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Kommissar Morry - Ich habe Angst

Kommissar Morry - Ich habe Angst

Titel: Kommissar Morry - Ich habe Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Bruchteil einer Sekunde. Dann kam der Angriff, den er längst erwartet hatte. Er traf ihn so plötzlich, daß er keine Zeit zur Verteidigung fand. Ein krachender Hieb zerschmetterte ihm beinahe den Kopf. Es war ein Schlag, der ihn augenblicklich kampfunfähig machte. Er stürzte gegen eine scharfe Kante und schlug dann schwer auf dem Boden auf. Er stürzte in die düstere Nacht einer tiefen Ohnmacht. Er wußte nicht mehr, was ringsum geschah. Er hörte nichts mehr. Seine leeren Augen konnten den Angreifer nicht erkennen. Er spürte auch keine Schmerzen mehr. Als er wieder zu sich kam, war er noch immer unfähig, sich zu bewegen. Er wußte überhaupt nicht, wo er war. Sein Hirn war wie ausgebrannt. Der Kopf hämmerte unter unerträglichen Schmerzen. Was ist denn hier überhaupt los, dachte er mit bleiernen Gedanken. Warum brennt denn da ein Feuer? Warum verscheucht niemand diesen qualmenden Rauch? Ich ersticke ja. Ich bekomme keine Luft mehr. Diese Hitze macht mich verrückt. Die Flammen sind ja schon ganz nahe. Er stierte aus entsetzten Augen auf die Tür, die ins Wohnzimmer führte. Züngelnde Flammen krochen über das spröde Holz. Gierig fielen sie über den Lack her. Gefräßig sprangen sie auf die Möbel im Flur über. Der rote Wolläufer begann zu brennen. Schwelender Rauch lagerte über dem Boden. Er trieb Jack Havard die Tränen in die Augen. Er würgte ihn in der Kehle. Er nahm ihm den Atem. Halb irrsinnig vor Grauen stierte Jack Havard in den lodernden Brand. Ich gehe hier elend vor die Hunde, dachte er in panischem Entsetzen. Es wird sich niemand finden, der mich aus diesem Inferno rettet. Wenn ich mir selbst nicht helfen kann, bin ich verloren. Es wird keine fünf Minuten mehr dauern, dann werde ich genauso daliegen wie Henry. Ich werde um kein Haar anders aussehen wie er. Man hat uns das gleiche Schicksal zugedacht. Das kann kein Zufall mehr sein. Es ist die Regie eines abgefeimten und kaltblütigen Teufels. Mit letzten Kräften versuchte Jack Havard, in Richtung der Flurtüre zu kriechen. Heiß und sengend strich die Brandluft über ihn hin. Hungrig faßten die Flammen nach seinen Kleidern. Er wollte sich erheben, um die Klinke niederzureißen und die Tür aufzustoßen. Aber er hatte nicht mehr die Kraft dazu. Der stechende Qualm fiel wütend über ihn her. Er war gefangen in einer Hölle. Es gab keinen Ausweg mehr für ihn. Er fiel taumelnd zurück. Dann war wieder Nacht um ihn. Die beklemmende Nacht der Besinnungslosigkeit, die dem Tod bereits näher stand als dem Leben.

    5

    Als Jack Havard zehn Stunden später die Augen aufschlug, lag er in einem weißen Bett. Durch die Fenster des Krankenzimmers blickte ein regnerischer Oktobervormittag. Von den Scheiben rannen die Tropfen nieder. In den Dachrinnen plätscherte eintönig das Wasser. Als Jack Havard den Kopf zur Seite wandte, sah er einen fremden Herrn an seinem Bett sitzen. Er hatte den Mann noch nie zuvor gesehen. Er trug einen Regenmantel, war knochig und hager und besaß ein ernstes, zergrübeltes Gesicht. Forschend lagen seine Blicke auf dem Verletzten.
    „Wer sind Sie?" fragte Jack Havard stirnrunzelnd. „Wo bin ich hier überhaupt? Was ist geschehen?"
    „Alles der Reihe nach", sagte der Fremde und verzog das ausgehöhlte Gesicht zu einem dünnen Lächeln. „Ich bin Inspektor Palmer von Scotland Yard. Man hat Ihnen vielleicht gesagt, daß ich Jagd auf einen gewissen Henry Boswell machte. Diese Jagd verlief allerdings erfolglos. Der Tod ist mir zuvorgekommen."
    Jack Havard gab keine Antwort. Die Worte plätscherten sinnlos wie der Regen an seinem Ohr vorüber. Sein Hirn war gähnend leer.
    „Sie haben noch einmal Glück gehabt", sprach der Inspektor weiter. „Die Feuerwehr rettete Sie buchstäblich in der letzten Sekunde aus der brennenden Wohnung. Sie sind nicht ernstlich verletzt, Mr. Havard. Ich glaube, daß Sie schon morgen das Hospital verlassen können."
    Der Inspektor machte eine kurze Pause, dann sagte er: „Sie haben zur Zeit Urlaub, nicht wahr?"
    „Ja, das stimmt."
    „Warum fahren Sie dann nicht weg, Mr. Havard? In Schottland, zum Beispiel, wären Sie viel sicherer als hier. Ueberlassen Sie es doch uns, das Geheimnis um den Tod Ihres Vetters zu lösen. Wir werden dafür bezahlt. Sie aber stürzen sich nur mutwillig in Gefahr."
    „Ich dachte mir nichts dabei", murmelte Jack Havard geistesabwesend. „Ich besitze für die Wohnung Henrys einen Schlüssel. Warum hätte ich nicht einmal dort nachsehen sollen? Ich suchte nach

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