Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition)
Holzwand des Schuppens. Stephanie steht auf und tastet nach einem Lichtschalter. Als sie ihn endlich gefunden hat, ist sie von dem orangegelben Licht, das den Raum durchflutet, wie geblendet.
Sie stellt sich ans Fenster. In der Finsternis kann sie das Haupthaus nicht sehen. Dichtes Gestrüpp versperrt ihr die Sicht, außerdem brennt nirgendwo Licht. Sie hört den Regen aufs Dach prasseln, und dann hört sie plötzlich einen dumpfen Schlag und spürt einen eisigen Luftzug. Die Tür schwingt auf, und Stephanie zuckt zusammen. Sie hat vergessen abzuschließen. Sie ist hier ganz allein. Da draußen könnte sonst wer unterwegs sein. Sie hat sich hingelegt, ohne die Tür abzuschließen. Sie versucht, nach der Klinke zu greifen, aber der Wind reißt ihr die Tür aus der Hand.
Stephanie tritt aus dem Schuppen und tastet nach der Klinke. Der peitschende Regen fühlt sich an wie Nadelstiche. Stephanie ist tropfnass und müht sich immer noch mit der Tür ab, als sie plötzlich im hellen Scheinwerferlicht eines großen Autos steht. Es donnert vorbei und kommt mit quietschenden Bremsen auf dem Parkplatz zum Stehen. Stephanie steht wie gelähmt da, als die Türen sich öffnen und drei Männer aus dem Auto steigen. Einer von ihnen, der Fahrer, öffnet den Kofferraum und reicht den Mitfahrern ihre Koffer. Er wendet ihr den Blick zu, sein Gesicht liegt zur Hälfte im Dunkeln, und hebt die Hand zum Gruß. Stephanie zieht sich in den Schuppen zurück.
Ihr ist eiskalt. Die Jeans und das T-Shirt, das sie den Tag über getragen hat, sind klatschnass. Stephanie verriegelt die Tür und die Fenster, schließt die Vorhänge. Sie wirft einen Blick auf den Radiowecker am Bett. Es ist halb zwölf. Noch gar nicht so spät, aber sie fühlt sich, als hätte sie eine ganze Nacht durchgeschlafen. Sie dreht die Dusche auf. Die Rohre klopfen, und das Wasser kommt in einem kleinen Rinnsal aus dem Duschkopf getropft, bevor es zu einem kräftigen, heißen Strahl anschwillt. Sie stellt sich darunter, bis sie sich aufgewärmt hat, dann zieht sie ein sauberes T-Shirt an und schlüpft unter die Decke.
28.
Kaikoura, 2001
T ed«, ruft sie in die Dunkelheit hinaus, »Ted?«
Wenn es dunkel geworden ist, wenn Rosie nicht mehr weint und endlich eingeschlafen ist, läuft sie in die Nacht hinaus; sie fühlt sich leicht und mutig. Sie ist barfuß. Sie trägt nichts als ein Nachthemd. Durch den Garten und zum Tor hinaus. Hinaus.
»Ted«, ruft sie, »Ted!«
Er antwortet nicht, und sie dreht sich im Kreis, um im Dunkeln seine Gestalt auszumachen. Sie tänzelt auf der Stelle, wendet den Kopf und späht in die Finsternis, bis er wie immer in ihrem Rücken auftaucht, von hinten ihre Brüste packt und seine rauhen Lippen in ihren Nacken drückt. Sie wirbelt herum, zieht seinen Kopf herunter und presst ihre Lippen an seinen Mund. Er tastet nach ihrem Nachthemd, zieht es ihr über den Kopf. Sie spürt sein kratziges Baumwollhemd an ihrer Haut. Er beißt ihr in die Schulter, bevor er sie anhebt und an einen Baum drückt. Die harte Rinde scheuert gegen ihren Rücken, sie umschlingt ihn mit den Beinen, während er losrammelt. Sie lacht.
Du bist der Beste.
Sie lässt ihr Nachthemd im Garten liegen und rennt ins Haus zurück.
Er ist auf Tour mit ein paar Amis. Er wird mindestens bis morgen unterwegs sein, vielleicht sogar noch länger, manchmal bleibt er fast eine ganze Woche weg. Rosie schläft. Zum Glück hat sie einen tiefen Schlaf.
Kalt ist es heute. Bald kommt der Winter. In einem Monat oder so wird sie sich da draußen den Arsch abfrieren. Sie zittert. Sie kippt ein Gläschen von seinem Whisky, dann noch eins, bevor sie ins Bett kriecht. Sie wickelt sich in die Decke. Sie kann Ted riechen, spürt, wo seine Zähne und Fingernägel sich in ihre Haut gebohrt haben.
Sie fährt mit einem Schreck aus dem Schlaf auf, geblendet von dem Licht vor dem Fenster. Der Pick-up steht direkt vor dem Schlafzimmer, sie setzt sich auf und versteht nicht, als er mit Rosie im Arm durch die Glastür kommt. Rosie schreit, sie schreit aus voller Kraft der Mann, der Mann, Daddy, der Mann.
Was zum … was zum Teufel ist hier los?
Sie steigt aus dem Bett, und dann erst fällt es ihr ein. Sie ist nackt, und sie stinkt. Er starrt sie ungläubig an, so als traue er seinen Augen nicht. Er mustert sie von oben bis unten, beinahe neugierig. Er hält Rosie fest im Arm und wiegt sie pssst, Daddy ist hier, du hast nur schlecht geträumt und durchquert leichtfüßig das Zimmer, das Kind im Arm.
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