen Hand nach links, wo eben ein Truppentransporter der Polizei zum Stehen kam, aus dem eine Hand voll WEGA-Beamte sprang, an deren Spitze sich ein zirka
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