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Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Titel: Kommissar Morry - Der Judas von Sodom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Gewalt mehr über sie.
    „Geh jetzt bitte“, sagte sie leise. „Du kannst ein andermal wiederkommen. Ich bin müde. Gute Nacht!“
    Sie drehte sich nicht um, als die Tür ins Schloß fiel. Sie hörte Schritte draußen auf der Treppe. Dann wurde es still. Doris Kent zog sich aus und löschte das Licht. Am nächsten Abend fühlte sich Doris Kent schon nicht mehr so vereinsamt in der Austern Bar. Als sie von der Bühne in die Garderobe zurückkehrte, wurde sie von Angela Sirion angesprochen. Da sie auch als Ersatzgirl verpflichtet worden war, fühlte sich Doris Kent von allem Anfang an zu ihr hingezogen.
    „Es wäre schön, wenn wir Freundinnen werden würden“, begann Angela Sirion die leise geführte Unterhaltung. „Die ändern sind alle schon viel länger hier als wir beide. Schon aus diesem Grund sollten wir zusammenhalten.“
    „An mir soll es nicht liegen“, sagte Doris Kent erfreut. „Ich suche schon lange eine Freundin.“ „Hoffentlich keinen Freund“, meinte Angela Sirion forschend. „Es ist in letzter Zeit gefährlich geworden, sich einen Mann anzulachen. Du weißt doch Bescheid? Oder nicht?“
    „Doch!“ sagte Doris Kent flüsternd. „Man hat mir erzählt, wie Kate Hugard und Stephanie Malet ums Leben kamen.“
    „Sie hatten einen Freund, der James Hatfield hieß“, sagte Angela Sirion eindringlich. „Vielleicht nennt er sich jetzt anders. Aber sicher sieht er noch immer genauso aus, wie ihn die roten Steckbriefe beschreiben. Sei bitte vorsichtig! Sag es mir sofort, wenn sich einer an dich heranmachen will.“
    „Da ist keine Gefahr“, lächelte Doris Kent. „Ich habe schon einen Freund. Er hat mir noch gestern beim Umziehen geholfen. Er brachte mich in einem Frauenwohnheim am Wapping Basin unter. Er hat mir übrigens auch dieses Engagement vermittelt.“
    Angela Sirion horchte auf. Sie wurde mißtrauisch. Ihre Augen bekamen einen wachsamen Glanz.
    „Seit wann kennst du diesen Freund?“ fragte sie mit gutgespielter Gleichgültigkeit.
    „Ach Gott“, sagte Doris Kent. „Das ist schon lange her. Mindestens ein Jahr. Vielleicht auch noch länger.“
    Wäre Angela Sirion auch weiterhin argwöhnisch geblieben, so hätte sie ganz sicher einen neuen Mord verhindern können. Vielleicht wäre es ihr dann sogar gelungen, einen vertierten Mörder unschädlich zu machen. Die letzten Worte Doris Kents zerstreuten jedoch ihren Verdacht. Einem Mann, der schon so lange mit einem Mädchen ging, wollte und konnte sie nicht länger mißtrauen. Er war sicher über jedem Verdacht erhaben. Nicht alle Männer, die ein junges Mädchen verehrten, waren schließlich Mörder. Man durfte sich nicht lächerlich machen. Zuviel Argwohn schadete vielleicht mehr, als er nützen konnte.
    „Wir wollen uns morgen weiter über dieses Thema unterhalten“, sagte sie deshalb flüchtig zum Abschied. „Wir müssen gehen. Die ändern sind schon alle weg.“
    Frohgemut trat Doris Kent den Heimweg an. Burt Lukin wird mich draußen erwarten, dachte sie. Vielleicht geht er mit mir in eine Teestube. Vielleicht bringt er mich nach Hause. Er kann ruhig mitkommen. Warum soll ich mich solange gegen ihn sträuben. Eines Tages wird ja doch eine Liebschaft daraus werden. Auf die Dauer kann ich seinem Drängen nicht widerstehen. So dachte sie, als sie auf die Straße trat. Neugierig blickte sie sich um. Erwartungsvoll spähte sie nach Burt Lukin aus. Aber er war nirgends zu sehen. Er war also tatsächlich von Geschäften abgehalten. Zu dumm, dachte Doris Kent enttäuscht. Jetzt bin ich wieder allein. Was mache ich nun?
    Sie ging ein paar Schritte am Gehsteig entlang. Sie überlegte immer noch, was sie anfangen sollte, da hielt plötzlich ein Auto neben ihr. Es war der Wagen Burt Lukins. Er selbst saß am Steuer und beugte sich zu ihr heraus.
    „Ich bin früher fertig geworden, als ich dachte“, sagte er mit schleppender Stimme. „Steig ein! Ich bringe dich nach Hause.“
    Doris Kent ließ sich neben ihm auf dem Vordersitz nieder. Der Wagen fuhr wieder an. Mit leisem Summen rollte er über die Themsebrücke. Schon wenige Sekunden später hatten sie das Frauenwohnheim am Wapping Basin erreicht.
    „Warte hier auf mich“, murmelte Burt Lukin geistesabwesend. „Ich stelle den Wagen in einer Seitengasse ab. Es braucht niemand zu wissen, daß ich hier bin.“ Schon nach kurzer Zeit war er wieder zur Stelle. Er klimperte mit den Wagenschlüsseln. Langsam kam er an das graue Gebäude heran.
    „Worauf wartest du noch?“ fragte er hastig.

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