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Kommissar Joakim Hill - 02 - Die Frau im Schatten

Kommissar Joakim Hill - 02 - Die Frau im Schatten

Titel: Kommissar Joakim Hill - 02 - Die Frau im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bodil Mårtensson
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hochwertigen Schutzglas eingebaut war. Die Brille war ein Experimentiermodell, das mit lichtverstärkender Steuerung und Infrarotsensoren ausgestattet war. Anderberg und sein in der Elektrotechnik beheimateter Kollege Urban Lundh hatten es vom Militär entliehen. Sahlman hatte darum gebeten, die Spezialbrille für einige Stunden ausleihen zu dürfen, und sie hatten sich angesichts seines Interesses geehrt gefühlt. Wofür er sie benötigen würde, hatte er ihnen allerdings verschwiegen.
    Um ihn herum erhellte sich plötzlich die Dunkelheit. Nicht in der Intensität, dass man alles taghell gesehen hätte, doch er konnte immerhin flimmernde, glühend rote Konturen erkennen. Sahlman fand den Weg in die so genannte Mädchenkammer, ohne zu stolpern oder sonstige Geräusche zu verursachen. Dort angekommen, suchte er sich einen strategisch günstigen Platz auf dem Boden und versuchte, seine Nervosität unter Kontrolle zu bringen.
    Nach einer Weile musste er allerdings feststellen, dass er nicht endlos in dieser Position würde ausharren können. Das Alter forderte unerbittlich seinen Tribut, und diese Erkenntnis versetzte ihm einen empfindlichen Stich. Vielleicht würde er sich schon bald mit dem Gedanken anfreunden müssen, den Rest seiner polizeilichen Laufbahn am Schreibtisch zu verbringen. Sein Herz pochte wild vor Aufregung, doch unter Zuhilfenahme einiger atemtechnischer Übungen hatte er seinen Puls relativ schnell wieder im Griff. Mit zunehmender innerer Ruhe erhöhte sich auch sein Hörvermögen.
    Er konnte zwar im Moment keine Geräusche wahrnehmen, doch ihm drängte sich das unangenehme Gefühl auf, dass jemand in der Nähe war – genau wie am Montag. Der Steinboden, auf dem er hockte, hatte seit dem Herbst übermäßig viel Kälte und Feuchtigkeit gespeichert, sodass er jetzt eine Atmosphäre erzeugte, in der man sich vorkam wie in Draculas Grabkammer.
    Knut Sahlman begann zu zittern. Die Feuchtigkeit kroch hartnäckig über den Hintern die Wirbelsäule hinauf, von wo aus sie in sämtliche Rückenmuskeln und in die Gedärme drang, bis er schließlich am ganzen Körper fröstelte. Bald darauf war das Hinterteil taub und er verfluchte sich selbst, weil er keine langen Unterhosen angezogen hatte.
    Aber jetzt – jetzt passierte etwas im Küchensaal!
    Etwas begann sich zu rühren, doch es war immer noch genauso dunkel wie zu dem Zeitpunkt, als er sich bäuchlings durch den Saal geschlängelt hatte. Also war es noch nicht so weit, und er würde notgedrungen noch ein Weilchen in seinem steif gefrorenen Zustand aushalten müssen. Denn alles hing letztendlich von der Perfektion seines Agierens ab, das heißt, er würde genau zum richtigen Zeitpunkt geistesgegenwärtig handeln müssen.
    Also biss er sich fest auf die Lippen, um seinem Zittern Einhalt zu gebieten.
    Ein merkwürdiger grau-lilafarbener Lichtstreifen erschien an der Wand, und Sahlman wusste, dass es jetzt nicht mehr lange dauern würde.
    Dann folgte ein leichtes metallisches Klirren, das ihm als willkommene Geräuschkulisse diente, um auf alle viere zu kommen. Danach begann das gleichmäßige Geknatter von neuem, und es kam tatsächlich aus der Küchenetage.
    Sahlman machte sich bereit, atmete einmal tief durch – genau nach zen-buddhistischem Vorbild, wie er fand –, und genau im selben Moment fingen seine Zähne an zu klappern.
    Er hatte ausgezeichnete, starke Zähne, die jetzt ohne Unterlass in rhythmischem Gleichklang ihre Vorstellung in der Dunkelheit gaben und das gleichmäßige Surren in der Küche abrupt stoppten.
    Es wurde vollkommen still da drinnen.
    Sahlman saß in der Hocke in der Mädchenkammer und biss die Zähne so fest zusammen, dass er den Blutgeschmack des Zahnfleisches wahrnehmen konnte.
    Dann begann das Knattern plötzlich wieder von neuem.
    Sahlman verlagerte das Gewicht vorsichtig auf das linke Knie und setzte den rechten Fuß sicher auf den unregelmäßigen Steinboden. Das Zähneklappern hatte endlich aufgehört, und es wurde Zeit, den Vorhang für die Schlussszene seines Hollywood-Films zu öffnen. Er fingerte am hinteren Hosenbund nach seiner Sig-Sauer, umfasste sie mit festem Griff und entsicherte sie.
    Er bewegte sich in Zeitlupe vorwärts, bis er im roten Licht seiner Spezialbrille die Konturen einer sehr lebendig wirkenden Gestalt erkennen konnte. Sie hielt etwas in der Hand, das aus der Ferne wie ein Metalldetektor aussah und das dieses abscheuliche Knattern aussendete. Von wegen Gespenst – hier gab es anscheinend für

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