Kommissar Morry - Die Todesstrasse
Knien in der Faust des Riesen hing, verwarf er wohl drei oder vier Gedankengänge und fand immer noch nicht den wirklich rettenden Einfall.
Dann aber wurde er zunächst einer Antwort enthoben. Er bekam noch eine kurze Frist. Fiel ihm innerhalb dieser Zeit auch noch nicht die rettende Erklärung ein, dann...
Die beiden Gauner schleppten ihn nämlich durch eine Hintertür in das Innere des Anbaues. Doch nicht das Billardzimmer war ihr Ziel, er wurde von den beiden Männern in eine Art Abstellraum gezerrt. Dunkelheit und modrige Luft umfing ihn. Während er über Kisten und Gerümpel stolperte, wurde hinter ihm die Tür zugeworfen und verriegelt. Mit zusammengekniffenen Lippen überdachte er seine Lage. Hatte er eben noch angenommen, nur noch eine Minute Gnadenfrist zu haben, so hatte sich nun seine Lage wesentlich verändert. Wieviel Minuten es jetzt noch werden konnten, bis man ihm die alles entscheidende Frage vorlegte, wußte er nicht.
Eines stand jedoch fest: er war hier eingesperrt und kein Außenstehender würde einen Finger krumm machen, um ihn hier herauszuholen. Nicht einmal, und auch darüber war er sich in dieser Minute im klaren, auf die Hilfe des Yards war zu rechnen. Im günstigsten Falle würde man nach mehreren Tagen nach ihm zu forschen beginnen. Wie aber sollten sie ausgerechnet hier auf dieses Loch stoßen, in dem er sich jetzt befand? Es war absurd, auf irgendwelche Hilfe von außerhalb zu hoffen. Er hatte sich die Sache selber zuzuschreiben, also mußte er auch selbst sehen, daß er einigermaßen heil aus dieser Situation hier wieder herauskam...
Grimmig lachte er, trotz seiner heiklen Lage, als er auf der Suche nach etwas Rauchbarem in seinen Taschen knisternde Scheine, den Lohn seiner Spitzelarbeit, zwischen die Finger bekam. Nicht so sehr der Umstand, das Geld noch zu besitzen und im Augenblick nichts damit anfangen zu können, ärgerte ihn. Er hatte eine
ohnmächtige Wut, weil er ausgerechnet von einem Angehörigen jener von ihm zu überwachenden Gang erwischt worden war. Jetzt, so nahe an seinem Ziel — die gehörten Andeutungen des Riesen hatten es ihn deutlich erkennen lassen, daß er auf der richtigen Spur war — passierte ihm dieses Mißgeschick! Würde er jemals seine Entdeckung Scotland Yard vermitteln können? Diese Frage beschäftigte ihn mehr als alles andere. Selbst mehr als die gewiß nicht unbegründeten schlechten Vorahnungen über sein weiteres Schicksal. Noch viele Gedanken machte sich der Mann in dem finsteren Verlies. Wer war eigentlich dieser riesige Kerl, unter dessen Händen er wie ein Spielball hin und hergetaumelt war? Irgendwo glaubte er diesen bullenstarken Burschen schon einmal gesehen zu haben. Aber wo und wann?
Lange grübelte der Zinker über diese Fragen nach. Alle ihm bekannten Unterweltler, es waren wirklich nicht wenig, ließ er im Geiste vor sich aufmarschieren.
Nun, zu einer hier in den Slums der Stadt wirkenden Gang gehörte dieser Mann seines Wissens nicht. Sehr viel Zeit zum Nachdenken blieb ihm aber nicht mehr, denn unvermittelt wurde der Verschlag wieder aufgerissen und das Licht aus zwei starken Stablampen blendete ihn. Während er die Hände schützend vor die Augen legte, begannen die Erschienenen sich auf ihn zu stürzen.
Nur noch die Worte: „Damit du in Zukunft deine Nase nicht mehr in Dinge hineinsteckst, die dich nichts angehen, wirst du jetzt eine Lektion erhalten, die dich für immer von derartigen Lauschereien heilt", hörte er.
Und dann traf ihn auch schon der erste harte Schlag am Kopf. Unfähig, auch nur noch eine Abwehrbewegung auszuführen, mußte er weitere Fausthiebe über sich ergehen lassen. Bereits der dritte Schlag, der ihn an der Halsschlagader traf, raubte ihm die Besinnung.
8
Als in Kommissar Morrys Privatwohnung das Telefon zu läuten begann, fuhr der Officer leicht verstört in die Höhe. Wenige Augenblicke mußte er zunächst überlegen, wo er sich befand, warum überall gedämpftes Licht brannte. Automatisch griff seine Rechte nach dem Apparat, der ihn aus einem traumlosen Schlaf gerissen hatte. Als er sich am Telefon meldete, war er wieder voll in die Wirklichkeit zurückgekehrt.
Hatte er zunächst angenommen, bereits viele Stunden fest geschlafen zu haben, so überzeugte ihn ein Blick auf seine Uhr, daß es nur knapp zwei Stunden waren, die er hier in seiner Wohnung verbracht hatte. Erst weit nach Mitternacht war er, vom Headquarter kommend, in der Wohnung eingetroffen. Der Abschluß des Falles, die restlose
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