Kommissar Joakim Hill - 02 - Die Frau im Schatten
ängstigte sie mehr als je zuvor.
Nun erfüllte ihr Schluchzen die Stille, und sie betete innerlich, dass er aufhören würde. »Lieber, Leif … so beruhige dich doch. Lieber …«
Er ließ ebenso schnell von ihr ab, wie er sich auf sie gestürzt hatte, verharrte jedoch, wo er war.
»Das ganze Elend …«, flüsterte er, mehr in den Raum hinein, »nur, weil du nicht bereit warst, mir das Einzige zu geben, was ich begehrte …, meine Freiheit.«
»Es war um Malins willen«, versuchte sie es vorsichtig und mit dünner Stimme.
Sie fand das Taschentuch neben sich auf dem Sofa, trocknete die Tränen und rieb sich die Nase. Und bewegte das feuchte Tuch erneut zwischen den Fingern hin und her.
»Um Malins willen!«, äffte er sie verächtlich nach. »Oh, bitte erspare mir deine pathetischen Lügen!«
Er setzte sich auf und schaute sie denkwürdig an.
»Was hast du eigentlich geglaubt?«, wollte er wissen. »Dachtest du, ich würde die Lust verlieren? Zu dir zurückkommen und dich mit eingezogenem Schwanz um Verzeihung bitten? Zurück zu dir? Schau dich doch nur an! Du griesgrämiges, spitznasiges, bleiches und mageres Geschöpf!«
Er misshandelte sie mit Worten, verbalen Faustschlägen, die entsetzlich schmerzten.
»Leif, Lieber …«, flehte sie ihn an.
Doch er war bereits wieder am Barschrank. Jetzt nahm er die ganze Flasche mit sich und setzte sich erneut neben sie. So nahe waren sie sich nicht gewesen seit … ja, er erinnerte sich in der Tat nicht mehr, seit wann.
Doch es war eine unangenehm bedrohliche, aggressive Nähe.
»Nein, ich will, dass du es hörst!«, befahl er in autoritärem Ton. »Du warst diejenige, die reden wollte – dann wirst du dir zum Teufel noch mal auch die Wahrheit anhören müssen!«
Er setzte die Flasche direkt an den Mund, nahm einen großen, stärkenden Schluck und fuhr fort.
»Du sagst, sie ist fort, aber da liegst du falsch! Sie wird nie verschwinden. Niemals! Hörst du? Ich werde die Erinnerung an sie für immer wach halten. Und ich werde dir von ihr erzählen – erzählen, wie sie war.«
Er genehmigte sich einen weiteren Schluck, während die Gedanken an Anne Smitt seine Augen leuchten ließen.
»Sie war ein wildes Tier – hol mich der Teufel! Wenn sie geil wurde, war sie das Schönste, was ich je gesehen habe. Bei ihr gab es keine verdammten Hemmungen! Das Blut kochte, die Lust wallte, und sie …«
Sie versuchte, sich die Ohren zuzuhalten, doch er hielt ihre Hände fest.
»Du sollst es hören! Die Säfte rannen aus ihr heraus! Mein Gott … oh Anne … Anne.«
Die Erinnerung brach ihm fast das Herz, aber er verwandelte den Schmerz in eine scharfkantige Waffe, die er nun gegen sie richtete. Sie, die sich jetzt so weit sie nur konnte gegen die Rückenpolster presste.
»Nicht wie dein furztrockenes, prüdes und geiziges Ziegenloch«, brach es höhnisch aus ihm heraus.
Seine Stimme hatte bedenklich an Lautstärke zugenommen – und das war erst der Anfang. Er stärkte sich erneut mit einem Schluck von dem exklusiven französischen Cognac, während bittersüße Erinnerungen seine Seele marterten.
»Mit ihr wurde ich wieder lebendig. Sie hat mir Lust eingeflößt, mir das zurückgegeben, was du mir genommen hast. Energie, Lebensfreude – Hoffnung. Ich war plötzlich zwanzig Jahre jünger! Wenn ich bei ihr war, fühlte ich mich keinen Tag über dreißig, hörst du – du verdammte alte Hexe!«, schrie er.
Erneut hielt er sie fest, sodass sie keine Möglichkeit hatte zu entkommen. Dann ging er wieder zum Angriff über. Diesmal bekamen seine muskulösen Hände ihre elegante Viskosebluse zu fassen und rissen mit einem aggressiven Ruck sowohl die Bluse als auch den Spitzen-BH entzwei.
»Ihre Brüste«, lallte er, »… waren gut gefüllte Früchte, die wunderbar schmeckten! Wunderbar!« Betrunken grinste er seine Ehefrau und deren entblößte flache und formlose Brüste an. »Und was hast du zu bieten? Spiegeleier, von beiden Seiten gebraten!« Er lachte kühl.
Sein grobes, unbeherrschtes Gelächter hallte von den Wänden zu ihnen zurück und die Treppe hinauf.
Der Hund blieb in der oberen Etage. Er wusste es besser.
Aber jemand stellte die Stereoanlage im Obergeschoss an und drehte die Musik voll auf.
Stings dröhnende Rhythmen legten einen dicken, dämpfenden Klangteppich zwischen Zimmerdecke und Fußboden. Every move you make … every step you take … I’ll be watching you.
Berit schloss die Augen und kniff die Lider fest zusammen. Daran zumindest konnte er
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