Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition)
stehen Bücher und Topfpflanzen, an den Wänden hängen Fotos und Poster. Durch die hohen, breiten Fenster scheint die Sonne herein.
»Wie gemütlich, Beth. Sie haben ein richtiges Heim draus gemacht!«
»Finden Sie wirklich? Es ist schön, Sie zu sehen. Ich wusste gar nicht, dass Sie auch Hausbesuche machen.«
»Beth, das ist kein offizieller Besuch. Ich werde verreisen. Ich wollte mich von Ihnen verabschieden.«
»Sie verlassen die Klinik?«
»Nicht für immer. Wenigstens hoffe ich das. Ich weiß ja, dass ich nicht mehr Ihre Therapeutin bin, aber ich habe Sie verpasst, als Sie letzte Woche in der Tagesklinik waren. Ich wollte Ihnen sagen, dass Leslie Ihre Betreuung übernimmt. Ich weiß, dass Sie gut zurechtkommen, ich wollte Ihnen bloß erklären, was passiert ist. Wenn Sie nichts dagegen haben.«
»Was sollte ich dagegen haben? Ich habe Sie vermisst. Während all der Wochen hatte ich oft das Gefühl, keinem Menschen außer Ihnen vertrauen zu können. Mir war natürlich klar, dass ich Sie nicht als eine Freundin betrachten darf. Sie sind Ärztin und …«
»Beth, es wäre mir eine Ehre, Ihre Freundin zu sein. Ich glaube, es ist gegen die Vorschriften, einfach hier aufzutauchen, aber ich fahre am Freitag und … nun ja, da bin ich.«
»Was kümmern mich die Vorschriften? Für einen Tee haben Sie Zeit, oder? Oder lieber Kaffee? Ich habe eine Kaffeemaschine gekauft, viel zu teuer eigentlich, aber ich fand, ich hatte es verdient. Ich habe auch Kekse da – Schokoladenbrownies, die habe ich nur für mich gebacken. Ich liebe Brownies.«
Steph, wann hast du zum letzten Mal was Süßes gegessen, wann hast du dich zum letzten Mal richtig amüsiert?
»Einen Kaffee hätte ich gern. Und einen Brownie.«
»Cool. Ich kann gar nicht glauben, dass Sie hier sind. Wissen Sie, mir sind so viele schöne Sachen passiert, und Sie sind immer die Erste, die es erfährt. Ich meine, ich erzähle es Ihnen in Gedanken. Mag sein, dass das ein bisschen verrückt ist, aber so mache ich es eben. Ich habe versucht, mir alles zu merken, bis wir uns wiedersehen. Ich bin so froh, dass Sie gekommen sind. Es hätte mich schwer enttäuscht, wenn ich Sie in der Klinik nicht mehr angetroffen hätte.«
Sie schüttet Bohnen in die Kaffeemühle, kocht Kaffee. Sie erwärmt die Milch, schäumt sie auf, gießt Kaffee in zwei rote Becher, legt Brownies auf einen hellgelben Teller mit kleinen roten Streublumen. Sie stellt Stephanie einen Becher hin, bietet ihr die Brownies an. »Der Teller hat meiner Mum gehört. Hübsch, nicht wahr? Ich habe ihn mir von Dad schicken lassen. Jetzt, wo ich mich wegen Mum nicht mehr schlecht fühle, bin ich gern von ihren Sachen umgeben.«
»Ist das eine der schönen Sachen, die passiert sind?«
»Nur eine von mehreren.«
»Was noch? Schießen Sie los, Beth, erzählen Sie mir alles.«
Sie beugt sich lächelnd vor. Sie sitzt Stephanie gegenüber, die Sonnenstrahlen fallen auf ihr Gesicht, tauchen es in helles Licht. »Die Wohnung. Ich bin hier glücklich.«
»Dann finden Sie es gut, allein zu leben?«
»Ja! Und jetzt kommt das Beste. Ich habe an der Kunsthochschule den Anfängerkurs Keramik belegt. Ich habe gerade angefangen. Es war so: Ich habe Sally davon erzählt, und sie hat einfach die Kunsthochschule angerufen, um einen Vorstellungstermin zu vereinbaren. Ich war zu Tode erschreckt. Zuerst wollte ich gar nicht hin, aber dann kam es mir vor wie eine Mutprobe, die ich unbedingt bestehen wollte. Jedenfalls war der Dekan wirklich nett zu mir, er hat mich ernst genommen. Er hat gesagt, er wäre hocherfreut, wenn ich mich einschreiben würde. Hocherfreut. Scheiße, so was hat noch niemand zu mir gesagt!«
»Das ist ja phantastisch. Was machen Sie dort?«
»Ich töpfere riesige Übertöpfe. Ziemlich klobige Dinger, ich probiere gerade verschiedene Formen aus.«
Stephanie beobachtet Beths Gesicht. Das Leuchten in ihren Augen, die gestikulierenden Hände, die in der Luft den Ton nachformen. Sie erzählt von Materialien und Glasuren, von Dozenten und Mitstudenten.
»Am Anfang hatte ich vor allen Angst. Die anderen sehen wirklich clever aus, ein paar auch ein bisschen seltsam. Sie wissen schon – Tattoos, Dreadlocks, witzige Flohmarktklamotten. Aber wenn man sich mit ihnen unterhält, sind sie wirklich nett und sehr offen.«
Beths Stimme wird leiser. Sie wirft Stephanie einen besorgten Blick zu. »Jetzt habe ich nur von mir erzählt. Ich habe mich wohl daran gewöhnt, Ihnen alles zu erzählen. Aber jetzt ist
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