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Kommissar Joakim Hill - 02 - Die Frau im Schatten

Kommissar Joakim Hill - 02 - Die Frau im Schatten

Titel: Kommissar Joakim Hill - 02 - Die Frau im Schatten
Autoren: Bodil Mårtensson
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endlich von ihren Schultern genommen worden.
    »Sitzt du hier in der Dunkelheit?«
    »Es scheint … das einzig Vernünftige zu sein, was ich tun kann.«
    »Ja, ich verstehe, was du meinst. Macht es dir etwas aus, wenn ich mich ein bisschen zu dir setze?«
    »Nein, natürlich nicht, komm nur!«
    »Bist du traurig?«
    Ein leichtes Rascheln war zu hören, als die andere ihre Stellung auf dem Sofa änderte und die Füße auf den Boden setzte, um für sie beide Platz zu machen.
    »Nein, du?«
    »Nein.«
    Sie setzte sich zu ihr aufs Sofa und legte den Arm um ihre schmalen Schultern.
    »Du«, sagte sie mit einem zaghaften unsichtbaren Lächeln, »leg doch die Füße wieder aufs Sofa, wenn du es möchtest. Er ist nicht mehr da, er kann uns nicht mehr bevormunden.«
    »Mmm«, murmelte die andere kaum hörbar als Antwort. Dann zog sie erleichtert die Füße wieder hoch und vergrub sie zwischen den Kissen, auf genau die Art und Weise, wie es ihnen bisher nie erlaubt gewesen war.
    Ein Auto bog um die Kurve und fuhr die Straße hoch. Die Lichtkegel tanzten in der Biegung, warfen ihren Schein über die Villen des stillen kleinen Viertels und erhellten für einen Augenblick die Farbfotografien auf dem Kaminsims.
    Man konnte Leif Nilsmeds siegesgewisses Lächeln in Richtung Kamera erkennen und sehen, wie er sie beide beschützend an sich drückte: jede an einer Seite des Familienoberhauptes, der Hund zu ihren Füßen.
    Das Bild war von einem exzellenten Fotografen vor zirka drei Jahren aufgenommen worden. Und sie hatten es als Weihnachtskarte an Freunde in der ganzen Welt geschickt. Allen Geschäftsfreunden sowie den alten Bekannten und potentiellen Kunden hatte die glückliche, fortschrittliche Familie Nilsmed Fröhliche Weihnachten gewünscht.
    Und nun war er weg.
    »Wirst du ihn vermissen?«
    »Nein.«
    Es blitzte ein letztes Mal in dem Rahmen auf, bevor das Auto hielt und die Scheinwerfer erloschen.
    »Und du?«
    Der besondere Ernst der Situation erforderte eine Sekunde Bedenkzeit, obgleich die Antwort bereits auf der Hand lag.
    »Nein.«
    Wie verabredet gaben beide einen tiefen Seufzer von sich und mussten angesichts ihrer gleichzeitigen Reaktion kichern.
    »Nein, wie soll man jemanden vermissen, der einen so schlecht behandelt hat? Der einen lieben sollte, es aber nicht tat.«
    »Ja, das stimmt. Das tat er wirklich nicht.«
    »Nein, jedenfalls nicht in den letzten fahren.«
    Dann saßen sie eine Weile still nebeneinander. Ließen sich von der Ruhe, die sein plötzlicher Tod mit sich gebracht hatte, wie in eine weiche Decke einhüllen. Im Nachbarhaus wurde die Gartenbeleuchtung eingeschaltet, und der schwache Schein breitete sich träge auf dem rauchfarbenen Glastisch aus. Dort standen ein Glas und eine Flasche.
    »Was trinkst du?«
    »Wein.«
    »Hoppla! Du trinkst Wein?«
    »Okay, okay, ich weiß. Ich wollte … einfach abschalten.«
    »Ja, klar, ist doch in Ordnung. Kann ich auch einen Schluck bekommen?«
    »Natürlich, warum nicht? Ich hol dir ein Glas.«
    Zum Barschrank waren es nur ein paar Schritte. Dort standen all die teuren Flaschen, die er nie mehr würde austrinken können. Chivas, McAllen, Dubonnet und Larsen. Doch es kümmerte sie nicht. Sie nahm ein Weinglas, tastete sich zurück zum Sofa und füllte es zur Hälfte.
    Die rote Flüssigkeit leuchtete, und sie machten es sich jede mit ihrem Glas in den weichen Polstern gemütlich.
    »Skål«, sagte sie, »auf die Freiheit!«
    Die Gläser klirrten beim Anstoßen, und ihr Klang bekräftigte ihren gemeinsamen Neubeginn. Heute Abend grölte keine Musik aus dem oberen Stockwerk. Kein Unglück musste mehr mit ohrenbetäubenden Dezibelstärken übertönt werden.
    »Auf die Freiheit!«
    Der Wein war schwer und mit einer rauchigen Note versehen, und er hinterließ einen kräftigen, feurigen Nachgeschmack. Auf der Zunge kündigte sich bereits ein neues Lebensgefühl an.
    »Und was machen wir jetzt?«
    »Ich weiß nicht genau, aber ich will jedenfalls machen, was mir gefällt.«
    »Du?«
    »Ja, ich meine damit natürlich … uns beide.«
    »Es klingt unglaublich unwirklich, dass wir jetzt endlich vollkommen frei sind.«
    »Ja, fast.«
    Ein weiteres Auto kam die Kurve hochgefahren. Die Lichtkegel drangen ebenso wie beim vorherigen Auto durch die Fenster ihres Wohnzimmers, wo sie abermals ihren kleinen wilden Tanz über die Wände aufführten. Der Schein war unverschämt aufdringlich. Sie schauten einander ertappt an, als ihr vertrauliches Gespräch so abrupt beleuchtet
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