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Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Titel: Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles C. Mann
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Casement angehörte, ein irischstämmiger britischer Diplomat und einer der ersten Menschenrechtsaktivisten – er hatte öffentlich die Gräueltaten angeprangert, die im Kongo von den Bevollmächtigten des belgischen Königs Leopold  II . begangen worden waren. Casement bereiste das Gebiet des Rio Putumayo und bestätigte Hardenburgs Vorwürfe, indem er eingehende Geständnisse von Mördern und Folterern einholte. In einem verfehlten Anfall von Patriotismus verteidigte Peru seinen Bürger gegen die ausländische Einmischung. Trotzdem zerfiel Aranas Reich. 1952 starb er völlig mittellos. [35]   [524]
    Arana war keineswegs der Einzige, der versuchte, in diesem Gebiet mit seinen umstrittenen Grenzen ein Kautschukreich zu errichten. Politikern und Wirtschaftsführern in Europa und den USA passte es überhaupt nicht, dass ein Stoff von so lebenswichtiger Bedeutung für ihre Volkswirtschaften vollständig von Ausländern kontrolliert wurde. Die Folge war das, was Hecht als den «Wettlauf um das Amazonasgebiet» bezeichnet. Mit dem Argument, die Südgrenze ihrer Kolonie Französisch-Guayana reiche in das Kautschukland hinein, entsandte Frankreich Truppen in die Wälder. Brasilien verfuhr ebenso. Es entstand eine Pattsituation. König Leopold  II . erbot sich, den Streit zu schlichten, indem er selbst die Kontrolle über den Kautschuk übernehme, ein Angebot, das keiner der beiden Seiten zusagte. Frankreich, unfähig, seine Streitkräfte im Regenwald mit Nachschub zu versorgen, gab seine Ansprüche 1900 auf. Großbritannien hatte mehr Erfolg mit der Behauptung, seine Kolonie rage in das Kautschukgebiet hinein. Statt auf Waffengewalt zu setzen, schickte es die Royal Geographic Society ins Gefecht, die eine wissenschaftlich anmutende Landvermessung zustande brachte – Beweis genug, um den italienischen Außenminister zu überzeugen, den die beteiligten Parteien als Schlichter auserkoren hatten. So bekam Britisch-Guayana etwas Kautschukgebiet zugesprochen.

    Julio César Arana kontrollierte sein privates Kautschukreich mit Aufsehern, die er aus Barbados geholt hatte. Unvertraut mit der indigenen Bevölkerung und hoffnungslos abhängig von Arana, setzten sie jede seiner Regeln mit äußerster Brutalität durch. Arbeiter, die die Quoten nicht erfüllten, erhielten «Aranas Brandzeichen»: Sie wurden ausgepeitscht, bis sich die Haut ablöste.
    Aus Brasiliens Sicht ging die größte Gefahr für seine Vorherrschaft im Kautschukhandel von den Vereinigten Staaten aus. Das US -amerikanische Interesse an Amazonien ging zurück auf Matthew Fontaine Maury ( 1806 – 1873 ), den Begründer des U.S. Naval Observatory und der modernen Ozeanographie. Als überzeugter Anhänger der Sklaverei wurde Maury in den 1850 er Jahren von der Furcht gepackt, der Süden könne seinen politischen Einfluss verlieren, weil er nicht groß genug sei, um dem Norden zu widerstehen. In einer weit verbreiteten Kampfschrift schlug er eine Lösung vor: Die Vereinigten Staaten sollten das Amazonasbecken annektieren. Das Mündungswasser des Stroms werde, so Maury, von den Meeresströmungen in die Karibik befördert, wo es sich mit dem ausströmenden Mündungswasser des Mississippi vermische – Beweis genug, dass der Amazonas, ozeanographisch betrachtet, zu Nordamerika und nicht zu Südamerika gehöre. Aus diesem Grund sei das Amazonastal ein natürliches «Sicherheitsventil für unsere Südstaaten». Er schickte zwei Kartografen nach Amazonien, damit sie das Gebiet in Vorbereitung jenes Tages vermaßen, an dem die US -amerikanischen Sklavenhalter «mit Hab und Gut aufbrechen und das Tal revolutionieren, republikanisieren und angelsachsonieren» würden. Die Plantagenbesitzer aus den Südstaaten sollten sich dort ansiedeln, empfahl Maury, und das Flussbecken in den größten US -amerikanischen Sklavenstaat verwandeln. Wenige Pflanzer schenkten dem Plan Aufmerksamkeit, bis der Süden den Bürgerkrieg verlor. In der Hoffnung, im Regenwald wieder eine Sklavengesellschaft errichten zu können, flohen Zehntausende Konföderierte an den Amazonas. Bis auf wenige Hundert flohen alle rasch wieder zurück. Die zurückgebliebenen Unbelehrbaren bildeten eine Art Mikrosatelliten der Konföderation in Gestalt der Stadt Santarém am Unterlauf des Amazonas. [525]
    Mit Maury gab Washington den Gedanken einer direkten Annexion Amazoniens auf. Aber es war gewillt, das Kautschukland durch einen Stellvertreter kontrollieren zu lassen: Bolivien. Bolivien und Brasilien stritten

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