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Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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offen?“
    â€žKeine Ahnung, aber warum ein Risiko eingehen?“
    â€žIch dachte immer, der Bürgermeister sei für alles zuständig“, sagte Maria, mehr zu sich selbst.
    â€žDas denken die meisten“, sagte Widmaier und lachte. „In manchen Städten ist das auch so, in Bremen und in Hamburg, glaube ich, auch. Und natürlich in New York. Aber in Wien gibt es in so einem Fall eine strikte Trennung zwischen Polizeistab und Gemeindestab. Wenn die Bullen nett sind, schicken sie einen Verbindungsoffizier ins Büro des Bürgermeisters, einen Feschak in tadellos gebügelter Uniform, der im Notfall auch vor einer Kamera eine gute Figur macht, wo er dann allen erzählen darf, wie reibungslos die Zusammenarbeit zwischen Polizei- und Gemeindestab funktioniert.“
    â€žUnd dieser Gemeindestab hat wohl eben seinen Arsch vom Sessel hochgebracht“, sagte Drechsler und deutete nach vor zur Straße, wo drei schwere Löschzüge und ein halbes Dutzend Rettungsautos mit ihren rotierenden Lichtern die Nacht erhellten.
    â€žHe, danke für die Info“, sagte Maria, klopfte Widmaier auf die Schulter und drückte Drechsler einen Kuss auf die Wange. „Ich muss zurück zu meinen Leuten.“
    Drechsler sah ihr nach, wie sie sich elegant einen Weg zwischen den uniformierten Beamten durch bahnte und schließlich bei ihrem Kameramann landete, mit dem sie sofort ein intensives Gespräch begann.
    â€žWarum hast du ihr die Kette nicht gegeben?“, fragte Widmaier.
    â€žSie hat irgendwas vor“, sagte Drechsler geistesabwesend und umklammerte die Holzblüten in seiner Tasche so fest, dass ihm der Schmerz bis ins Gehirn schoss.
    Maria tippte Bayer auf die Schulter, der zusammenzuckte und sich dann umdrehte. „Eine Frage“, sagte sie und deutete mit dem Kugelschreiberauf die Kamera, die auf die gegenüberliegende Fabrik gerichtet war.
    â€žWas denn?“
    â€žHast du auch was Kleineres mit als dieses Monster da?“
    â€žDu sprichst von der Kamera, nehme ich an.“
    Maria nickte und wischte sich Schweiß von der Stirn.
    Bayer tippte mit der Schuhspitze leicht gegen die große Tasche, die neben dem Stativ lag. „Ich hab auch eine Digitalkamera dabei, die ist nicht größer als ein Buch.“
    Nachdenklich biss sich Maria auf die Unterlippe und kniff die Augen wegen des grellen Lichts der Schweinwerfer zu. Ja oder nein? Noch kannst du einen Rückzieher machen, dachte sie, auf Nummer Sicher gehen, das Spiel nach den Regeln spielen. Nur, erstens würde sie dann nie an die tolle Exklusivstory kommen, die sie unbedingt brauchte, um dem Showbiz zu entfliehen, und zweitens konnte sie sich einfach nicht vorstellen, warum, zur Hölle, Karl sich mit einer Bombe in dieser Fabrik verschanzte. Sie wollte wissen, was da los war, aus erster Hand, jetzt. „Kannst du mir beibringen, wie man das Ding bedient?“, fragte sie schließlich.
    â€žKlar“, sagte Bayer und grinste. „Komm einfach mal nach Redaktionsschluss …“
    â€žNein“, sagte Maria ungeduldig und trat einen Schritt näher, „ich meine jetzt.“
    Bayer musterte sie verständnislos. „Warum …?“
    Maria seufzte und stieß theatralisch Luft aus. „Weil ich da rein will, ganz einfach“, sagte sie und deutete mit dem Kinn auf die andere Straßenseite, wo die Fabrik im grellen Licht beinahe obszön glänzte.
    â€žSpinnst du?“, sagte Bayer. „Die Bullen lassen dich da niemals rein. Herrgott, der Typ hat eine Bombe. Schon hier drüben ist es gefährlich, und da willst du …“
    Maria schnitt ihm mit einem Handkantenschlag, der die heiße Luft zerteilte und Bruce Lee stolz gemacht hätte, das Wort ab. „Wie du vorher richtig gesagt hast, du bist hier nur der Kameramann.Zeig mir einfach, wie dieses Digitaldings funktioniert, und den Rest überlass mir, okay?“
    Bayer starrte sie unschlüssig an, dann atmete er geräuschvoll aus und begann in der Tasche zu seinen Füßen herumzukramen.

SECHZEHN
    Patrick Berger hockte mit hängendem Kopf in einer der hinteren Bankreihen und starrte seine auf Hochglanz polierten Schuhe an. Sein aufgeknöpftes Hemd war unter den Achseln und am Rücken feucht und klebte unangenehm auf der Haut, in seinem Kopf pochte es und sein Magen krampfte sich in unregelmäßigen Abständen schmerzhaft zusammen. Während er mit den Fingern über

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