Kommissar Morry - Lautlos kommt der Tod
verteidigen. Kein Wort aber kam aus seinem geöffneten Mund, es war mehr ein Röcheln, und es
vergingen einige Minuten, bevor er den ersten Satz formen konnte: „Mit dem Mord habe ich nichts zu tun! Den Einbruch gebe ich zu, ich wurde dazu gezwungen...“
„Vielleicht von Ihrem Komplicen Mac Rivers", höhnte der Inspektor, „der ausgerechnet nach dem Überfall seinem Leben durch Selbstmord ein Ende setzte. Auch diesen Mord werde ich Ihnen noch beweisen, Joe Purdon, aber alles schön der Reihe nach. Bleiben wir zuerst einmal bei dem Juwelier Fleming. Also wie war das mit dem großen Unbekannten, der Sie angeblich gezwungen hat, den Einbruch zu verüben."
Bei dieser Frage konnte es Dick Halley nicht unterlassen, Kriminalrat Hunter und Kommissar Morry einen triumphierenden Blick zuzuwerfen. Morry aber beachtete ihn überhaupt nicht, sondern betrachtete mit gespannter Aufmerksamkeit den König der Unterwelt, der die Nerven verloren zu haben schien. Speichel lief dem Mann aus dem Mund wie ein gehetztes Wild blickte er umher, das in eine Falle gelaufen war, aus der es kein Entrinnen gab.
„Na", spottete Inspektor Halley, „haben Sie sich ein gutes Märchen ausgedacht, das Sie uns servieren wollen? Ich warte! Es ist gar nicht so einfach, mein Guter, uns etwas Glaubhaftes auftischen zu wollen."
Müde und verzweifelt zugleich blickte Joe Purdon auf seinen Peiniger. „Ich weiß", begann er langsam, „daß Sie mir meine Geschichte nicht abnehmen werden, aber dennoch, sie ist wahr! Vor gar nicht allzu langer Zeit erwachte ich eines Nachts, weil ich das Gefühl hatte, nicht allein in meinem Zimmer zu sein. Ich hatte mich auch nicht getäuscht, denn plötzlich fiel der Strahl einer Taschenlampe auf mich und eine drohende Stimme warnte mich, Dummheiten zu machen. Ich war wirklich vor Schreck wie gelähmt, denn daß man ausgerechnet bei mir wagte, einzudringen, das hatte ich nie und nimmer geglaubt. Unabhängig der warnenden Worte des Fremden, knipste ich meine Nachttischlampe an, und im selben Augenblick zuckte ich auch schon zurück, denn haarscharf an meinem Kopf zischte ein Wurfmesser vorbei, das in die Wand einschlug. Ob sie es glauben wollen oder nicht, ich war wie gelähmt, und da sagte auch schon der Fremde — er war maskiert — daß er beim nächsten Wurf genau mein Herz treffen würde. Ein wenig richtete ich mich auf, und ganz deutlich sah ich noch ein Wurfmesser in der Hand des Mannes. Ich hatte von der ersten Kostprobe genug — — mir standen die Haare zu Berge. Obwohl ich bestimmt kein Feigling bin, wagte ich es nicht mehr, mich zu rühren."
Er schwieg einen Augenblick, und als er sah, daß die drei Beamten ihn ungläubig ansahen, fuhr er bedächtig fort: „Jedes Wort ist wahr, was ich sage, ich Joe Purdon, mußte es mir gefallen lassen, von dem Eindringling wie ein unmündiges Kind behandelt zu werden. Denn plötzlich trat der Mann auf mich zu, drückte mir die Spitze des langen Dolches auf die Brust und sagte: ,Los, gib mir mal mein Wurfmesser wieder zurück“.
„Was sollte ich machen, ich befand mich in seiner Hand und mußte seinem Befehl nachkommen. Ich mußte fest zupacken, um das Wurfmesser aus der Wand zu reißen. Er nahm es entgegen, wobei er die stählerne Klinge ergriff. Heute ist es mir klar, warum er das getan hat. Aber damit noch nicht genug, erteilte er mir den Auftrag, das Geschäft Winston Flemings auszurauben. Er hatte sehr gut vorgearbeitet, der Unheimliche, und seine Angaben stimmten bis ins kleinste. Sie wissen selbst, wie alles abgelaufen ist, nur der Unbekannte kann Winston Fleming ermordet haben!"
„Jetzt wollen wir mal die Märchenstunde beenden", herrschte ihn Inspektor Halley an, „das wird mir einfach zu albern. Was glauben Sie denn, wen Sie vor sich haben. Mit dieser Erzählung werden Sie bei den Geschworenen keinen Eindruck machen.
Und was sagen Sie dazu, Herr Kriminalrat!"
„Jeder Mörder versucht, seinen Kopf zu retten", erklärte mit unbewegtem Gesicht Allan Hunter, „aber solch eine phantastische Erzählung ist mir in meiner ganzen Laufbahn noch nicht vorgekommen."
„Das habe ich gewußt", stöhnte verzweifelt Joe Purdon auf.
Zum ersten Mal griff Morry in das Verhör ein. „Warum haben Sie eigentlich die beiden Ringe in Ihrem Schreibtisch liegenlassen, Mister Purdon, das ist doch direkt anfängerhaft "
„Die muß mir jemand reingelegt haben", erklärte Joe Purdon, „denn wie Sie schon richtig gesagt haben, Kommissar Morry, solch ein unverzeihlicher
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