Komm stirb mit mir: Thriller (German Edition)
und geschmust, mehr nicht.«
»Das habe ich schon öfter gehört.«
»Ich weiß, was Sie denken, aber Sie verstehen das falsch. Alle haben das falsch verstanden. Sie heißt Sarah, und ich habe sie geliebt. Ich habe sie wirklich geliebt, und ich wollte sie heiraten, sobald sie alt genug wäre. Sie war fünfzehn, aber vom Verstand schon wie fünfundzwanzig. Ein wunderschönes Mädchen mit einem klugen Kopf. Sie war sehr viel klüger als ich, das kann ich Ihnen sagen.«
Asher nahm einen tiefen Zug und blies Ringe in die Luft, die zur Neonröhre über dem Tisch aufstiegen. »Um es kurz zu machen, ihre Eltern sind dahintergekommen, haben mit der Rektorin geredet, und ich wurde gefeuert. Ist doch nicht gerecht, oder?«
»Was, dass Sie gefeuert wurden?«
»Nein, das ist nicht so wichtig. Aber es ist doch ungerecht, dass man sich nun mal nicht aussuchen kann, in wen man sich verliebt.«
Tartaglia sah den Schmerz in Ashers Augen und nickte. Wie Recht er doch hatte. Die Sehnsucht nach Liebe hatte nichts Vernünftiges oder Rationales an sich, und so sehr man es auch versuchte, sie war nicht zu beherrschen: die Heftigkeit, die Höhen, die schrecklichen Tiefen. Er dachte an all die dummen Patzer und Fehleinschätzungen seines Lebens zurück, an die vergeudete Zeit und Energie, die lodernde Hoffnung, gefolgt von der Ernüchterung und der Erkenntnis, dass er einer Illusion nachgejagt war. Danach das kalte Licht des Tages, hart und unerbittlich. Aber völlige Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit hatte er noch nie erlebt. Hatte nie jedes Gefühl für sich selbst verloren, oder das Urvertrauen ins Leben und in die Zukunft. Womöglich hatte er sich nie erlaubt, bis an diesen Abgrund zu gehen, hatte vielleicht nie alles auf eine Karte gesetzt. Manche Menschen waren da einfach extremer als andere. Aber auch wenn er anders war als Sean Asher, konnte er mit ihm und seinem Schmerz mitfühlen.
»Ihretwegen wollten Sie sich umbringen?«, fragte Tartaglia.
Asher nickte und kaute nervös an einem Hautfetzen am Fingernagel. Der Finger blutete, aber er schien es kaum zu merken. »Ihre Eltern haben sie von der Schule genommen und über den Sommer ins Ausland geschickt. Sie ist schnell drüber hinweggekommen, aber ich nicht. Immer noch nicht«, fügte er nach einer Weile hinzu.
»Wir werden das überprüfen müssen, das wissen Sie hoffentlich.«
Asher zuckte mit den Schultern. »Meinetwegen. Ich hab nichts mehr zu verbergen. Ich dachte, sie liebt mich immer noch, verstehen Sie, und dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis wir wieder zusammen sein können. Aber dann …«
»Dann?«
Asher seufzte. »Dann hat sie mir einen Brief geschrieben.
›Lieber Sean‹, das war die Einleitung, da wusste ich schon, was kommt. Es war schrecklich, als würde da ein anderer Mensch sprechen, eine Fremde. Vielleicht hat ihre Mutter sie gezwungen, das so zu schreiben, aber sie hat unterschrieben. Und es war ihre Handschrift. Das hat mir den Rest gegeben, echt. Als Kelly einen Beweis verlangt hat, warum ich mich umbringen wollte, weil sie sehen wollte, ob ich es ernst meine, hab ich ihr den Brief geschickt. Da hat sie mich verstanden.«
»Wir haben in ihrer Wohnung keinen Brief gefunden.«
»Sie hat ihn mir zurückgeschickt. Ich habe ihn immer noch, kann ich Ihnen zeigen, wenn Sie wollen.«
»Bitte. Warum haben Sie das nicht gleich erzählt?«
»Sie haben mir doch alle nicht zugehört. Alle waren doch nur damit beschäftigt, mir ein Geständnis rauszuleiern für etwas, das ich nicht getan habe. Und ich dachte, Sie würden die Sache mit Sarah nicht verstehen, würden mich verurteilen, mich als Kinderschänder beschimpfen und mich einbuchten. Außerdem ist das privat. Das geht keinen was an.«
Asher lag wahrscheinlich richtig mit seiner Einschätzung, vermutlich hätten sie genau so reagiert. Tartaglia konnte nicht umhin, seine Gründe zu respektieren und war erleichtert, dass er endlich die Wahrheit sagte. »Zurück zu Kelly Goodhart. Sie haben sie also überzeugen können, dass es Ihnen ernst war.«
Asher nickte.
»Fällt Ihnen noch etwas ein, was sie über diesen anderen Mann erzählt hat?«
»Ich weiß, dass sie sich nie mit ihm getroffen hat. Sie meinte, sie hat gedacht, dass sie ihm vertrauen kann, aber er habe sie eines Besseren belehrt.«
»So hat sie das gesagt?«
»Vielleicht nicht wortwörtlich, aber so in der Art. Wir haben uns getroffen, sie wollte mich sehen, von Angesicht zu Angesicht. Das war die letzte Hürde, die sie mir gestellt
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