Kommissar Morry - Lautlos kommt der Tod
Sie, was Sie wollen", sagte er mißgelaunt, „aber denken Sie stets daran, Halley, daß der Artist ein nicht zu .unterschätzender Gegner ist."
„Ich habe alles einkalkuliert", entgegnete überheblich der Beamte, „also so long!"
Die Unterredung mit den anderen Beamten dauerte nicht mehr lange. Kommissar Morry erhob sich aufseufzend, als ein Telefonanruf ihn zu Kriminalrat Hunter beorderte. Es war für Ihn kein angenehmer Weg, und ,so schritt er mit ernstem Gesicht durch die langen Wandelgänge und zögerte eine Sekunde, bevor er an die Zimmertür des höchsten Beamten klopfte. Zu seiner Überraschung empfing ihn Allan Hunter überaus gnädig, schenkte ihm sofort einen Whisky ein, deutete auf die Zigarettenschachtel und sagte: „Bitte, bedienen Sie sich, Kommissar Morry."
Mißtrauisch betrachtete Morry den Gewaltigen. Was hatte diese verbindliche Liebenswürdigkeit zu bedeuten. Aber bevor er eine Frage stellen konnte, erklang schon die sonore Stimme des Kriminalrats: „Morry", begann er, „Sie müssen den Mörder finden. Jeden Tag wird mir die Hölle heiß gemacht — — können Sie mir etwas Neues berichten?Ich weiß ja, daß Sie alles getan haben, ich weiß auch, daß Sie in den letzten drei Tagen kaum zur Ruhe gekommen sind. Aber dennoch Morry", er sah seinen besten Beamten flehend an.
„Ich stehe mit leeren Händen vor Ihnen", stöhnte Morry, und leerte mit einem Zug das Glas. „Denken Sie etwa, Herr Kriminalrat, daß es mir leicht fällt, vor Ihnen zu erscheinen und jedesmal sagen zu müssen, wir haben noch nichts erreicht! Sie haben recht, Tag und Nacht sind meine Leute auf den Beinen, wenn das noch eine Weile so weitergeht, dann muß ich neue Kräfte anfordern. Dieser Alfonso Tornado ist wie vom Erdboden verschwunden. Selbst unsere Spitzel, die eigentlich bei so einer hohen Belohnung noch nie versagt haben, sind eigenartigerweise verhalten fast möchte ich sagen: ängstlich. Ist ja auch kein angenehmes Gefühl, Herr Kriminalrat, jeden Augenblick damit rechnen zu müssen, ein Wurfmesser in den Rücken zu bekommen. Wir haben es mit einem überaus gefährlichen Mörder zu tun. Das bitterste aber ist für mich, darauf warten zu müssen, bis dieser Mordbube sich ein neues Opfer holt. Erst dann habe ich die Möglichkeit; seine Spur wieder aufzunehmen."
„Aber Morry", drängte der Kriminalrat. „Sie haben doch noch nie versagt. Sie müssen es schaffen — — Sie sind meine ganze Hoffnung. Was kann ich noch für Sie tun!"
„Eine höhere Belohnung aussetzen", kam es knapp von den Lippen Morrys. „Darin sehe ich eine Chance.“
„Ich werde heute noch mit dem Ministerium sprechen", entgegnete aufseufzend der Kriminalrat, „und Ihren Wunsch befürworten. Es liegt ja im allgemeinen Interesse."
Die Unterredung war beendet. An der Tür wandte sich Morry noch einmal ran, blickte Allan Hunter fest an und sagte mit eisiger Stimme: „Wenn wir im Laufe dieser Woche Alfonso Tornado nicht zur Strecke gebracht haben, sehe ich sehr schwarz."
„Das sagen Sie?" stieß kopfschüttelnd Kriminalrat Hunter aus. „Sie enttäuschen mich, Morry. Reißen Sie sich zusammen und beweisen Sie mir, daß man Sie nicht umsonst den erfolgreichsten Kriminalisten Scotland Yards nennt.“
„Beinahe hätte ich es vergessen", lächelte gequält Morry und verließ dann mit hängenden Schultern das Amtszimmer.
*
Die Dunkelheit war vollkommen. An einen Baum gelehnt stand ein einsamer Mann und zündete sich eine Zigarette an. Er hatte den Kragen des Mantels hochgeschlagen und den Hut tief ins Genick gedrückt. Die Glut der Zigarette verdeckte er mit der hohlen Hand. Fast eine Stunde verharrte so der Beobachtende. Endlich erklang das Gebrumm eines Autos. Wenige Sekunden danach wurde das Tor der Villa geöffnet. Ein schwarzer Luxuswagen verließ das Grundstück.
„Endlich", flüsterte der Mann am Baum und schleuderte die Zigarette, die er eben angeraucht hatte fort. Sorgfältig trat er die Glut mit dem Stiefel aus. Noch einige Sekunden wartete er, bis das Motorengeräusch verklang, dann setzte er mit einer eleganten Flanke über den hohen Zaun.
Er benahm sich sehr selbstsicher, der Eindringling, benutzte sogar den Kiesweg, der zur Villa führte. Bevor er klingelte, zog er sich ein paar dünne, schwarze Lederhandschuhe über.
Er brauchte nicht lange zu warten. Plötzlich ging die Tür auf. In diesem Moment sprang der Eindringling in den Schatten der Wand, so daß der breitschultrige Diener kopfschüttelnd einige Meter
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