Komm und küss mich!: Roman (German Edition)
Lustmolch, du!« sagte Francesca.
Sie drückte ihm einen flüchtigen Kuß auf die glattrasierte Wange. »Weißt du, wer dieser unterhaltsame kleine Mann ist, den ich gerade kennengelernt habe?«
Nicholas schüttelte den Kopf. »Er ist ein Freund von Miranda. Komm mit ins Eßzimmer, Liebling, ich möchte dir den neuen de Kooning zeigen.«
Pflichtschuldigst begutachtete Francesca das Gemälde, danach plauderte sie mit einigen von Nickys Freunden. Sie dachte nicht mehr an Lloyd Byron, bis Miranda ihr beim Aufbruch in den Weg trat.
»Gratuliere, Francesca«, sagte Miranda. »Ich habe gerade die wunderbare Neuigkeit gehört. Du fällst doch immer wieder auf die Füße. Wie eine Katze …«
Francesca mochte Miranda herzlich wenig leiden. Sie fand sie so trocken und spröde wie einen dürren, morschen Ast.
Außerdem fand sie, daß Miranda ihren Bruder auf geradezu lächerliche Weise bemutterte. Dabei war er doch wahrhaftig alt genug, auf sich selbst aufzupassen! Die beiden Frauen hatten schon seit langem den Versuch aufgegeben, mehr als eine oberflächliche Höflichkeit untereinander zu wahren. »Da wir gerade von Katzen sprechen, Miranda – ich finde, du siehst einfach göttlich aus. Wie geschickt von dir, Streifen und Karos auf diese Weise zu kombinieren! Aber von welcher wunderbaren Neuigkeit sprichst du?«
»Na, von Lloyds Film natürlich. Er hat mir verraten, daß er dich für eine interessante Rolle vorgesehen hat. Alle hier Anwesenden platzen vor Neid!«
»Du hast ihm das tatsächlich geglaubt?«
»Hätte ich das nicht tun sollen?«
»Natürlich nicht. Noch bin ich nicht so tief gesunken, um in viertklassigen amerikanischen Filmen auftreten zu müssen.«
Nicholas’ Schwester warf lachend den Kopf in den Nacken. Das Glitzern in ihren Augen war ganz untypisch für sie. »Arme Francesca! Viertklassig! Nein, so was! Ich dachte, du kennst jeden. Offenbar bist du nicht ganz auf dem laufenden, obwohl du doch immer so tust.«
Das konnte Francesca natürlich nicht auf sich sitzen lassen. »Wie meinst du das?« fragte sie mit kaum verhohlenem Ärger.
»Entschuldige, meine Liebe, ich wollte dich nicht kränken. Aber es überrascht mich, daß du noch nie von Lloyd gehört hast. Vor vier Jahren hat er doch die Goldene Palme von Cannes gewonnen, weißt du das nicht? Die Kritik ist völlig aus dem Häuschen … und seine Filme sind so wunderbar allegorisch – alle glauben, daß seine neue Produktion ein Riesenerfolg wird. Er arbeitet nur mit den besten Leuten.«
Jetzt war Francesca doch gefesselt. Freudig erregt lauschte sie Miranda, die alle berühmten Schauspieler aufzählte, mit denen Byron bereits gearbeitet hatte. Trotz ihrer politischen Ansichten war Miranda nämlich ein ganz entsetzlicher Snob.
Wenn sie Lloyd Byron für einen seriösen Regisseur hielt, dann sollte Francesca seinem Angebot wohl mehr Aufmerksamkeit schenken.
Unglücklicherweise führte Nicky sie nach der Party noch in einen Privatclub in Chelsea, der gerade neu eröffnet hatte. Sie blieben bis kurz vor eins, dann machte er ihr wieder einmal einen Heiratsantrag, und ein furchtbarer Streit war die unausweichliche Folge. Was sie betraf, so sollte das auch ihr letzter sein. So kam sie sehr spät ins Bett und erwachte erst am Nachmittag.
Fluchend sprang sie aus dem Bett – wieso hatte sie keiner geweckt? Sie raste ins Bad, riß sich das exquisite Nachthemd vom Leib und badete in Windeseile. Dann schlüpfte sie in eine schwarze Hose und einen rotgelben Pullover von Sonia Rykiel. Sie verschwendete nicht viel Zeit für das Make-up, beschränkte sich auf das absolute Minimum. Zum Schluß zwängte sie sich in kniehohe Stiefel mit Reißverschluß und eilte zu Byrons Hotel. An der Rezeption erfuhr sie, der Regisseur sei bereits abgereist.
»Hat er eine Nachricht hinterlassen?« fragte sie, wobei sie ungeduldig mit den Fingernägeln auf das Holz trommelte.
»Ich sehe mal nach.«
Die Empfangsdame kam mit einem Kuvert zurück. Francesca riß es auf und überflog den Inhalt.
Hosianna, mein Darling Francesca!
Wenn Sie diese Zeilen lesen, haben Sie sich besonnen. Es war absolut unmenschlich, mich vor meiner Abreise nicht anzurufen. Allerspätestens Freitag erwarte ich Sie in Louisiana. Fliegen Sie nach Gulfport, Mississippi, und lassen Sie sich nach beiliegender Beschreibung zur Wentworth-Plantage fahren. Mein Assistent kümmert sich um Ihre Arbeitserlaubnis, den Vertrag etc., wenn Sie hier ankommen, und erstattet Ihnen die Reisekosten.
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