Komm und küss mich!: Roman (German Edition)
›Hey, Partner, so einen wie dich können Skeet und ich gut gebrauchen, wenn wir mal in der Klemme sind!‹ Er hatte sich ausgemalt, daß er Dallie sehr gefallen würde.
Teddy griff nach seiner Cola und vertiefte sich in ein Reklameschild. Komisch, daß Dallie so weit mit ihm gefahren war, um ihn zu seiner Mutter zu bringen. Er hatte gar nicht gewußt, daß die beiden sich kannten. Aber Holly Grace hatte ja zu Dallie gesagt, es wäre okay. Trotzdem wünschte er sich jetzt, seine Mutter wäre hier.
Dallie sprach so unvermittelt, daß der Junge hochfuhr. »Trägst du die Brille immer?«
»Nein.« Teddy nahm sie ab und legte sie auf den Tisch. Das Reklameschild verschwamm vor seinen Augen. »Meine Mutter sagt immer, das Äußerliche ist nicht wichtig, nur wie ein Mensch ist – ob man eine Brille trägt oder nicht, ist ganz egal.«
Dallie zog eine Grimasse. Dann fragte er mit Blick auf den Hamburger: »Warum ißt du nicht?«
Teddy stieß den Hamburger von sich. »Ich wollte einen Hamburger ohne Ketchup.«
»Na und? Ein bißchen Ketchup schadet doch nichts.«
»Ich bin allergisch dagegen«, antwortete Teddy.
Dallie grunzte, womit Teddy endlich klar war, daß er keine Leute mochte, die kein Ketchup wollten oder Allergien hatten. Ob er den Hamburger trotzdem essen sollte? Nur um es Dallie zu zeigen?
Aber ihm war sowieso schon so komisch im Magen, und bei Ketchup mußte er immer an Blut und Eingeweide denken. Außerdem würde er am ganzen Körper einen juckenden Ausschlag bekommen.
Was sollte er denn bloß sagen, um sich bei Dallie beliebt zu machen? Dieses Problem hatte er sonst nie bei Erwachsenen, nur manchmal bei Kindern. Schließlich meinte er: »Ich habe einen IQ von hundertachtundsechzig. Ich gehe in eine Klasse für Hochbegabte.«
Dallie grunzte erneut, also hatte er wohl schon wieder etwas falsch gemacht. Vielleicht klang das wie Angeberei, aber er hatte geglaubt, es könnte Dallie interessieren.
»Woher hast du diesen Namen – ›Teddy‹?« Dallie sprach den Namen sehr verächtlich aus.
»Als ich geboren wurde, hat meine Mutter gerade eine Geschichte von einem berühmten Dichter gelesen – von J. R. Salinger. Da kam ein Junge drin vor, der hieß Teddy. Es ist kurz für Theodore.«
Dallies Miene verfinsterte sich noch mehr. »J. D. Salinger. Nennt dich denn keiner Ted?«
»Doch!« log Teddy. »Fast alle. Die Kinder und so. Ich meine, alle außer Holly Grace und meiner Mutter. Du kannst auch Ted zu mir sagen.«
Dallie fischte die Brieftasche aus seiner Hose. »Hier, hol dir einen neuen Hamburger, so wie du ihn haben willst!«
Teddy starrte die Dollarnote an, die Dallie ihm hinhielt, und dann wieder auf den eingewickelten Hamburger. »Ich glaub’, ich kann den hier nehmen.«
»Ich habe gesagt, hol dir einen neuen, verdammt noch mal!«
Teddy wurde übel. Seine Mutter schimpfte manchmal, wenn er frech war oder nicht tat, was er sollte, aber davon wurde ihm nie schlecht. Er wußte ja, daß seine Matter ihn liebte. Aber Dallie konnte ihn nicht leiden. »Ich habe keinen Hunger, ich will nach Hause!« sagte er trotzig.
»Dann hast du eben Pech. Wir müssen noch ziemlich lange fahren, wie ich dir schon gesagt habe!«
Teddy funkelte ihn böse an. »Ich will nach Hause. Ich muß Montag in die Schule.«
Dallie stand auf und deutete mit dem Kopf in Richtung Tür. »Los, komm! Wenn du schmollen willst wie ein verwöhntes Balg, dann kannst du das auch im Auto tun!«
Teddy trottete widerstrebend hinter Dallie her. Er hatte die Nase voll von Holly Graces blöden Geschichten. Dallie war ja ein richtiger Hampelmann. Teddy setzte sich die Brille auf die Nase und stopfte die Hände in die Taschen. Er fühlte den Taschenkamm. Wenn er doch wirklich ein Messer wäre! Wenn der Große Rächer hier wäre, würde er Dallie Hampelmann Beaudine schon zeigen, was ’ne Harke ist!
Auf der Autobahn fuhr Dallie nur noch auf der linken Spur. Er wußte, daß es gemein von ihm war. Aber er konnte nicht anders. Vor lauter Wut hätte er um sich schlagen können. Er fühlte sich in seiner Mannesehre gekränkt. Siebenunddreißig war er und stand mit leeren Händen da. Er war ein zweitklassiger Golf-Pro. Als Ehemann war er ein Versager, als Vater ein Krimineller. Und jetzt das!
Dieses Biest. Dieses selbstsüchtige, verzogene reiche Mädchen: Sie hatte sein Kind zur Welt gebracht und ihm kein Wort davon gesagt. Was sie Holly Grace erzählt hatte, war erstunken und erlogen. Und er hatte es geglaubt. Ja, sie hatte es ihm
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