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Kommissar Morry - Die Todesstrasse

Kommissar Morry - Die Todesstrasse

Titel: Kommissar Morry - Die Todesstrasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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schien den gereizten Suffolk etwas milder zu stimmen.
    „Ein Schluck wäre nicht schlecht", meinte er und schon war seine breite Gestalt durch die Tür verschwunden. Sekunden danach hörten ihn die beiden zurückgebliebenen Männer unten im Gastraum krakeelen. Nicht mehr lange dauerte es, und auch der Wirt stieg zum Gastraum hinunter.
    „Wo ist Norma?" wollte Audie Longhson von dem allein am Tresen stehenden Gangster wissen, da er seine Nichte nirgendwo entdecken konnte.
    „Hell und damnation, Audie", griente Frankie Suffolk. „Das war direkt eine Wolke, als sie hier hereingeschneit kam. Ich muß schon sagen, mit dieser Figur gehört sie zum Film! Eine Figur, Teufel auch! Und sie hatte ein Dingsda an, ein, nun eben so etwas ganz Dünnes, Durchsichtiges! Teufel, mich hat der Anblick bald umgeworfen!"
    „Red keinen Unsinn!" fuhr der Budiker verärgert dem Slumrobber ins Wort. „Was heißt hier durchsichtig und so? Norma müßte schon seit Stunden auf den Beinen sein! Also kann sie dir nicht im Nachthemd erschienen sein! Was soll dein konfuses Gerede?"
    „Konfuses Gerede ist gut", lachte der Gangster. „Ich bin vielleicht nicht gut genug für sie, um sie häufiger in diesem Aufzug zu sehen. Dafür hat sie ja auch diesen Gentleman mit dem Wagen. — Aber wenn du glaubst, daß sie besser ist als die anderen Ladies aus deinem Stall, dann irrst du dich gewaltig. Der feine Herr wird schon wissen, warum er sich an deine Nichte hält. Aber, lassen wir das jetzt. Geh doch mal in ihr Zimmer, dann wirst du sehen, daß sie auch eben erst, genauso wie du, aus den Federn gekrochen ist!"
    Wütend über die geschäftliche Interesselosigkeit seiner Nichte wandte sich der Budiker ab und verschwand hinter einer Tür, die einen langen Gang absperrte.
    Schon hatte der bisher schweigsame Charles Brey ein spitzes Wort für seinen Komplicen auf der Zunge, als sich die Tür erneut öffnete und Audie Longhson mit wütendem Gesicht wieder erschien.
    „Oh, diese Weiber!" knurrte er. „Da glaubt man, wenigstens eine vernünftige Person unter seinem Dach zu haben! Dazu noch eine, in deren Adern das gleiche Blut fließt. —- Und was muß man mehr und mehr feststellen? Die feine Dame feiert die halbe Nacht mit einem verfluchten Kerl und kommt am anderen Morgen nicht aus dem Bett!"
    „Sprich dich getrost aus", stichelte der Gangster und grinste dabei seinen Komplicen breit an.
    Doch dieser machte der sich hier anbahnenden Auseinandersetzung ein Ende. „Es ist Zeit, daß wir gehen", sagte er und gab damit das Aufbruchsignal.
    In der nächsten Minute traten die drei Gestalten in den empfindlich kühlen Morgen hinaus. Ihr Abenteuer konnte beginnen.
    Im Vorgefühl ihres baldigen Reichtums, den sie in weniger als zwei Stunden mit dem Besitz des Päckchens, das zur Stunde noch in dem einsamen Haus der Silver-Walk lag, zu haben glaubten, und in Anbetracht des für ihr Vorhaben sehr günstigen Wetters, waren alle drei Gauner bester Laune.
    Bald hatten sie zu Fuß die Trinidad-Station der Underground-Railways erreicht. Von hier aus fuhren sie in wenigen Minuten bis zur Shadwell-Station, stiegen um und weiter ging es unter dem Fluß hindurch in südlicher Richtung. Waren sie bisher mehr oder weniger gelassen, diese drei Gestalten, die so einfältig waren und glaubten, sie brauchten sich nur den Weg zur Silver-Walk zu machen und schon würde ihnen ein riesiges Vermögen sicher sein, so erfaßte sie zum erstenmal doch so etwas wie Nervosität, als die Underground Railways in der Surrey-Docks-Station hielt.
    Sie waren am Ziel ihrer Underground-Fahrt.
    Von nun an gingen sie den gleichen Weg, den wenige Stunden zuvor der Mann gegangen war, der vor ihnen das Päckchen aus dem Versteck holen wollte und dessen Leiche nun in der Grube am Silver-Walk lag. Würde es ihnen auch so ergehen, wenn sie ihre Hände nach dem geheimnisvollen Päckchen ausstreckten? Wer konnte es wissen? Noch ahnten sie nicht, was sich in der Zwischenzeit schon alles in der Silver-Walk zugetragen hatte. Noch ahnten sie nichts von der Anwesenheit des Todes, der in dieser Straße drohte. Langsam, Schritt für Schritt, näherten sich die drei Gauner — auch Audie Longhson war in dieser Beziehung kein ganz unbeschriebenes Blatt — der Rotherhithe-Street; es war das ideale Wetter für ihr Vorhaben. Das Wetter war aber auch ideal für einen Menschen, der nach einer heimtückischen Tat spurlos untertauchen möchte. Keiner von ihnen bemerkte es, daß es zwischen ihnen schon eine geraume

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