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Kommissar Morry - Ich habe Angst

Kommissar Morry - Ich habe Angst

Titel: Kommissar Morry - Ich habe Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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erkannte sie den Mann, der sie wie ein Strauchdieb überfallen hatte. Es war Alban Lampard. Er trug wieder den dunkelgrauen Regenmantel, der ihn so plump und häßlich machte. Sein Gesicht war ein weißer, verschwommener Fleck.
    „Benehmen Sie sich nicht so albern", zischelte er wütend. „Was soll denn dieses fade Getue? Ich hoffe, Sie kennen mich noch."
    Lydia Brandon ließ müde die Arme sinken. „Ja, ich kenne Sie noch, Mr. Lampard", flüsterte sie tonlos. Ihr Gesicht überzog sich mit grauer Farbe. Obwohl sie doch erst fünfundzwanzig Jahre alt war, wirkte sie in diesen Sekunden alt und verbraucht.
    „Was wollen Sie von mir, Mr. Lampard?" fragte sie unruhig. Sie mußte eine ganze Weile auf Antwort warten. Geduckt und ängstlich stand sie vor dem sonderbaren Mann.
    „Wie geht es Ihnen bei Norbert Scott? Haben Sie eine Klage vorzubringen? Oder verläuft alles nach Ihrer Zufriedenheit?"
    Lydia Brandon hob ratlos die Schultern. „Wie soll es mir schon gehen", murmelte sie bitter. „Ich tue meine Arbeit. Ich werde anständig bezahlt. Ich bekomme zu essen und zu trinken was ich will."
    „Und Norbert Scott?" fragte Alban Lampard lauernd. „Wie verhält er sich Ihnen gegenüber? Diktiert er Ihnen nur in die Maschine? Oder sagt er auch sonst noch was?"
    Lydia Brandon kräuselte spöttisch die roten Lippen. „Ich weiß, was Sie von mir hören wollen, Mr. Lampard", brach es aus ihr heraus. „Sie haben sich auch nicht verrechnet. Es ist alles so eingetroffen, wie Sie erwartet haben. Mr. Scott verfolgt mich auf Schritt und Tritt. Er ist ewig hinter mir her. Er läßt mich nicht einmal nachts in Ruhe. Er machte mir sogar schon einen Heiratsantrag."
    Alban Lampard streifte sie mit dem giftigen Blick einer Schlange. „Na und? So heiraten Sie ihn doch!"
    Lydia Brandon streckte unwillkürlich die Hände aus. Es war eine rührende Geste der Abwehr. Aber was sollte ihr dieses Sträuben schon nützen. Sie mußte ja doch tun, was Alban Lampard befahl.
    „Mr. Scott ist siebenundfünfzig Jahre alt", sagte sie mit matter Stimme. „Ich könnte seine Tochter sein. Der Altersunterschied zwischen uns beträgt über dreißig Jahre."
    Alban Lampard trat einen Schritt auf sie zu. Sein Atem ging hastig. Er streckte die Arme nach ihr aus.
    „Ich würde es tun", zischelte er eindringlich. Seine Worte klangen nicht wie ein Vorschlag, sondern wie ein Befehl. Die Stimme wurde scharf und zwingend.
    „Heiraten Sie ihn doch. Sie werden reich werden. Mr. Scott besitzt ein Haus, er hat ein ziemliches Vermögen zusammengescharrt, und das alles wird einmal Ihnen gehören. Schlagen Sie ihm vor, eine beiderseitige Lebensversicherung abzuschließen. Sagen wir auf zwanzigtausend Pfund. Mr. Scott kann die hohe Prämie ruhig bezahlen. Er hat Geld genug. Und wenn er dann eines Tages sterben sollte ..."
    „Warum sollte er sterben?" fragte Lydia Brandon ahnungslos. „Er ist sehr rüstig für sein Alter. Er sitzt zu Pferde wie ein junger Ulanenoffizier und geht fast jeden Morgen auf die Jagd ..."
    „Was besagt das schon?" brummte Alban Lam- pard verächtlich. „Deshalb kann er doch früher sterben, als irgend jemand denkt. Ich glaube, es würde sich auch niemand in Mala Green über seinen frühen Tod ärgern. Höchstens die Lebensversicherungsgesellschaft . . .
    Lydia Brandon wich einen Schritt zurück. Sie flüchtete sich in einen dunklen Winkel der Hecke.n „Ist er denn krank?" fragte sie beklommen.
    Alban Lampard ließ ein häßliches, blechernes Lachen hören. „Hm. Vielleicht ist er krank. Aber seien Sie ohne Sorge, Miß Brandon! Seine Krankheit ist nicht ansteckend. Er wird allein sterben. Ich habe eine gewisse Ahnung, als würden Sie ihn um ein paar Jahrzehnte überleben."
    Lydia Brandon wußte auf solche Worte nichts zu sagen. Sie fürchtete sich vor dieser blechernen Stimme. Sie ängstigte sich vor dem triefenden Hohn und den frivolen Redensarten. Sie haßte dieses weiße, ausdruckslose Gesicht, diese verquollenen Züge, die verwischten Konturen des aufgeworfenen Mundes.
    „Kann ich jetzt gehen?" fragte sie kleinlaut.
    „Warum nicht?" murmelte Alban Lampard mit einem schillernden Seitenblick. „Kehren Sie zurück zu Mr. Scott. Sagen Sie ihm, daß Sie sich für einen Zeitvertreib zu schade sind. Wenn er Sie schon besitzen will, dann soll er Sie heiraten. Am besten bestimmen Sie gleich den Termin der Hochzeit..."
    Lydia Brandon vernahm diese Worte nur noch im Unterbewußtsein. Sie war schon draußen auf der Straße. Sie lief, so rasch

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