Komm und küss mich!: Roman (German Edition)
zurückgekommen war. Sie hatte Dallie nicht mehr gesehen, seit er aus dem Haus gestürmt war. Und sie hatte sich schon gesorgt, daß er sich in Teddys Leben drängen wollte. Sie fühlte sich genauso durcheinander wie eine von ihren jungen Ausreißerinnen. Warum war ihr etwas so gut vorgekommen, das doch offenbar falsch war? Und dann merkte sie, daß Nathan mit ihr redete.
»… die Pressemitteilung über die Einbürgerungszeremonie an der Freiheitsstatue. Wir machen eine Sendung über Einwanderer, über Arm und Reich usw. Was hältst du davon?«
Sie nickte zustimmend. Sie hatte ihre Prüfung im Januar bestanden, und kurz danach war eine Einladung aus dem Weißen Haus gekommen, sie möge doch im Mai an einer speziellen Zeremonie teilnehmen, die an der Freiheitsstatue stattfinden sollte. Eine Reihe von Prominenten aus dem öffentlichen Leben, die sich alle kürzlich um die amerikanische Staatsbürgerschaft beworben hatten, sollten mit ihr zusammen den Eid auf die Verfassung schwören. Außer Francesca sollten mehrere lateinamerikanische Sportler, ein koreanischer Modedesigner, ein russischer Ballettänzer und zwei angesehene Naturwissenschaftler daran teilnehmen. Der Präsident wollte die Begrüßungsrede halten, um seine Position bei den ethnischen Minderheiten zu stärken, und gleichzeitig dem Patriotismus ein bißchen auf die Sprünge helfen.
Nathan blieb vor seiner Bürotür stehen. »Für die nächste Saison habe ich große Pläne mit dir, Francesca. Mehr Politik …«
»Nathan!« Sie zögerte einen Moment. »Wir müssen mal miteinander reden.«
Francesca holte tief Luft, um ihm zu erzählen, zu welchem Entschluß sie nach reiflicher Überlegung gelangt war. »Ich weiß, daß du dich nicht darüber freust, Nathan, aber wenn
mein Vertrag zur Verlängerung ansteht, wird mein Agent neue Bedingungen stellen.«
»Ja, natürlich«, sagte Nathan vorsichtig. »Ich bin sicher, daß der Sender ein paar Dollar drauflegt. Aber nicht sehr viel.«
Aber es ging nicht um Geld, sie schüttelte den Kopf. »Ich mache kein Wochenendmagazin mehr, Nathan. Ich möchte mich auf zwölf Specials im Jahr beschränken – eine Sendung pro Monat.« Endlich war es heraus, sie fühlte sich sehr erleichtert.
»Das ist doch wohl nicht dein Ernst? Da spielt der Sender auf keinen Fall mit. Das ist beruflicher Selbstmord.«
»Das muß ich riskieren. Ich kann so nicht weiterleben, Nathan. Ich fühle mich die ganze Zeit nur noch ausgelaugt. Und ich will auch nicht länger zusehen, wie andere Menschen mein Kind großziehen.«
Nathan, der die eigenen Töchter nur am Wochenende zu sehen bekam und die Erziehung ganz seiner Frau überließ, schien überhaupt nicht zu verstehen, was sie damit meinte. »Du bist für viele Frauen ein Vorbild«, sagte er. Offenbar wollte er an ihr politisches Bewußtsein appellieren. »Die würden bestimmt denken, daß du das Handtuch geworfen hast.«
»Schon möglich … aber nicht unbedingt. Ich glaube, die Frauen wollen mehr sein als schlechte Kopien von Männern. Neun Jahre lang habe ich die männliche Rolle gespielt, habe mein Kind fremden Menschen überlassen. Mein Terminkalender ist so überfüllt, daß ich im Hotel nach dem Aufwachen auf das Briefpapier im Nachttisch sehe, damit ich weiß, in welcher Stadt ich gerade bin. Ich habe die Nase voll, Nathan. Ich liebe meinen Beruf, aber ich will ihn nicht vierundzwanzig Stunden am Tag lieben, auch nicht sieben Tage die Woche. Ich liebe Teddy, und ich habe nur noch neun Jahre, bis er mit dem Studieren anfängt. Ich möchte mehr Zeit für ihn haben, ich bin nicht sehr glücklich darüber, wie es im Moment aussieht.«
Er runzelte die Stirn. »Angenommen, der Sender spielt tatsächlich mit, was ich bezweifele, dann büßt du einen Haufen Geld ein.«
»Stimmt, ich muß mein Jahresbudget von zwanzigtausend Dollar auf zehntausend reduzieren. Ich kann mir eine Million berufstätiger Mütter vorstellen, die schlaflose Nächte haben, weil sie ihren Kindern keine neuen Schuhe kaufen können.« Wieviel Geld braucht eine Frau? dachte sie. Wieviel Macht? War sie etwa die einzige Frau auf der Welt, die ihren Erfolg nicht mehr nach männlichen Maßstäben messen und erkaufen wollte?
»Was willst du denn eigentlich, Francesca?« fragte Nathan, der jetzt seine Taktik von Konfrontation auf Besänftigung umschaltete. »Vielleicht läßt sich ja ein vernünftiger Kompromiß finden?«
»Ich brauche Zeit«, antwortete Francesca matt. »Ich möchte gern mal wieder ein Buch lesen,
Weitere Kostenlose Bücher