Komm und küss mich!: Roman (German Edition)
anderes Lokal ausgewählt. Es lag zehn Meilen südlich von Lake Charles, direkt an einer zweispurigen Autobahn und mitten in der Walachei. Ständig knallte die Tür, und der verbogene Ventilator war nicht weniger geräuschvoll. An der Wand hing ein schillerndblauer Schwertfisch zwischen diversen Kalendern und einer Brot-Reklame. Die Tischsets entsprachen genau Dallies Beschreibung, nur die Eselsohren und die Inschrift »God’s Country«, die in roten Lettern die Karte von Louisiana zierte, hatte er nicht erwähnt.
Eine hübsche rehäugige Kellnerin in Jeans und Netzhemd kam an ihren Tisch. Sie musterte Francesca neugierig und mit unverhohlenem Neid. Dann wandte sie sich Dallie zu. »Hey, Dallie! Wie ich höre, liegst du fast vorn. Gratuliere!«
»Danke, Süße. Diese Woche bin ich richtig verwöhnt worden.«
»Wo ist Skeet?« fragte sie.
»Irgendwas ist ihm auf den Magen geschlagen. Er wollte lieber im Motel bleiben.« Dallie fragte Francesca in eisigem Ton, ob sie etwas essen wolle.
Lauter wunderbare Gaumenfreuden schwirrten ihr durch den Kopf – Hummer-Consommé, junge Ente mit Pistazien, glasierte Austern –, aber sie war schon viel schlauer als vor fünf Tagen. »Was kannst du mir empfehlen?« fragte sie ihn.
»Das Chili ist ganz gut hier, aber die Flußkrebse sind noch besser.«
Was das wohl wieder sein mochte? Flußkrebse? »Dann möchte ich die Flußkrebse«, sagte sie. Hoffentlich waren die nicht fritiert. »Kannst du mir was Grünes dazu empfehlen? Wahrscheinlich leide ich schon unter Vitaminmangel.«
»Wie wäre es denn mit Zitronenkrautsalat?«
Sie sah ihn unsicher an. »Das ist ein Scherz, ja?«
Er grinste und machte der Kellnerin ein Zeichen. »Mary, bring ihr mal einen großen Salat und ein paar Fleischtomaten. Extra, ja? Ich nehme den fritierten Katzenfisch und die Mixed Pickles, die ich gestern hatte.« Zwei sehr gepflegt wirkende Herren kamen an ihren Tisch. Es waren Golf-Pros, die mit Dallie im Turnier spielten und Francesca kennenlernen wollten. Sie nahmen sie in ihre Mitte, überhäuften sie mit Komplimenten und zeigten ihr, wie man das Krebsfleisch aus der Schale bekommt. Sie lachte herzlich über alles, was sie sagten, schmeichelte ihnen schamlos. Bevor die beiden ihr erstes Glas ausgetrunken hatten, fraßen sie ihr aus der Hand. Sie fühlte sich wunderbar.
Dallie bemühte sich inzwischen um ein paar Verehrerinnen vom Nebentisch, Sekretärinnen aus einer petrochemischen Fabrik. Francesca beobachtete ihn verstohlen dabei, wie er grinste, wenn die beiden einen geschmacklosen Witz rissen. Bald gaben sie nur noch Zweideutigkeiten über sein »Spiel« zum besten.
Francesca spürte eine geheime Verbindung zu Dallie, auch wenn sie sich mit verschiedenen Leuten unterhielten. Oder war das nur Wunschdenken?
Drei stämmige Reisfarmer setzten sich zu ihnen. Dallie stellte sie als Louis, Pat und Stoney vor. Stoney konnte sich nicht von Francescas Anblick losreißen. Er schenkte ihr pausenlos schlechten Chablis ein, die Flasche hatte ihr einer von den Golfspielern spendiert. Sie flirtete heftig mit ihm, sah ihm tief in die Augen. Damit hatte sie schon ganz andere Männer in die Knie gezwungen. Er rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her, nestelte gedankenverloren am Kragen seines Holzfällerhemds. Er wollte den Anschein erwecken, als ob er jeden Tag mit schönen Frauen flirtete.
Nach einiger Zeit lösten sich die kleineren Gesprächsgrüppchen
auf, es bildete sich eine große Runde. Jeder erzählte einen Schwank aus seinem Leben. Francesca trank noch ein Glas Chablis und lachte über alle Anekdoten. Der Alkohol versetzte sie in ausgelassene Stimmung, sie fühlte sich ausgesprochen wohl in diesem Kreis. Die Golfer, die Sekretärinnen und die Reisfarmer waren ihre allerbesten Freunde. Die Bewunderung der Männer wärmte ihr das Herz, der Neid der Frauen richtete ihr angeschlagenes Selbstwertgefühl wieder auf, und Dallies Nähe verlieh ihr neuen Schwung. Er brachte alle zum Lachen mit einer unverhofften Begegnung mit einem Alligator – auf einem Golfplatz in Florida. Plötzlich verspürte sie den starken Wunsch, auch etwas beizutragen.
»Ich weiß auch eine Tiergeschichte«, verkündete sie freudestrahlend. Alle blickten sie erwartungsvoll an.
»O mein Gott!« murmelte Dallie.
Sie überhörte es. Sie schenkte ihnen ihr schönstes »Wartet-mal-bis-ihr-das-hier-hört«-Lächeln. »Ein Freund von meiner Mutter hatte eine herrliche neue Jagdhütte in Nairobi eröffnet«, begann sie ihre
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