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Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Titel: Kommissar Morry - Der Judas von Sodom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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stimmt.“
    „Gestern Abend“, plauderte Angela Sirion müde weiter, „ist er mit mir ausgewesen. Er führte mich zum Sodom Wall. Er hätte mich beinahe erwürgt.“
    Liz Etty riß entgeistert die blauen Augen auf. „Das ist nicht wahr“, würgte sie verstört hervor. „Das kann nicht wahr sein. Thom ist kein Mörder.“
    „Doch“, sagte Angela Sirion dumpf. „Er ist der Mann, der seinen Opfern noch einen Judaskuß schenkt, bevor er sie brutal in den Tod hetzt. Es wäre mir um kein Haar anders ergangen wie Kate Hugard und Stephanie Malet, wenn mir nicht ein Schutzengel zur Seite gestanden hätte.“
    Liz Etty sagte nichts mehr. Es war zuviel, was sie da eben gehört hatte. Sie konnte es nicht so rasch verarbeiten. Verstört und in fiebernder Eile zog sie sich an. Dann verließ sie als erste die Garderobe. Sie wußte kaum, wie sie auf die Straße kam. Umsonst spähte sie nach Thom Harban aus. Er war nicht da. Sie konnte nirgends seine hochgewachsene Gestalt erkennen. Vielleicht treffe ich ihn in der Teestube, dachte sie bedrückt. Er muß mir Rede und Antwort stehen. Er muß diesen entsetzlichen Verdacht zerstreuen. Ich könnte sonst nie wieder mit ihm zusammen sein. Wie eine Irre lief sie durch die Straßen. Atemlos und verschwitzt kam sie in der Teestube an. Sie riß hastig die Tür auf. Mit fiebernden Blicken suchte sie die Polsternischen ab. Mit zerrissenen Gefühlen musterte sie die Gesichter der Gäste. Da entdeckte sie ihn plötzlich. Er aß in der vorletzten Nische. Er blickte ihr lächelnd entgegen. Sein dunkles Gesicht verriet deutlich die Freude, die er über ihr Kommen empfand.
    „Ich wollte nicht vor der Austern Bar auf dich warten“, sagte er zur Begrüßung. „Ich wußte, daß du kommen würdest. Deshalb habe ich hier auf dich gewartet.“
    „Hast du einen besonderen Anlaß, die Austern Bar zu meiden?“ fragte Liz Etty beklommen.
    Thom Harban zuckte mit den Achseln. „Es sieht nicht gut aus, wenn man immer dort herumsteht. Man macht sich verdächtig. Die Polizei ist hinter allen Männern her, die ein Mädel aus der Austern Bar zur Freundin haben.“
    Das klang eigentlich ganz glaubhaft. Aber Liz Etty blieb diesmal argwöhnisch. Sie wollte sich nicht wieder mit leeren Worten abspeisen lassen. „Wen liebst du eigentlich?“ fragte sie mit schwerem Atem. „Sag mir die Wahrheit, Thom. Wen liebst du?“
    „Dich.“
    Er sagte das so ruhig, als wäre es die natürlichste Sache von der Welt. Er blickte sie zärtlich dabei an. Er wollte nach ihrer Hand greifen, aber Liz Etty entzog sie ihm rasch.
    „Warum bist du dann gestern mit Angela Sirion ausgegangen?“ fragte sie mißtrauisch.
    „Durfte ich das nicht?“
    Sie blickte ihn hilflos an. Am liebsten wäre sie ihm um den Hals gefallen und hätte ihn nie mehr freigegeben. Sie liebte ihn doch. Sie war ihm von Anfang an verfallen.
    „Ist es wahr, daß du mit Angela Sirion über den Sodom Wall gingst?“
    „Ja, das stimmt.“
    „Dort bist du über sie hergefallen und hättest sie fast erwürgt. Gibst du das zu?“
    „Nein“, sagte Thom Harban grübelnd. „Das ist nicht wahr.“
    „Du könntest das beschwören?“
    „Ja!“
    Seine Versicherung genügte Liz Etty. Sie glaubte ihm. Weil sie ihm glauben wollte.
    „Du solltest immer bei mir bleiben“, sagte sie bedrückt. „Ich finde mich allein einfach nicht mehr zurecht. Es ist alles so schwer in der letzten Zeit. Wann werden denn diese entsetzlichen Morde einmal auf hören.“
    „Bald“, sagte Thom Harban zuversichtlich. „Ich habe es im Gefühl.“
    Kurz vor Mitternacht brachen sie auf. Sie wanderten langsam auf die Artistenpension zu, in der Liz Etty noch immer wohnte. Sie hatten das Haus schon fast erreicht, da blieb das Mädchen plötzlich stehen. „Ich weiß nicht, ob du mich verstehst“, murmelte sie in seltsamer Erregung, „aber ich kann heute einfach nicht allein sein. Du mußt bei mir bleiben, Thom. Willst du das tun?“
    Er blickte sie fragend an. Zärtlich legte er beide Arme um sie. „Es wird nicht gehen“, meinte er bedauernd. „Die meisten deiner Kolleginnen wohnen in dieser Pension. Sie würden mich vielleicht sehen. Das aber könnte deinem Ruf schaden“.
    „Ich muß ja nicht unbedingt in die Artistenpension zurückkehren“, meinte Liz Etty zaudernd. „Komm mit! Wir wollen ein Stück weitergehen.“ Sie wanderten auf Shadwell zu. Zur Linken lag das London Dock. Schäbige Häuser und verkommene Kneipen säumten die Straßen ein. Dann kam ein kleines Hotel in

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