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Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Titel: Kommissar Morry - Der Judas von Sodom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Bekannte.
    Drei Minuten später bogen sie nach rechts ab und traten in die kleine Teestube ein, die Thom Harban stets zusammen mit Liz Etty besucht hatte. Morry überlegte hin und her, ob er ihnen auch in das Lokal folgen sollte. Schließlich entschied er sich dafür. Er schlug den Mantelkragen hoch und zog den Hut tief in die Stirn. Hastig drückte er sich durch die Tür. Gebeugt schlich er an den Tischen vorüber. Unauffällig nahm er in einer dämmrigen Ecke Platz. Mit leiser Stimme bestellte er sich einen Grog. Die Bedienung hatte sich kaum entfernt, da hielt Morry auch schon Ausschau nach Angela Sirion und ihrem Begleiter. Er entdeckte die beiden in einer Seitennische. Sie saßen eng nebeneinander. Auch jetzt war seine Assistentin kaum wiederzuerkennen. Sie trug ein blaues Samtkleid, das ihre zarte Figur wirkungsvoll zur Geltung brachte. Hell und golden ringelten sich die Locken um ihr hübsches Gesicht. Ihre schönen Augen blickten Thom Harban verliebt und zärtlich an. Die häßliche Brille hatte sie selbstverständlich zu Hause gelassen. Zum erstenmal in seinem Leben spürte Morry, daß er auch eifersüchtig sein konnte. Es war kindisch, aber er beneidete Thom Harban in diesen Sekunden wirklich um sein Glück. Er konnte kaum noch hinsehen. Es gab ihm jedesmal einen Stich, wenn er die Hände der beiden zärtlich aufeinander liegen sah. Die Minuten zogen sich träge und endlos dahin. Der Grog wurde kalt. Morry schob das Glas weit von sich. Er war verärgert und mürrisch. Er sah die beiden Weggehen. Sie kümmerten sich nicht um ihn. Sie traten lachend auf die Straße hinaus. Als der Kommissar ihnen eine Weile später folgte, sah er sie nicht mehr. Sie waren spurlos verschwunden. Anscheinend waren sie mit einem Auto weggefahren. Sie ist verliebt in ihn wie alle andern, dachte Morry grimmig. Sie will ihn gar nicht aushorchen. Das war nur ein Vorwand. In Wirklichkeit will sie sich ihm an den Hals werfen. Das war zweifellos ungerecht. Denn Angela Sirion dachte nur an ihre Aufgabe, als sie neben Thom Harban durch die Nacht wanderte. Sie hatten kein Auto genommen. Sie gingen zu Fuß. Sie schritten durch eine enge Seitengasse.
    „Wohin darf ich Sie bringen?“ fragte Thom Harban höflich. „Es ist klar, daß ich Sie heimbegleite. Wo wohnen Sie denn?“
    Angela Sirion nannte ihm rasch die Adresse. Es lief alles genauso, wie sie sich gewünscht hatte. Er ging mit ihr heim. Er würde sicher auch bei ihr bleiben wollen. Sie wußte jetzt schon, daß sie es ihm nicht abschlagen würde. Vielleicht beging er einen verhängnisvollen Fehler, der ihn endlich zu Fall brachte.
    „Wohin gehen wir denn?“ fragte sie plötzlich, „das ist doch nie und nimmer die Richtung nach Stepney.“
    Sie standen auf dem Sodom Wall. Es war völlig dunkel um sie. Der schwärzliche Nebel erstickte das Licht der Laternen. Jetzt im November gab es kaum eine Nacht, die nicht von diesen häßlichen grauen Schwaden verdunkelt war. Das Rauschen der Themse klang dumpf und eintönig zu ihnen her. Angela Sirion tastete heimlich nach der Handtasche, in der sie die Pistole trug. Er geht immer den gleichen Weg, dachte sie. Irgend etwas zieht ihn an diesen düsteren Ort. Er kommt nicht davon los.
    „Wo bleiben Sie denn?“ fragte Thom Harban mit seiner dunklen Stimme. „Gehen Sie doch weiter! Es geschieht Ihnen nichts.“
    Angela Sirion ging wirklich weiter, aber sie hielt etwas Abstand von Thom Harban. Sie ging auch nicht an der Uferseite. Sie drückte sich dicht an den Häuserwänden entlang. Dann standen sie plötzlich vor dem Mulatten Klub.
    „Würden Sie hier bitte ein paar Minuten auf mich warten?“ meinte Thom Harban verlegen. „Ich kann Sie leider nicht mit in dieses Lokal nehmen. Es ist nichts für eine junge Dame.“
    „Gehen Sie nur“, sagte Angela Sirion lächelnd. „Ich warte hier auf Sie! Es wird ja nicht lange dauern.“
    Drei Sekunden später war sie allein. Sie öffnete ihre Handtasche. Sie hielt die Pistole griffbereit. Trotzdem war ihr etwas unheimlich zumute. Sie stand ganz allein in der berüchtigten Ufergasse. Seitdem sich hier jene abscheulichen Mordfälle ereignet hatten, vermiedet? es alle Bürger ängstlich, durch diese Ufergasse zu gehen. Sie hörte den dünnen Singsang der Farbigen heraus. Kehliges Gelächter, dumpfes Stimmengemurmel. Dann kamen Schritte aus dem Hinterhof. Angela Sirium drehte sich um.
    „Na endlich, Thom“, sagte sie erleichtert. „Wenn Sie noch lange ausgeblieben wären, hätten Sie mich nicht mehr

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