Komm stirb mit mir: Thriller (German Edition)
Ahnung.«
Sie war erschrocken über die Wucht der Emotionen in seinen dunklen Augen. So hatte sie ihn noch nie gesehen, und sie wusste nicht genau, warum ihm die Sache so naheging. Tartaglia lag mit seinen Instinkten meistens richtig, aber der Polizist, der aus dem Bauch heraus seine Fälle löst, war ein Klischee, das eigentlich Krimis vorbehalten war. Vielleicht ließ er sich die Urteilskraft von seiner Abneigung gegen Kennedy vernebeln. »Hast du noch etwas Neues dazu?«
»Ich habe Marions Mutter ausfindig gemacht. Sie lebt noch in Leicester, Marions Heimatstadt. Sie hat mir von Marions Umfeld erzählt, auch wenn ich das meiste schon aus den Akten wusste. Offensichtlich ist Marion nach London gekommen, um hier als Immobilienmaklerin zu arbeiten, erst in Acton und später in Ealing. Am Tag ihres Todes hatte sie einem Kunden eine Wohnung gezeigt. Danach hat sie niemand mehr gesehen. Die Wohnung lag nicht weit von dem Parkhaus, aus dem sie gestürzt ist.«
»Sag nicht, wir haben einen zweiten Mr. Kipper.«
Tartaglia schüttelte den Kopf. »Der Typ ist damals vernommen und von der Liste gestrichen worden. Trotzdem würde ich gern noch mal mit ihm reden, und mit den Leuten vom Maklerbüro. Ich habe die Akten gelesen und den Eindruck gewonnen, dass die Ermittlungen damals eher oberflächlich geführt wurden. Marions Mutter hat mir erzählt, dass Marion hier nicht sehr viele Leute kannte und sich in London einsam gefühlt hat. Kurz vor ihrem Tod hat sie noch darüber nachgedacht, nach Leicester zurückzukehren.«
»Du meinst wirklich, es lohnt sich, da noch einmal zu ermitteln?«
Er nickte. »Wir tappen hier doch völlig im Dunkeln. Der Computer von Ellie Best ist komplett gelöscht worden, die einzige Verbindung zwischen ihr und den anderen ist der Ring. Heute Nachmittag haben wir die E-Mails von Laura Benedetti reinbekommen, aber erwartungsgemäß helfen die uns nicht weiter. Überraschung: Sie haben fast den gleichen Wortlaut wie die auf Gemma Kramers Computer, nur dass der Mörder sich damals Sean genannt hat und nicht Tom. Wir haben nicht die leiseste Ahnung, wie er die Mädchen kennengelernt hat oder wer er ist. Wir haben gar nichts.«
»Vielleicht wird Crimewatch uns weiterhelfen.«
Er zuckte mit den Schultern. »Meistens gehen jede Menge Hinweise ein, aber bei einem komplizierten Fall wie diesem hilft uns das nicht immer weiter. Wie damals beim Barton-Fall. Nach Trevors Auftritt im Fernsehen kriegten wir haufenweise Anrufe, und es hat wahnsinnig viel Zeit gekostet, die ganzen Informationen zu durchforsten und den Hinweisen nachzugehen. Und am Ende hat keiner dazu beigetragen, Barton zu fassen.«
Langsam schlich sich Frustration bei ihr ein. »Trotzdem verstehe ich nicht, warum du Marion Spear für so wichtig hältst.«
Er nahm einen tiefen Schluck Wein, stellte das Glas auf dem Tisch ab und verschränkte müde die Arme vor dem Bauch. »Ganz einfach. Laura Benedetti muss nicht unbedingt Toms erster Versuch gewesen sein.«
»Sie ist die Erste, von der wir wissen, die ins Raster passt.«
»Tom taucht nicht plötzlich als ausgewachsener Psychopath aus dem Nichts auf. Er muss schon vorher gemordet haben, oder er hat es versucht. Da findet eigentlich immer eine Entwicklung statt, eine Steigerung.«
»Aber wir haben die Register durchgesehen.«
»Wir wissen doch gar nicht, wonach wir suchen. Nehmen wir Michael Barton. Der hat als kleiner Einbrecher angefangen und wurde dann zum Vergewaltiger.«
»Soll das heißen, Barton hat die Frauen aus Versehen umgebracht?«
»Seine Überfälle sind immer brutaler geworden, aber ich persönlich habe meine Zweifel, dass er einen Mord im Sinn hatte, als er in jener Nacht loszog. Er hatte nicht vor, Jane Withers zu erdrosseln, aber sie hat einfach nicht gemacht, was er wollte. Im Gegensatz zu den anderen hat sie immer weiter geschrien und gekämpft. Von der Autopsie wissen wir, dass sie sich massiv zur Wehr gesetzt hat. Er musste sie ruhigstellen und zum Schweigen bringen, um seine Haut zu retten. Dabei ist es mit ihm durchgegangen, und was eigentlich eine Vergewaltigung hätte werden sollen, wurde zum Mord.«
»Aber soweit ich weiß, hat er vier Frauen umgebracht. Das kann doch nicht jedes Mal ein Unfall gewesen sein.«
»Wir wissen nicht, was in seinem Kopf vorgegangen ist – der Scheißkerl redet ja nicht. Aber wahrscheinlich hat er währenddessen gemerkt, dass Töten ihn auf ganz neue Art und Weise anturnt. Sie war längst tot, als er sie so übel zugerichtet
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