Kommissar Morry - Die Todesstrasse
daß er ein Zimmer zugewiesen bekommt. Auch werde ich versuchen, seinen Aufenthalt hier so schnell wie möglich, hm, überflüssig zu machen."
Noch einmal hielt Kommissar Morry dem Doc die enorme Wichtigkeit, die die Aussage des Verletzten für die Polizei haben könne, vor Augen. Dann sagte er sich persönlich zu einem Besuch am folgenden Tage an und legte den Hörer auf die Gabel zurück. So gern er auch gewußt hätte, welche Nachrichten und Neuigkeiten der nun im Spital liegende Mann für ihn hatte, so mußte er sich allein schon aus menschlichen Erwägungen heraus so lange gedulden, bis dieser Mann wieder so weit hergestellt war, daß ihm ein Verhör keinen Schaden mehr zufügen konnte. Ja, da war vorerst nichts zu machen!
Während Kommissar Morry über das eben Erfahrene nachdachte, fuhr ein aus dem Bett geholter Konstabler zum Queen Eliz Hospital. Schon kurze Zeit nach seinem Eintreffen rief er seinen Chef an: „Hier spricht Clay Deverell", begann er.
„Morning, Clay", begrüßte Morry seinen Konstabler freundlich. Er meinte dann mit ernster Stimme: „Es ist wohl mal wieder soweit? Gestern haben wir den verdammten Giftmordfall zu Ende gebracht und heute müssen wir schon wieder an die Arbeit gehen. Wir beide werden wohl, wenn es so weitergeht, ein Dauerquartier in der Victoria-Street nehmen müssen."
„Die gleichen Worte hat mir meine treue Vivian vorhin, als ich sie verließ, auch schon an den Kopf geworfen", erwiderte der Konstabler trocken. Nach dieser kurzen privaten Unterhaltung kam der Leiter des Sonderdezernats auf den Grund zu sprechen, der ihn veranlaßt hatte, seinen Konstabler ins Queen Eliz Hospital zu beordern. Aufmerksam hörte sich der Konstabler die Erklärungen seines Chefs an. Als dieser geendet hatte, war er bereits ganz bei der Sache: „Okay, Sir! — Dann werde ich mich mal zunächst davon überzeugen, ob es auch wirklich unser Mann aus dem District Isleof-Docks ist, der hier eingeliefert wurde."
Es war der richtige Mann! Ebenso wie Kommissar Morry waren auch seiner rechten Hand, dem Konstabler Clay Deverell, alle die Männer bekannt, die hin und wieder für ihr Dezernat als Zuträger arbeiteten.
„Well, Sir!" meldete der Konstabler kurze Zeit später seinem Chef. „Kein Zweifel! Es ist David Brown, es ist unser Mann. Aber so, wie diese Burschen ihn fertiggemacht haben, nun, da habe ich keinen Zweifel, daß er irgendeiner dunklen Sache auf die Spur gekommen ist und dabei überrascht wurde!"
„Das dachte ich mir schon", gab Kommissar Morry zurück. „Bleiben Sie also dort und versuchen Sie herauszufinden, wer es war, der ihn zusammenschlug und was Brown erfahren hat."
Die Frage nach dem Täter sollte noch lange ungeklärt bleiben.
Noch lag der Mann, der diese Frage vielleicht beantworten konnte, ohne Besinnung in einem weißen Metallbett des Queen Eliz Hospitals. Selbst wenn ihm das nicht widerfahren wäre, was er in dieser Nacht über sich ergehen lassen mußte, so war diese Frage von ihm einfach nicht zu beantworten. Auch David Brown, der Zinker, wußte den Namen dieses Riesen nicht, der ihn überrumpelt hatte, als er seinen Lauscherposten in der Milligan-Street ergebnislos gerade aufgeben wollte. Nur den genauen Ort der Mißhandlung hätte er nennen können. Allein schon damit hätte er der Polizei einen wichtigen Fingerzeig geben können.
Doch wie gesagt: Wenn er nicht von den beiden brutalen Gangstern so sehr mißhandelt worden wäre, daß er zeitlebens einen Schaden zurück behalten sollte.
Doch das wußte in diesem Augenblick weder er selbst noch der sich in seiner Nähe aufhaltende Konstabler Clay Deverell — oder gar der Arzt, der mit seiner Diagnose ,Schädelbruch' bereits angedeutet hatte, wie schwer David Brown verletzt worden war. So blieb allen Beteiligten nichts anderes übrig, als zunächst abzuwarten, bis der Tag anbrach, der das Erwachen des Mißhandelten vermutlich bringen würde.
*
Dieser Zeitpunkt war nicht mehr fern. Während Konstabler Clay Deverell sich von einer adretten, weiß bekleideten Nurse das Frühstück servieren ließ, erwachte mehr und mehr das Leben und Treiben auf den langen Gängen des Queen Eliz Hospitals.
Noch immer umfing ein ohnmächtiger Schlaf den zerschlagenen Körper David Browns. Stunde um Stunde untätigen Wartens verging. Eine ebenfalls unruhige und schlaflose Nacht schien auch Frankie Suffolk hinter sich zu haben. Auch er war bereits zu einer für seine Kreise ungewöhnlich frühen Zeit auf den Beinen.
Zusammen mit
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