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Kommissar Morry - Ich habe Angst

Kommissar Morry - Ich habe Angst

Titel: Kommissar Morry - Ich habe Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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erbleichte. Ihre Lippen waren jetzt wieder zu einem schmalen Strich verkniffen. Die dunklen Augen blickten stumpf und erloschen.
    „Wie heißt denn die Braut?" fragte Jack Havard in das beklommene Schweigen hinein. Der dicke Wirt zuckte mit den Achseln.
    „Niemand weiß das, Sir! Da müßten Sie Mister Scott schon selbst fragen. Wir sind jedenfalls froh, daß wir ihn los werden."
    Der behäbige Wirt hatte sich kaum entfernt, da griff Lydia Brandon hastig nach ihrem Weinglas. Sie nahm einen raschen Schluck.
    „Sie wollen wissen, wer die Braut Norbert Scotts ist", sagte sie mit brüchiger Stimme. „Sie brauchen nicht lange herumzuraten. Ich bin es."
    „Sie?"
    „Ja. Ich. Norbert Scott hat mein Wort. Er hat bereits das Aufgebot für uns bestellt. Die Hochzeit ist Ende nächster Woche. Es läßt sich nicht mehr ändern."
    Jack Havard starrte sie an, als hätte er ihre Worte nicht begriffen.
    „Sind Sie denn wahnsinnig?" knirschte er grimmig. „Wissen Sie denn überhaupt noch, was Sie tun? Sie sind kaum fünfundzwanzig Jahre alt, und dieser widerliche Schürzenjäger ..."
    „Ersparen Sie sich doch diese Worte, Mister Havard. Sie haben keinen Sinn, wirklich nicht. Und dieses Wort werde ich halten."
    „Lieben Sie ihn denn?" fragte Jack Havard verständnislos.
    Auf diese Frage wußte Lydia Brandon keine Antwort. Sie schwieg. Ihr Gesicht war blaß und durchsichtig. Ein bitteres Zucken lief um ihre Mundwinkel, als litte sie unter quälenden Schmerzen. „Warum tun Sie es dann?"
    „Ich muß doch, Mister Havard. Verstehen Sie das denn nicht? Ich muß Alban Lampard gehorchen. Er hat die Macht, mich zu allem zu zwingen."
    „Nein. Diese Macht hat er nicht", fuhr Jack Havard zornig auf. „Wenn er Sie erpreßt hat, dann brauchen Sie nur mit mir zur Polizei zu gehen und dort ehrlich Farbe bekennen. Dann sitzt dieser Schurke schon morgen sicher hinter Schloß und Riegel. Verlassen Sie sich darauf."
    „Das geht doch nicht", sagte Lydia Brandon gequält. „Wenn es so leicht wäre, hätte ich selbst schon nach einem Ausweg gesucht." Jack Havard gab nicht so rasch den Kampf auf.
    „Warum lassen Sie sich denn erpressen?" fragte er kopfschüttelnd. „Haben Sie einen dunklen Punkt in Ihrem Leben? Fürchten Sie sich vor der Polizei? Ließen Sie sich vielleicht in ein Verbrechen ein, das nur Alban Lampard bekannt ist?"
    Lydia Brandon gab keine Antwort. Sie rückte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her.
    „Wollen wir nicht gehen?" fragte sie bedrückt.
    Jack Havard warf ein paar Münzen auf den Tisch und erhob sich. Er begleitete Lydia Brandon hinaus. Er ging mit ihr zur grauen Villa. Vor dem Gartentor blieb er stehen.
    „Sie haben noch eine Woche Zeit, Miß Brandon", sagte er eindringlich. „Überlegen Sie es sich noch einmal. Hier ist meine Adresse und die Telephonnummer. Rufen Sie mich an, wenn Sie mich brauchen. Ich werde immer für Sie da sein."
    Er hatte kaum ausgesprochen, da hörten sie ein knisterndes Geräusch nebenan in der Hecke. Durch die Zweige der Sträucher starrte ein ausgehöhltes Gesicht zu ihnen her. Es war knochig und abgemagert. Zwei fiebrig brennende Augen blickten stechend zu ihnen hin.
    „Wer ist das?" fragte Jack Havard verwirrt.
    „Es ist mein Bruder", sagte Lydia Brandon tonlos.

    9

    Es war drei Wochen später. Die Hochzeit zwischen Norbert Scott und Lydia Brandon hatte in aller Stille stattgefunden. Keine lärmenden Gäste, kein festlicher Hochzeitsschmaus, keine Reise in die Flitterwochen. Dennoch fühlte sich Norbert Scott als stolzer Besitzer einer bildschönen jungen Frau. Er benahm sich wie ein verliebter Junge. Er war kindisch darauf bedacht, seiner neuvermählten Gattin jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Abends saßen sie unten in der Halle zusammen. Ganz allein. Die Haushälterin hatte Urlaub bekommen. Niemand störte die ersten Stunden ihrer Ehe. Der Kamin strahlte behagliche Wärme aus. Norbert Scott hatte ein paar uralte Flaschen aus dem Keller geholt und füllte nun unablässig die Gläser. Er war schon etwas angeheitert und plauderte ununterbrochen.
    „Falls mir einmal etwas zustoßen sollte", sagte er, „bist du für dein ganzes Leben aller Sorgen enthoben. Ich habe bereits vorgestern bei meinem Anwalt ein Testament hinterlegt, in dem geschrieben steht, daß du die alleinige Erbin meines Besitzes bist. Ich habe auch eine Lebensversicherung bei der Continental abgeschlossen. Die hohen Prämien stören mich nicht. Du würdest für mich eine Sterbesumme von zwanzigtausend Pfund

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