Komm und küss mich!: Roman (German Edition)
besser als alle anderen. Würde Dallie Teddy was antun?«
»Natürlich nicht.« Dann zögerte Holly Grace. »Wenigstens nicht physisch. Psychisch könnte er ihm schon zusetzen, aber du willst mir ja nichts verraten.«
»Ich lege jetzt auf und versuche, noch heute nacht einen Flug nach New York zu bekommen.« Francesca bemühte sich um einen forschen, energischen Ton, aber ihre Stimme klang zitterig. »Rufst du bitte alle an, die vielleicht wissen, wo Dallie sein könnte? Aber sei vorsichtig! Halte auf jeden Fall die Presse da raus. Bitte, bitte! Ich will nicht, daß Teddy in den Klatschkolumnen landet. Ich komme, so schnell ich kann.«
»Francie, du mußt mir einfach sagen, was gespielt wird!«
»Holly Grace, ich liebe dich. Wirklich.« Dann legte sie auf.
Noch in derselben Nacht flog Francesca über den Atlantik. Mit ausdruckslosem Gesicht starrte sie zum Fenster hinaus, starrte in das undurchdringliche Dunkel da draußen. Angst und Schuldgefühle zerrten an ihren Nerven. Es war alles ihre Schuld. Wäre sie zu Hause gewesen, hätte sie es verhindern können. Sie war eine Rabenmutter, ließ andere ihr Kind aufziehen. Die typischen Gewissensbisse einer berufstätigen Mutter setzten ihr böse zu.
Wenn die Sache nun schlimm ausginge? Vergebens suchte sie sich einzureden, Dallie würde Teddy nichts zuleide tun, egal was er herausgefunden hätte. Der Dallie, den sie von früher kannte, hätte es nie getan. Doch ihr fielen unzählige ihrer eigenen Sendungen ein, in denen Exgatten ihre Kinder entführten und jahrelang mit ihnen untertauchten. Aber jemand, der so sehr im Rampenlicht der Öffentlichkeit stand wie Dallie, konnte das doch unmöglich schaffen, oder? Sie überlegte fieberhaft, wie Dallie wohl herausgefunden hatte, daß Teddy sein Sohn war. Denn eine andere Erklärung für seine Tat gab es für sie nicht. Sie konnte das Rätsel nicht lösen.
Wo war Teddy jetzt? Hatte er Angst? Was hatte Dallie ihm erzählt? Von Holly Grace wußte sie zur Genüge, daß Dallie in seiner Wut unberechenbar, ja gefährlich sein konnte. Aber
selbst wenn er sich im Lauf der Jahre verändert haben sollte, einem kleinen Jungen würde er nichts tun. Das konnte sie einfach nicht glauben.
Was er ihr antun würde, stand aber auf einem ganz anderen Blatt.
25
Teddy bewunderte Dallies schwarzrot kariertes Holzfällerhemd. So eins hätte er auch gern gehabt, komplett mit breitem Ledergürtel und Jeans mit eingerissenen Taschen. Seine Mutter warf die Jeans immer weg, sobald auch nur das kleinste Loch im Knie zu sehen war, gerade wenn sie endlich weich und bequem wurden. Teddy sah auf seine Lederschuhe, dann auf Dallies angestoßene Cowboystiefel. Ja, so was würde er sich zu Weihnachten wünschen.
Sie standen in einer Schlange bei McDonald. Dallie nahm das volle Tablett in Empfang und steuerte mit zügigen Schritten auf einen Tisch im hinteren Teil des Restaurants zu. Teddy hatte Mühe, Schritt zu halten. Auf der Fahrt von Manhattan nach New Jersey hatte Teddy nach besten Kräften versucht, Dallie zu löchern. Er hätte so gern erfahren, ob er einen Cowboyhut hatte oder ein Pferd. Aber Dallie war einsilbig gewesen. Endlich hatte Teddy aufgeben müssen.
Solange Teddy zurückdenken konnte, hatte Holly Grace ihm immer Geschichten von Dallie Beaudine und Skeet Cooper erzählt, von ihrem ersten Zusammentreffen, als Dallie erst fünfzehn war und sich gerade aus den Fängen des bösen Jaycee Beaudine befreit hatte. Wie sie überall im Land die reichen Jungen auf dem Golfplatz herausgefordert hatten. Sie hatte ihm die Wirtshausschlägereien und wunderbare Siege mit achtzehn Löchern geschildert. In Teddys Vorstellung hatten
sich Dallies Erlebnisse mit den Geschichten aus seinen Comic-Heften, dem Krieg der Sterne und Legenden über den Wilden Westen vermischt. Seit Teddy in New York wohnte, hatte er seine Mutter immer wieder gebeten, ihm Dallie doch mal vorzustellen, wenn er Holly Grace besuchte. Doch sie hatte immer wieder Ausreden gefunden. Jetzt hatte es endlich mal geklappt. Teddy fand es schrecklich aufregend.
Aber eigentlich wollte er jetzt wieder nach Hause, und es war sowieso alles ganz anders, als er sich vorgestellt hatte.
Teddy wickelte den Hamburger aus und hob die obere Brötchenhälfte hoch. Ketchup! Er wickelte den Hamburger wieder ein. Dallie starrte ihn unverwandt an und sagte kein Wort. Der Junge fühlte sich unbehaglich, wurde nervös. Was hatte er denn getan? Warum war Dallie nicht wie Gerry Jaffe? Warum sagte er nicht:
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