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Kommissar Joakim Hill - 02 - Die Frau im Schatten

Kommissar Joakim Hill - 02 - Die Frau im Schatten

Titel: Kommissar Joakim Hill - 02 - Die Frau im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bodil Mårtensson
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offenbaren.
    Es war spät geworden. Viel später, als Sahlman gedacht hatte, und es war unerträglich kalt draußen. Ja, selbst der Kamelhaarulster reichte kaum aus, um die Minusgrade abzuhalten.
    Er ließ die Festung und ihren Turm hinter sich. Ging eilends und fröstelnd die monumentalen Oscars trappor hinunter in Richtung Stortorget und überlegte, ob Utposten wohl heute Abend geöffnet hatte.
    Er brauchte wirklich dringend einen Drink.
    Nicht so sehr aufgrund der Kälte, sondern eher der beruhigenden Wirkung des Alkohols und wünschenswert netter Gesellschaft am Tresen wegen.
    Es wird doch wohl irgendwen geben, mit dem man ein bisschen Smalltalk halten konnte.
    Worüber? – das war ihm vollkommen gleichgültig. Über den Staatsminister und seine letzten Heldentaten vielleicht? Die Krise in der Altersfürsorge, die Vor- und Nachteile der vernetzten Gesellschaft und der Breitbandtechnik. Es war ihm völlig egal.
    Heute Abend war er willens, über alles zu sprechen. Nur nicht über Gespenster!
     
    Die Feuchtigkeit, die üblicherweise vom Sund herüberdriftete, nahm an diesem Abend bereits am Fähranleger Anlauf, glitt sachte hinauf über die Plätze, Straßen und Häuser und legte sich in Form von funkelnden Eiskristallen über alles, was ihr in den Weg kam.
    Mit einem mächtigen Gruß hüllte Väterchen Frost den winterkahlen Buchenwald von Pålsjö in ein wunderlich weißes Kleid, bevor er weiter zu den Industrie- und Wohngebieten in Richtung Osten zog.
    Er verzauberte alles, was seine nächtliche Route kreuzte.
    Wie mit einem magischen Zauberstab verwandelte er das mondäne Tågaborg, die Hochhaussiedlungen Drottninghög und Dahlhem ebenso wie die Industrieflächen von Berga in schöne Fantasielandschaften, die bei allen Kindern Entzücken auslösen würden, wenn sie sie am Morgen erblickten.
    Mietshäuser, Tankstellen, bunt erleuchtete Einkaufszentren und idyllische Einfamilienhäuser wurden der Reihe nach mit Frost überzogen und mit einem kristallenen Glitzern versehen. Schließlich legte sich selbiger in einer lebensgefährlichen Glasur auf den schwarzen Asphalt der Autobahnen E4 und E6 östlich der Stadt.
    Die Streufahrzeuge arbeiteten fieberhaft, um die Glatteisgefahr zu reduzieren, doch die ersten Wagen waren bereits von der Straße abgekommen, und unvorbereitete Autofahrer riefen in der lähmenden Kälte nach Hilfe.
    Sie hätten ebenfalls einen Drink nötig gehabt.
    Doch Sahlman benötigte mehr als einen. Er war schnell bei seinem dritten Gin Tonic im Kellerlokal Utposten. Bei der Bestellung Nummer drei hob der Barmann leicht die Augenbrauen, doch Sahlman selbst betrachtete seinen Alkoholkonsum in diesem Fall als unverzichtbare Gesundheitspflege.
    Rein logisch gesehen war das, was er erlebt hatte, völlig unerklärlich gewesen. Geradezu unwahrscheinlich – ja, um nicht zu sagen unmöglich.
    Rein theoretisch konnte also gar nichts passiert sein. Er war einem Hirngespinst aufgesessen, ganz einfach – genau so war es!
    Doch wenn dort oben in der mittelalterlichen Burg nun tatsächlich nichts Besonderes vorgefallen war – warum hatte er dann diese gehörige Stärkung nötig?
    Sahlman konnte sich auf Dauer natürlich nicht selbst belügen. Er konnte versuchen, anderen etwas vorzumachen, aber kaum sich selber. Dort oben im Gästesaal hatte sich etwas ereignet, das ihn tief ins Mark getroffen und vermutlich für immer verändert hatte.
    Als wäre das Leben plötzlich umgeleitet worden – auf ein Nebengleis, von dem aus es in eine unbekannte Richtung unter unklaren Bedingungen und mit völlig widersprüchlichen Vorstellungen weiterging.
    Er war zutiefst in seiner Seele erschüttert.
    Zum ersten Mal in seinem Leben bedauerte er es, niemanden zu Hause zu haben, der auf ihn wartete und mit dem er die Verwirrung hätte teilen können. Jemand, der sich seine idiotische Geschichte angehört hätte, damit er die unwahrscheinlichen Worte laut hätte aussprechen können.
    »Ich habe ein Gespenst gesehen!«
    Aber es wartete leider niemand, außer natürlich seinem geliebten Goldfisch Wanda mit den goldenen Schleiern, doch mit ihm konnte man nicht sprechen! Nein, außer ihm war da nur seine aufgeräumte, aber einsame Junggesellenwohnung, die ihn an einem Abend wie diesem kaum locken konnte.
    »Lädst du mich auf ein Bier ein …, compadre?« ,hörte er eine schleppende Stimme sagen. Er fühlte eine schwere Faust auf seiner Schulter. Die robuste Begrüßung eines unbekannten Saufkumpanen.
    An jedem anderen Tag hätte

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