Komm schon
Mann ist. Das machen wir schon seit Jahren so«, erklärte sie stolz.
Er lehnte sich zurück und nickte anerkennend.
»Klingt nach einem ausgeklügelten System, selbst für einen Politiker wie mich, der sich in diesem Bereich weniger auskennt. Demnach haben Sie auch des Öfteren mit Spencer Atkins zu tun?«
Hatte Rileys Stiefvater es etwa das ganze Gespräch lang nur darauf abgesehen, dieses unangenehme Thema möglichst unauffällig anzuschneiden? Es erweckte fast den Anschein. Sophie war ihm jedenfalls auf den Leim gegangen.
Sie senkte den Blick, um Zeit zu schinden.
»Ich weiß, dass Riley Sie eingeweiht hat«, sagte Nash und tätschelte ihr beruhigend die Hand. »Wenn Ihnen mein Sohn vertraut, dann tue ich das auch. Ich bin sicher, Ihnen ist klar, wie delikat die Situation ist. Mississippi gehört nicht ohne Grund zum Bibelgürtel.«
Spätestens jetzt fühlte sich Sophie so richtig unwohl. »Senator Nash...«
»Bitte nennen Sie mich Harlan.«
War dieser Mann wirklich so aufrichtig und anständig, wie Riley es behauptete, oder war er einfach nur ein verdammt gewiefter, mit allen Wassern gewaschener Politiker? Sophie hoffte auf Ersteres und beschloss, ihm einen Vertrauensvorschuss zu gewähren. »Harlan, ich betrachte Spencer als Teil meiner Familie, seit ich denken kann.«
»Dann wussten Sie also...« Er lockerte seine Krawatte und räusperte sich.
»Von seinen sexuellen Neigungen?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, wir hatten alle keine Ahnung. Jeder Mensch hat schließlich ein Anrecht auf Privatsphäre«, fügte sie hinzu, als müsste sie sich dafür rechtfertigen.
»Niemand stimmt Ihnen in dieser Hinsicht mehr zu als ich. Es ist wirklich eine Schande, dass jemand die Sache an die Öffentlichkeit gebracht hat. Wer immer es war, hat vermutlich eine ganze Menge Geld abgesahnt.«
Sophie verzog das Gesicht. »Ganz recht. So läuft das eben heutzutage, so widerlich ich das auch finde.«
»Geht mir genauso. Mein größtes Anliegen ist es, die ganze Sache möglichst geheim zu halten.«
Sie zupfte an der Serviette auf ihrem Schoß. Dann hob sie den Kopf und beschloss, sich sozusagen direkt in die Höhle des Löwen zu begeben. »Ich verstehe ja, dass Homosexualität ein brisantes Thema ist, aber warum sollten es Ihnen Ihre Wähler ankreiden, wenn man Sie mit Spencer in Verbindung bringt? Sie sind doch nicht einmal Blutsverwandte.« Sie fand es schrecklich, dass ein paar bigotte Wichtigtuer einen derartigen Einfluss auf das Leben so vieler unschuldiger Menschen haben konnten.
Der Senator erhob sich und begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. »Ich habe seine Frau geheiratet, als sie von ihm schwanger war. Ich habe seinen Sohn großgezogen. Folglich werden die Leute denken, dass ich seine Lebensweise billige.«
»Das ist doch lächerlich. Nur, weil Sie sich nobel verhalten haben, bedeutet das doch nicht, dass Sie irgendetwas billigen - oder überhaupt Bescheid wussten.« Sie stutzte, als ihr Rileys Verdacht in den Sinn kam. »Oder war es Ihnen etwa all die Jahre bekannt?«, fragte sie leise.
Er schüttelte den Kopf. »Genauso wenig wie Anne. Sie wusste nur, dass Spencer nicht mehr verheiratet sein wollte. Als wir uns bald darauf kennenlernten, habe ich mich Hals über Kopf in sie verliebt. Und sie war klug genug, darauf zu vertrauen, dass wir eine dauerhafte Bindung eingehen konnten - sie, ich und ihr ungeborener Sohn.«
Sophie atmete erleichtert auf. Sie wusste, dass Riley befürchtet hatte, seine Eltern hätten ihn jahrelang angelogen. Spencer musste sich schrecklich allein gefühlt haben. Das stimmte sie zwar traurig, aber andererseits war sie sehr erleichtert darüber, dass Anne und Harlan Riley nicht bewusst die Wahrheit vorenthalten hatten.
»Nichtsdestotrotz gibt es in Mississippi seit 1997 ein Gesetz, das die Ehe zwischen Homosexuellen verbietet, und im Jahre 2004 haben sechsundachtzig Prozent der Wähler einem Antrag zugestimmt, laut dem die Ehe nur zwischen Mann und Frau möglich ist«, fuhr er ernst fort. »Meiner Ansicht nach gibt es in dieser Hinsicht also nicht viel Spielraum für Familienbande, die zudem meine künftigen Entscheidungen womöglich unglaubwürdig erscheinen lassen könnten.« Er schüttelte den Kopf. »So ist das nun einmal. Meine persönliche Einstellung tut nichts zur Sache.«
Sophie hatte nicht vorgehabt, den Senator nach seiner Haltung zur Ehe zwischen Homosexuellen zu befragen - wer weiß, ob er ihr ehrlich geantwortet hätte. Sie würde ihn auch nicht daran erinnern,
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