Komm stirb mit mir: Thriller (German Edition)
habe«, sagte sie abwesend. Er bemerkte, wie sich ihre Züge verhärteten, als bereitete der Anblick der Mail ihr Schmerzen. Möglicherweise ging ihr die Sache doch irgendwie nahe. »Aber vielleicht glaubt er, dass wir noch nichts von dem Vorfall wissen.«
Sie hatte Recht. Unter normalen Umständen würde sich die zuständige Kripo mit dem Fall befassen, bis es klare Verdachtsmomente dafür gab, dass es sich um einen Mord handeln könnte. In Anbetracht der Arbeitsüberlastung der Polizei und der fehlenden Leiche wäre die Brücke wohl kaum so schnell abgesperrt worden, wenn überhaupt. Vielleicht hatte Tom darauf gezählt.
»Aber wenn er es war, warum ausgerechnet die Hammersmith Bridge?«, fragte er. »Außer er will, dass wir davon erfahren.«
Sie schwieg und starrte auf den Bildschirm, das Kinn auf die gespreizten Finger gestützt, als würde sie nachdenken. Dann griff sie nach der Maus, schloss die E-Mail und drehte sich zu ihm um. »Ich werde Patricks Meinung dazu einholen. Vielleicht kann er etwas Licht ins Dunkel bringen. Und jetzt erzählen Sie mir von Ihrem Gespräch in Ealing heute Morgen«, sagte sie eilig, als wollte sie dem Thema Kennedy möglichst wenig Raum geben. »Wie ich hörte, hatte der Zeuge ein paar nützliche Informationen für uns.«
»Ja. Offensichtlich hat er einen ganz guten Blick auf den Mann erhaschen können, wahrscheinlich bekommen wir ein brauchbares Phantombild.«
»Ich hörte auch, dass Sie eine etwas unschöne Begegnung mit einem Mann namens Harry Angel hatten. Er hat sich beim Abschnittsleiter beschwert. Er behauptet, Sie hätten ihn unter Druck gesetzt.«
Tartaglia war überrascht, dass Angel so schnell so weit gegangen war, und zuckte mit den Schultern. »Ihm haben meine Fragen wohl nicht gefallen.«
»Ging es um den Fall Marion Spear?«
Er nickte.
»Warum gehen Sie dem nach, haben wir nicht so schon genug zu tun?«
»Wie gesagt, ich glaube, sie könnte eines der ersten Opfer in der Serie sein.«
»Aber Marion Spear passt nicht ins Opferprofil.«
Es war, als hörte er Kennedy sprechen. »Ich habe Dr. Kennedys schriftlichen Bericht noch nicht gesehen«, sagte er und versuchte, seinen Groll zu unterdrücken.
»Seien Sie nicht pedantisch, Mark. Sie wissen, was er denkt.«
»Ja, und er zieht voreilige und falsche Schlüsse.«
Sie versteifte sich, als hätte er sie persönlich kritisiert. »Tom ist auf junge Mädchen fixiert. Marion Spear war dreißig. Sie passt nicht ins Bild.«
»Vielleicht ist es nur Zufall, dass die drei Opfer, von denen wir wissen, so jung waren. Vielleicht gibt es noch andere, von denen wir noch nichts ahnen und die älter sind.«
»Wir haben nicht die Zeit, darüber zu spekulieren, was er sonst noch so getrieben hat. Wir müssen uns an das halten, was wir wissen.«
»Wenn er nur auf junge Mädchen fixiert ist, warum hat er Ihnen dann die Mail geschrieben?« Ein schlappes Argument, aber irgendwie musste er sie überzeugen.
Sie lief rot an, und ihre Züge verhärteten sich, als hätte er einen wunden Punkt getroffen. »Das ist etwas anderes. Mit der Mail will er uns nur ärgern und uns beweisen, wie schlau er ist.«
»Hoffen wir’s.«
»Auf das Opferprofil hat das keinen Einfluss.«
Er seufzte frustriert. »Okay, lassen Sie uns darüber reden. Sehen wir uns die drei Mädchen an. Sie waren alle im gleichen Alter, da gebe ich Ihnen Recht. Aber es gibt noch eine Gemeinsamkeit, die in dem Profil nicht vorkommt: die Persönlichkeit. Alle drei waren einsam und vermutlich depressiv. Alle drei sind in der Schule drangsaliert worden, und bei Ellie Best war es so schlimm, dass sie Antidepressiva bekommen hat. Bei der Vorgeschichte waren sie alle verletzlich, und der Gedanke an Selbstmord war ihnen wahrscheinlich nicht fremd. Wir wissen, dass Marion Spear ebenfalls einsam und deprimiert war. Es stimmt, sie ist älter, aber vielleicht spielt ihr Alter gar keine Rolle, oder vielleicht war er am Anfang weniger wählerisch.«
»Wir sind schon jetzt überlastet, auch ohne den Vorfall auf der Brücke. Wir haben nicht die Ressourcen, jeder vagen Vermutung nachzugehen.«
»Wie sollen wir ihn sonst finden? Solange durch Crimewatch keine neuen Hinweise hereinkommen, kommen wir bei den drei Mädchen nicht weiter. Er hat seine Spuren sorgfältig verwischt, und bis jetzt haben wir keine Verbindung gefunden. Wenn Marion Spear zu seinen ersten Opfern gehört, hat er bei ihr vielleicht einen Fehler gemacht.«
»Aber Sie haben nichts in der Hand, oder? Nichts
Weitere Kostenlose Bücher