Kommissar Morry - Lautlos kommt der Tod
keine leere Versprechung."
„Was ist mit Inspektor Halley", stammelte der Mann, ohne an sich selbst zu denken.
„Dem ist weiter nichts geschehen, lieber Freund, mit dir werde ich aber glimpflicher verfahren."
Ein blitzschneller Haken traf genau die Kinnspitze des Mannes, der beim Zusammenbrechen von Joe Purdon aufgefangen und behutsam niedergelegt wurde.
„Du schläfst eine ganze Weile", flüsterte der Verbrecher, nahm dem Wärter den Schlüsselbund ab, setzte sich dessen Mütze auf und warf sich das Cape über.
Es gelang Joe Purdon, unbemerkt das Untersuchungsgefängnis zu verlassen, und als der Morgen graute, befand er sich in Sicherheit.
*
Nach einer halben Stunde wurde die Flucht Joe Purdons entdeckt. Inspektor Halley war noch so benommen von der Schlag Wirkung, daß er auf alle Fragen nur stumm mit dem Kopf schütteln konnte und nicht fähig war, eine Antwort zu geben. Besorgt beugte sich Kommissar Morry, den man herbeigerufen hatte, über den Benommenen und tröstete ihn mit den Worten: „Nur ruhig, Inspektor Halley regen Sie sich
jetzt nicht auf, lassen Sie sich Zeit. Joe Purdon kriegen wir schon wieder."
„Dieser Hund", stammelte Dick Halley, „er hat mich überlistet! Aber Sie haben recht, Morry, er wird uns nicht entgehen. Durch seine Flucht hat uns Joe Purdon bewiesen, daß nur er der Mörder sein kann. Hätte er ein reines Gewissen, wäre er in seiner Zelle geblieben und hätte in Ruhe die weitere Entwicklung abgewartet."
„Sie sind sehr gutgläubig", gab Morry zu bedenken, „immerhin hat er den Einbruch zugegeben, und darauf allein würde er schon verurteilt werden."
„Ausgerechnet mir muß das passieren", knirschte Dick Halley zwischen den Zähnen.
„Das kann jedem von uns passieren", versuchte Morry ihn zu beruhigen, „nehmen Sie es nicht so tragisch, Inspektor, es ist nun mal nicht mehr zu ändern."
„Was wird morgen Krimmalrat Hunter sagen", stöhnte Dick Halley.
„Das ist gar nicht so wichtig", entgegnete Morry kurz, „seien Sie froh, daß Sie mit dem Leben davongekommen sind."
„Ich werde so schnell wie möglich, die Scharte wieder auswetzen", knurrte Dick Halley verbissen und .setzte seinen Hut auf. „Ich werde mich gleich an die Arbeit machen — — die Spur ist noch frisch. Vor allen Dingen muß ich mich mit meinen Mittelsmännern in Verbindung setzen."
„Da werde ich Sie wohl lieber begleiten", sagte Morry bereitwillig, „denn Sie sind noch keineswegs ganz auf der Höhe, Halley."
„Diese Wege muß ich allein machen", erklärte ablehnend Inspektor Halley. „Sie können sich wohl denken, Herr Kommissar, was für meine Mittelsmänner auf dem Spiel steht. Sie arbeiten nur mit mir und kein anderer als ich kennt sie. Nur unter diesen Voraussetzungen ist ein Erfolg gewährleistet."
„Wie Sie meinen", entgegnete Morry verärgert und verließ den Raum. Es war ihm zu dumm, sich dem Inspektor aufzudrängen, der seine Bereitwilligkeit anscheinend falsch auslegte.
Kaum hatte Morry hinter seinem Schreibtisch Platz genommen, als gegen die Tür geklopft wurde. „Ja, was ist denn", stieß er unwillig aus und glaubte seinen Augen nicht trauen zu dürfen, als der Taschendieb Eddy ins Zimmer huschte.
„Donnerwetter, Eddy", rief er diesem zu, „ich habe dir doch gesagt, du sollst mich nicht im Amt aufsuchen."
„Ich war vorhin schon in Ihrer Wohnung", entschuldigte sich Eddy, „na ja, was blieb mir anderes übrig, als herzukommen. Es hat mich kein Mensch gesehen."
Als Morry merkte, daß Eddy zögerte, sagte er freundlicher: „Nun sag' schon, was du auf dem Herzen hast. Neues wirst du mir ja sicher auch nicht zu berichten haben."
„Vielleicht doch", grinste der Taschendieb, „aber alles schön der Reihe nach. Ich habe also meine sämtlichen Freunde mobilisiert und kann mit gutem Gewissen behaupten, daß sich Alfonso Tornado nicht mehr in London aufhalten kann. Das wäre Punkt 1.
Und nun zu Punkt 2, Kommissar Morry, es hat sich unter uns herumgesprochen, daß Inspektor Halley Joe Purdon zur Strecke gebracht hat, und daß dem König der Unterwelt der Mord an dem Juwelier vorgeworfen wird. Glauben Sie etwa auch daran, Kommissar?" fragte er lauernd.
„Du sprichst so eigenartig, Eddy", gab Morry gedehnt zurück, „weißt du etwas über die Sache?"
Listig zwinkerte Eddy mit den Augen und sagte: „Warum sollen wir also noch weiter nach Alfonso Tornado forschen, jetzt haben Sie doch den Mörder — — oder?"
„Das ist es ja", stieß Morry erregt aus, „ich bin
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