Kommissar Morry - Opfer des Satans
auf keinen Fall. Ich darf in der Nähe des Schlosses nicht gesehen werden. Ich möchte auch Stanley Belmont nicht begegnen. Er ist mir schon von Anfang an... aber das alles braucht Sie ja nicht zu interessieren. Ich werde hier auf Sie warten.“
„Nicht hier“, murmelte Slim Duckett abweisend. „Setzen Sie sich lieber vom in die Gaststube. Sie dürfen bei uns nicht gesehen werden. Wenn wir uns nachts wieder treffen, sehen wir uns im Büro von Lilly Raven. Dort sind Sie ungestört und unbeobachtet.“
Während sich Cecil Harrow mit ein paar scheuen Seitenblicken verabschiedete, steckten Slim Duckett und seine Spießgesellen die Köpfe zusammen.
„Dämlicher Bursche“, knurrte Jack Ebor abfällig. „Der Bengel glaubt anscheinend, wir kennen ihn nicht. Ihn muß schon gehörig das Fell jucken, wenn er uns in einem eigenen Haus einbrechen läßt. Möchte gern wissen, was er...“
„Das alles geht uns nichts an“, zischte Slim Duckett. „Wir machen den Einbruch und kassieren ein Drittel der Sore. Wer von euch macht mit?“
„Ich“, sagte Jack Ebor mit verblüffender Schnelligkeit. „Ich bin dabei. Glaube, daß wir zwei genügen werden.“
„All right“, brummelte Slim Duckett. „Einverstanden! Und wann wollen wir starten?“
„In zwei Stunden. Dann pennen sie alle schon in Harrow Castle. Schätze, daß die Diener wie die Steinesel schlafen. Uns wird wohl kaum einer in die Quere kommen.“
„Abgemacht“, nickte Jack Ebor. „In zwei Stunden also.“
Es war kurz nach ein Uhr morgens, als sie am Belgrave Square eintrafen. Sie schlichen lautlos auf die Mauer des parkähnlichen Gartens zu. Harrow Castle lag wie ein Märchenschloß zwischen Silbertannen und wuchernden Gebüschen. An den uralten Mauern rankte sich wilder Efeu empor. Die zahlreichen Fenster gähnten schwarz in die Nacht.
„Eh“, raunte Slim Duckett gedämpft, „bist du soweit?“
Jack Ebor nickte. Sie kletterten geschmeidig über die Mauer und strolchten dann vorsichtig durch die Sträucher. Da sie die Skizze noch genau im Kopf hatten, brauchten sie nicht lange nach dem günstigsten Weg zu suchen. Sie stiegen durch eine gläserne Balkontür ein und tappten auf leisen Sohlen durch die langen Wandelgänge. Unangefochten erreichten sie den Mitteltrakt. Dort, wo die Treppe sich in einer sanften Windung abwärts senkte, blieben sie stehen. Unter ihnen lag die Halle. Sie konnten den rötlichen Widerschein des Kaminfeuers sehen. Eine wohlige Wärme stieg zu ihnen auf. Es roch nach Lavendel und guten Zigarren.
„So gut wie dieser Narr möchte ich es auch einmal haben“, murmelte Jack Ebor neidisch. „Dieser Bursche könnte hier das herrlichste Leben führen. Statt dessen macht er blödsinnige Schulden und hockt bei Lilly Raven am Poplar Dock herum. Die Welt ist verdammt seltsam eingerichtet.“
„Halt die Klappe jetzt“, brummte Slim Duckett ärgerlich. „Wollen uns nicht unnötig lange hier aufhalten.“
Aus seiner Skizze wußte er, daß die dritte Tür zur Linken in den Privatsalon des verstorbenen Lords führte. Sie fanden ihren Weg ohne Licht. Leise drückte Slim Duckett die Klinke nieder. Sie gab sofort nach. Die Tür war nicht verschlossen. Auf leisen Sohlen traten sie über die Schwelle. „Kein Licht“, zischte Slim Duckett warnend. „Werden uns mit unseren Lampen behelfen. Gib die Burnleyklinge her!“
Ein dünner Lichtstrahl geisterte durch den dunklen Raum. Prächtige Möbel spiegelten sich im matten Schein der Lampe. Der weiche Perser verschluckte ihre Schritte.
In der hintersten Ecke tauchte der massige Wandsafe aus dem Dunkel. Jack Ebor grinste abfällig, als er ihn sah. „Altmodischer Kasten“, brummelte er. „Werden nicht lange dafür brauchen, wie?“
Während sich Slim Duckett sofort über das Schloß hermachte, öffnete Jack Ebor ein Fenster, um im Notfall einen Fluchtweg offen zu haben. Er beugte sich hinaus und sah zu seiner Erleichterung, daß sich unter ihm weicher Rasen befand. Die Bäume flüsterten raschelnd im Nachtwind. Dunkle Regenwolken trieben über den grauen Himmel hin.
„He, halt die Lampe“, raunte ihm Slim Duckett zu. „Ich kann nicht alles alleine tun!“
Sie machten sich wortlos und eifrig an die Arbeit. Knirschend fraß sich die Burnleyklinge in das harte Metall. Um das Schloß reihten sich eine Anzahl kleiner Bohrlöcher. Slim Duckett arbeitete im Schweiße seines Angesichts. Seine Augen glänzten wie die Lichter eines beutehungrigen Raubtieres. Zäh und verbissen zog er die
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