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Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Titel: Kommissar Morry - Der Judas von Sodom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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„Schließ doch auf!“ Doris Kent tat es. Sie öffnete das schwere Tor. Sie schaltete das Licht ein. Sie ging vor ihm her auf ihr Zimmer. Sie knipste den Schalter an. Es wurde hell.
    Heute sah der Raum viel freundlicher aus als gestern. Ein paar bunte Sofakissen, einige neue Decken und Bezüge schufen eine gemütliche Atmosphäre. Die Polstersessel luden zum Sitzen ein. Aber Burt Lukin blieb stehen. Er lehnte mit dem Rücken an der Tür. Er drehte den Schlüssel um. Jetzt erst bemerkte Doris Kent, daß er völlig verändert war. Sie hatte ihn schon zwei oder dreimal in diesem Zustand gesehen. Das war im Mulatten Klub gewesen. Sie erinnerte sich noch deutlich daran.
    Es ist das Rauschgift, dachte sie beklommen. Früher hat er das weiße Pulver nur weiter verschachert. Jetzt braucht er es selbst. Er ist süchtig. Man sieht es. Mich kann er nicht täuschen. Sie öffnete den Schrank und hängte den Mantel hinein. Dann stand sie genauso da wie gestern. Sie wußte einfach nicht, was sie sagen oder tun sollte. Sie blickte ratlos zu Burt Lukin hin. Er stand noch immer an der Tür. Er starrte unverwandt zu ihr her. Seine Hand tastete nach dem Schalter. Er löschte das Licht.
    Die plötzliche Finsternis legte sich wohltuend über Doris Kent. Sie wußte ja nicht, daß der Tod bei ihr im Zimmer war. Sie hatte keine Ahnung, welche Gefahren in dieser Dunkelheit lauerten, Sie hatte nur das Gefühl, daß im Dunkeln alles viel leichter war. Sie sah keine Blicke mehr auf sich gerichtet. Sie brauchte sich nicht mehr zu schämen. Langsam begann sie sich auszukleiden. Es ist ja gleich, dachte sie. Ich kenne ihn schon ein ganzes Jahr. Einmal wird es ja doch sein. Warum dann nicht heute. Sie legte ihr Kleid achtlos über einen Sessel. Dann horchte sie auf.
    Draußen auf dem Gang waren Schritte zu vernehmen. Irgend jemand klopfte an die Tür. Sofort knipste Burt Lukin das Licht an. „Bleib stehen, wo du bist“, zischelte er. „Rühr dich nicht! Wir machen nicht auf!“
    Doris Kent wußte nicht wohin vor lauter Verlegenheit. Hastig streifte sie ihr Kleid wieder über die Schultern. Dann ging sie zur Tür. Ohne sich um Burt Lukin zu kümmern, drehte sie den Schlüssel um. Draußen stand eine Frau in zerdrücktem Morgenrock. Sie bewohnte das Zimmer nebenan, wie sich herausstellte. Sie klagte über heftige Kopfschmerzen. Ob man ihr denn nicht eine Schmerztablette geben könnte, fragte sie. Doris Kent ging zurück ins Zimmer und kramte in ihrer Handtasche. Sie fand ein paar Tabletten, die sie selbst immer mit gutem Erfolg verwendet hatte.
    „Nehmen Sie das“, sagte sie freundlich. „Es wird Ihnen bestimmt helfen.“
    Als Doris Kent nachher die Tür schloß, erging es ihr genauso wie gestern Abend. Sie war plötzlich kühl und ernüchtert. Der Rausch war verflogen. Sie betrachtete Burt Lukin mit abschätzenden Blicken.
    „Es ist vielleicht doch besser, wenn du gehst“, sagte sie gepreßt. „Es soll eben nicht sein. Bist du mir böse?“
    Burt Lukin gab ihr überhaupt keine Antwort. Er setzte seinen Hut auf und ging geistesabwesend an ihr vorbei. Er bewegte sich wie ein Automat. Sein Gesicht war starr wie eine eingefrorene Maske.
    „Komm morgen wieder“, rief ihm Doris Kent leise nach. „Wir werden zusammen ausgehen. In ein nettes Weinlokal, wo uns niemand stört. Vielleicht ist dann alles anders als heute.“
    Sie bekam auch jetzt keine Antwort. Burt Lukin hörte sie nicht mehr. Er war schon unten im Hausflur. Doris Kent kehrte nachdenklich in ihr Zimmer zurück. Sie wußte nicht, daß ihr eben ein Schutzengel hilfreich zur Seite gestanden hatte. Das Schicksal war ihr noch einmal gnädig gesinnt gewesen. Es gönnte ihr noch eine Frist von genau vierundzwanzig Stunden. Am nächsten Abend jedoch war kein Schutzengel zur Stelle, der sich um Doris Kent gekümmert hätte. Zehn Minuten vor elf Uhr verließ sie die Austern Bar durch den Seitenausgang. Wieder blickte sie sich suchend nach Burt Lukin um. Aber auch heute war er nicht da. Zwei, drei Minuten ging Doris Kent vor dem Hauptportal hin und her. Als Burt Lukin dann noch immer nicht kam, entfernte sie sich enttäuscht. Sie hielt auf eine kleine Weinstube zu. Sie hatte Durst. Sie wollte ein Glas Fruchtsaft trinken. Sie hatte das Lokal schon fast erreicht, da hörte sie auf einmal Schritte in ihrem Rücken. Sie drehte sich hastig um. Ihre Hoffnung hatte sie nicht getäuscht. Es war wirklich Burt Lukin, der hinter ihr herkam. Sie ging ihm ein paar Schritte entgegen. Sie lächelte ihm

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