Kommissar Morry - Das Phantom
ließ ihn genauer hinsehen. Es war Blut, frisches Blut. Er war am Ziel. Hier, wohl dort zwischen den Schwellen, hatte der Mörder sein Opfer versteckt. Dan Marcher biß die Zähne zusammen und legte den Weg bis zum Stapel zögernd zurück. Er brauchte nicht lange zu suchen. Die Schleifspur führte ihn direkt zu Mat Heflin hin.
Lang ausgestreckt lag der Körper des Gesuchten in dem Spalt. Sein Kopf war seitlich abgerutscht und hing auf der rechten Brustseite. Vom Gesicht war nicht viel zu sehen. Das Blut hatte die freiliegende Seite verschmiert und die andere war verdeckt. Behutsam schob sich Dan Marcher in den Spalt. Er war groß genug um zwei, sogar drei Personen Platz zu bieten. Stumm schaute er auf den regungslos Daliegenden nieder. — Er wagte es noch nicht, sich zu bücken, um sich restlos von dessen Leblosigkeit zu überzeugen. — Da! — Träumte er, oder spielten ihm seine Augen schon gemeine Streiche? — Bewegte sich nicht rhythmisch Mat Heflins Brust? Wie der Blitz war er auf dem Boden. Seine Hände erfaßten die Hand des Totgeglaubten. Sie fühlte sich warm an. Auch das Heben und Senken der Brust war jetzt ganz deutlich zu erkennen.
„My God, der Boy lebt noch", brach es aus ihm heraus. Dann hatte er auch schon Mat Heflin aus dem Spalt heraußgeschleppt. Vorsichtig hatte er die Kopfwunde nachgesehen und auch gleich festgestellt, daß nur die Kopfhaut an der rechten Seite aufgeritzt war. Er hatte in seinem Leben schon viele Schußverletzungen gesehen, und da er nun die Harmlosigkeit dieser Wunde erkannt hatte, war es ihm unerklärlich, daß Mat Heflin immer noch ohne Besinnung war. Es mußte etwas anderes sein, das diese tiefe Ohnmacht hervorgerufen hatte. Behutsam unterzog er Mat Heflins Körper einer genauen Untersuchung. Außer einer tiefen Fleisch wunde am linken Oberarm konnte er keine weiteren Verletzungen feststellen. Noch einmal besah er sich kritisch die Kopfwunde. Als er hierbei mit den Fingerspitzen an den Hinterkopf kam, zuckte Mat Heflin leicht zusammen.
„Aha, da haben wir es schon", sprach er erfreut auf den wieder reglos Gewordenen ein.
„Kleine Gehirnerschütterung mit starkem Bluterguß in unmittelbarer Nähe des Nervenzentrums. Wirst bald wieder fit sein, Boy."
Mit schneller Hand zauberte er eine flache Whiskyflasche aus seiner Rocktasche und setzte sie Mat Heflin an die Lippen. Da die Lippen des jungen Mannes trotz des guten Getränkes geschlossen blieben und die Flüssigkeit nicht den von Dan Marcher zugedachten Weg nahm, versuchte er es mit einer Pferdekur, Mat Heflin aus seiner Betäubung zu reißen. Nachdem er den Kopf des Liegenden zwischen seine Knie genommen hatte, streifte er die blutverkrusteten Haare auseinander und ließ Tropfen für Tropfen des Alkohols auf die lädierte Kopfhaut laufen.
„Boy! Es brennt zwar gleich etwas in deiner Wunde, doch ich muß es tun. Wir schlagen nämlich damit gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Zunächst kehrst du aus deinem Traumland zurück, und dann wird auch noch die Wunde desinfiziert. Beides ist für uns von sehr großer Wichtigkeit."
Die Wirkung seiner Behandlung zeigte sich augenblicklich. Zunächst war es nur ein schwaches Röcheln, das über Mat Heflins Lippen kam. Wenig später aber führte der beißende Schmerz, den die hochprozentige Flüssigkeit in Mat Heflins Gehirn hervorrief, zum Erfolg. Wie unter einem Krampf wand sich sein Körper. Sofort hielt Dan Marcher inne und setzte dem laut Stöhnenden die Flasche an den Mund. Das belebende Naß brachte Mat Heflin nun vollends auf diese Welt zurück. Verstört schaute er in das über ihn gebeugte Gesicht Dan Marchers.
„Hallo, Boy! Ausgeträumt?" meinte dieser lächelnd.
„Damn't, — was ist, — was ist mit mir?" fragte der Verletzte mit leiser Stimme, hob seine Hand an den Kopf und stöhnte: „Ah — mein Kopf."
„Ruhig, Mat", hielt Dan Marcher die Hand des Verletzten fest, als dieser mit den Fingern die verletzte Stelle berühren wollte.
„Du mußt jetzt ganz ruhig sein. Und vor allen Dingen darfst du mit deinen schmutzigen Händen nicht die Wunde anfassen."
Stumm nickte Mat Heflin und schloß die Augen.
„Wie kommst du hierher, Dan?" fragte er nach kurzer Pause, und seine Stimme hatte schon einen festen Klang.
„Das erzähle ich dir noch später. Jetzt müssen wir Zusehen, daß wir hier fortkommen. Es wird bald Tag werden, und bevor die erste Railway kommt, müssen wir hier heraus sein", wich er Heflins Frage aus und hatte es plötzlich sehr eilig, den
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