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Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Titel: Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles C. Mann
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die ältesten, schwächsten Sklaven konnten schöne Kleider tragen, an einer Prozession teilnehmen und Loblieder auf ihre Besitzer singen. Oder sie waren einfach interessant für ihre Herren. Mehrere Jahre lang hatte der König von Dahomey einen vollkommen nutzlosen Palastsklaven, der zur Begleichung einer Schuld ergriffen worden war: einen unglücklichen Briten namens Bulfinch Lamb, mit dem der Monarch sich aber gerne unterhielt. Hinzu kam, dass Sklaven in Afrika nach einer gewissen Dienstzeit eher freigelassen wurden als in Amerika, zum einen, weil Unfreie häufig Verwandtschaftsbeziehungen zu ihren Besitzern hatten, und zum anderen, weil sie dem Monarchen auch als Untertanen noch nützlich sein konnten, während freigelassene Sklaven, wenn sie noch arbeiten konnten, für Plantagenbesitzer Totalausfälle waren. Diese beiden Faktoren milderten die Grausamkeit der Institution und trugen bis zu einem gewissen Grad Adam Smiths Einwänden gegen die Sklaverei Rechnung. Trotzdem darf man wohl davon ausgehen, dass Afrikaner, die bei militärischen Überfällen verschleppt wurden, die Menschlichkeit des Systems nicht gerade priesen. [650]
    Als die Europäer eintrafen, machten sie sich den existierenden Sklavenhandel ohne Probleme zunutze. Afrikanische Staaten und Kaufleute, die bereits Menschenhandel betrieben, konnten ihr Volumen steigern, um der ausländischen Nachfrage zu genügen. Manchmal erhöhten Machthaber das Strafmaß für bestimmte Vergehen, um mehr Sklaven zu bekommen. Gesetzesbrecher, Steuerhinterzieher, aus politischen Gründen Verbannte, unerwünschte Einwanderer – alle wurden sie vereinnahmt. Gewöhnlich wurden jedoch Heere ausgeschickt, um andere Länder zu überfallen. Oder Soldaten entführten eine wichtige Persönlichkeit in einem Nachbarstaat und verlangten als Lösegeld Sklaven. Als die Nachfrage weiter stieg, kam es vor, dass private Sklavenhändler ohne Genehmigung der Obrigkeit Gefangene machten, womit sie sich den Unwillen ihrer Regenten zuzogen. [651] Wenn es keine andere Möglichkeit gab, kauften Afrikaner auch Sklaven von Europäern. Nach einer Schätzung des Yale-Historikers Robert Harms haben die Europäer im 17 . Jahrhundert 40 000 bis 80 000  Sklaven an Afrikaner im heutigen Ghana verkauft.
    Für die Steigerung des Handels war die afrikanische Nachfrage genauso wichtig wie die europäische. Als das Steinschlossgewehr Ende des 17 . Jahrhunderts die unzuverlässige Luntenmuskete ersetzte, waren die Afrikaner nicht weniger begierig, die neuen Waffen zu erwerben, als die Indianer in Georgia und Carolina. Im April 1732 erschienen Händler des rasch expandierenden Ashanti-Reiches in der niederländischen Festung Elmina auf dem Gebiet des heutigen Ghana. Sie führten eine Gruppe von Gefangenen mit sich, die sie gegen Gewehre eintauschen wollten. Geängstigt von dem drohenden Ton der Verhandlung habe Elminas Generalgouverneur, so Harms, «ein verzweifeltes Rundschreiben an die anderen Festungen geschickt und befohlen, alle Steinschlossgewehre sofort nach Elmina zu schicken». Durch den strategisch geschickten Tausch von Sklaven gegen Gewehre und Schießpulver waren die Ashanti zur Hegemonialmacht der Region aufgestiegen. Die Flut von Sklaven, mit denen sie ihre Aufrüstung finanzierten, seien, so Harms weiter, «ein wesentlicher Grund für die Ausweitung der niederländischen Sklavenexporte in den 1720 er Jahren» gewesen. [652]
    Afrikanische Kaufleute kauften Sklaven von afrikanischen Armeen, Plünderern und Seeräubern und bezahlten Afrikaner dafür, sie in Zwischenlager zu bringen, die von Afrikanern betrieben wurden. Sobald der Vertrag geschlossen war, brachten Afrikaner die Sklaven an Bord der Schiffe, deren Besatzungen häufig zu großen Teilen aus Afrikanern bestanden. Andere Afrikaner versorgten die Sklavenschiffe mit Lebensmitteln, Seilen, Wasser und Holz für die Reise. [653] Natürlich spielten auch die Europäer eine wichtige Rolle: Sie waren die Kunden, die Nachfrageseite der fundamentalen ökonomischen Gleichung. Einige ließen sich sogar an der afrikanischen Küste nieder und heirateten Afrikanerinnen; häufig wurden ihre Kinder Unterhändler und Mittelsmänner im afrikanischen Sklavenhandel. Dabei sorgten Krankheiten und wachsame afrikanische Soldaten gemeinsam dafür, dass sich diese Leute auf Außenposten am Rande des Kontinents beschränkten. [44]   [654]
    Auf winzige Außenposten in den meisten Fällen. Die Niederländische Westindien-Kompanie besaß lange Zeit ein

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