Kommissar Morry - Lautlos kommt der Tod
morgen Vormittag um zehn Uhr, ja? Paßt es Ihnen da?"
„Ich komme", gab der Artist kurz zurück und begleitete Kommissar Morry bis vor die Tür. Als Morry eine Stufe beim Hinab steigen verfehlte und stolperte, rief ihm Alfonso Tornado höhnisch nach: „Sie müssen mehr auf sich achtgeben, Kommissar, sonst brechen Sie sich noch das Genick."
Nach diesen Worten knallte er die Tür hinter sich zu. Unwillkürlich blieb Morry stehen und erwartete noch einen weiteren Wutausbruch des anderen. Aber schon nach wenigen Minuten verlöschte das Licht, und so machte sich Morry auf den Heimweg.
Für heute hatte er genug, er war fast vierundzwanzig Stunden ununterbrochen auf den Beinen gewesen. Die wenigen Meter bis zu seinem Wagen legte Morry fast im Schneckentempo zurück. Plötzlich aber war seine Müdigkeit wie weggewischt. Im Nu saß er am Steuer und raste davon. Einer jähen Eingebung folgend, wollte er der Partnerin des Artisten noch einen Besuch abstatten. Er mußte klarsehen so ging es nicht weiter, und obwohl er wußte, daß die Zeit für einen Besuch bei einer Dame nicht gerade die gegebene war, zögerte er dennoch keinen Augnblick und klopfte heftig gegen die Wohnungstür. Er brauchte nicht lange zu warten. Nach wenigen Sekunden schon erklang eine müde Stimme, die danach forschte, wer Einlaß begehrte.
„Einen Moment bitte", gab Morry flüsternd zurück und schob seinen Ausweis durch den Türschlitz.
Er vernahm einen Ausruf der Überraschung, dann wurde auch schon die Tür weit auf gerissen und die Partnerin des Artisten blickte ihn befremdet an und fragte: „Ist etwas geschehen?"
„Darf ich nähertreten", gab Morry kurz zurück, und als die junge Dame beiseite trat, verneigte sich der Kommissar dankend und entschuldigte sich mit den Worten: „Seien Sie bitte nicht ungehalten, Miß Backsten, aber ich muß Sie wirklich dringend sprechen, vielleicht können Sie mir weiterhelfen, es dauert nur einige Minuten."
Er wurde von der jungen Dame in ein gemütlich eingerichtetes Wohnzimmer geführt.
„Ach verzeihen Sie, Miß Backsten, ich sehe gerade, daß Sie ein Telefon haben darf ich es bitte einen Augenblick benutzen."
Als das junge Mädchen stumm mit dem Kopf nickte, stellte Morry sofort die Verbindung mit Scotland Yard her, und als sich Inspektor Halley meldete, flüsterte er hastig: „Sie brauchen auf mich nicht mehr zu warten, Halley, ich bin im Augenblick bei Miß Mabel Backsten — ja, ja, ich erzähle Ihnen morgen ausführlich, jetzt
habe ich keine Zeit."
Nach diesem kurzen Gespräch hängte Morry ein und wandte sich wieder dem jungen Mädchen zu, das ihn mit seltsam traurigen Augen betrachtete. Die Kleine mußte geweint haben, und bestimmt hatte sie Kummer, und darum ging Morry schnell auf sein Ziel los. „Ich weiß, daß Alfonso Tornado heute Nacht bei Ihnen gewesen ist, wenigstens nach seinen Angaben, würden Sie so liebenswürdig sein, es mir zu bestätigen. Vielleicht können Sie sich auch daran erinnern, wann er Sie verlassen hat?“
„Ich weiß es nicht", schüttelte schmerzgequält das junge Mädchen den Kopf, und dann schluchzte es plötzlich auf, sank in einen Sessel und stöhnte: „Ich will ihn nie wiedersehen, er war furchtbar...“
„Wie soll ich das verstehen", forschte Morry gespannt.
„Ich habe doch nicht geahnt, daß Alfonso Tornado mich liebt", entgegnete zögernd Mabel Backsten. „Verstehen Sie mich recht, Herr Kommissar, ich habe ihm auch keinen Anlaß dazu gegeben, denn ich bin gebunden und werde im nächsten Monat heiraten."
Morry, der befürchtete, daß eich die Erregte in Einzelheiten verlieren würde, unterbrach sie fast heftig und drängte: „Bleiben wir bitte beim Thema, Miß Backsten! Wieso hat sich Alfonso Tornado Ihnen gegenüber nicht als Gentleman benommen."
„Er hat mich angeschrien, mich bedroht, und dann wollte er mich zwingen, daß ich meinem Verlobten den Laufpaß gebe. Als ich dieses unfaire Ansinnen ablehnte, raste er wie ein Besessener hier im Zimmer umher, machte mir weitere Vorwürfe, und bevor er mich verließ, rief er mir noch zu, daß er zu allem entschlossen sei. Auch wollte er noch unbedingt herausbekommen, wo mein Verlobter wohnt."
Sprachlos sah Morry die Verzweifelte an. Jetzt verstand er, warum das junge Mädchen so erregt war. Sicherlich fürchtete es sich vor Alfonso Tornado. Sie hatte auch allen Grund dazu, denn der Artist schien ja wirklich zu allem fähig zu sein, und nun war Morry mehr denn je davon überzeugt, in Alfonso Tornado
Weitere Kostenlose Bücher