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"Kommst du Freitag"

"Kommst du Freitag"

Titel: "Kommst du Freitag" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorit Kowitz
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werden, und zwar nur, um der Konvention willen. Ich hatte mir zuvor durchaus eine Hochzeit vorgestellt als krachende Party für uns beide; der rechtliche Status interessierte mich überhaupt nicht. Aber jetzt kam mir Helene in den Sinn, die sich bei Dienstreisen in arabische Länder immer einen Goldblechring überstreifte und die Fotos ihrer engelgleich gelockten Neffen als Belegoptiken eigener Kinder ausgab. Ohne Ring hatte man sie immerzu ungläubig und misstrauisch gefragt, warum sie nicht verheiratet sei, war ihr aber gleichzeitig auf die Pelle gerückt. Mit Ring zollte man ihr Respekt,hielt Abstand und kam nicht mal auf die Idee, Fragen nach ihrem Privatleben zu stellen.
    Der Ehering als Statussymbol, die Heirat als Mittel zum Zweck – das Morgenland ist uns näher, als man denkt. Viel weiter ist Deutschland nicht. Vorgesetzte, die für ihren Job nie die Erstfrau verlassen mussten, weil sie immer mitzog, diese aber irgendwann zugunsten einer Zweitfrau drangaben, verstehen oder besser: ahnen nur, dass auch du außerhalb von Redaktionsschlüssen (kann man ersetzen durch: Abschlusspräsentationen/Vertragsverhandlungen/Meetings) existierst, wenn du den Ring an der Hand hast und nicht mehr „mein Freund“, sondern „mein Mann“ sagst. Die Ehe als personalpolitisches Pfund zum Wuchern – was im Mittelalter gut war, muss heute nicht schlecht sein.
    Das gilt genauso für Kinder. Sie werden in der Firma nicht etwa aus reiner Freude über ihre Geburt oder die Einschulung oder den Wettkampfsieg im Bodenturnen vorgezeigt, sondern aus knallharten innenpolitischen Erwägungen heraus: Seht her, das habe ich vollbracht, sind sie nicht schön? Und die muss ich versorgen, wage ja nicht, Herr und Gebieter, mich und meine Burg zu schleifen! Besonders gut kommt es darum an, wenn Männer von nichtarbeitenden Frauen ihren Nachwuchs präsentieren. Ich habe noch nie gehört, dass Frauen nach der Geburt ihrer Kinder mehr Gehalt gewährt worden wäre (oder gar: angeboten). Von Männern habe ich das schon oft gehört.
    Wieder andere Männer, die zu Chefs werden, suchen sich Jobs nur nach dem Verdienst aus, was zumindest im Journalismus ein schlechtes Zeichen ist. Vor einigen Jahren kam ein Kollege neu zu dem Magazin, bei dem ich arbeitete. Er war Ende vierzig. Zuvor hatte er männliche Bekannte darin eingeweiht, dass er vor allem darum von seiner Zeitung wegwollte, um beim Magazin „mal richtiges Geld“ zu verdienen.Denn auch er möge fortan in der Lage sein, seine Kinder auf englische Internate zu schicken. (Die Ehefrau, erübrigt sich zu erwähnen, trug zur Finanzierung der Familie wenig bei.) Zu seinem 50. Geburtstag suchte der Neuling tatsächlich intensiv nach einem Edelinternat für seine Erstgeborene. Dass sein Ansehen im Magazin in keinem Verhältnis zu seinen Ansprüchen stand, störte ihn dabei überhaupt nicht.
    Die Chuzpe mancher Macho-Männer kann man ausschließlich verwerflich finden. Man kann aber davon lernen. Ich habe das frühzeitig beherzigt: Wer nicht fragt, wird nichts kriegen.
    Sieben Monate nach dem Gespräch mit meinem Chef ging ich doch zurück nach Berlin, um dort im Außenbüro des Magazins anzufangen. Ich wollte nicht mehr in Hamburg sein. Ich wollte, wenn mein Leben schon aus sehr viel Arbeit und sehr wenig anderem bestand, in der „richtigen“ Stadt leben. Darum hatte ich noch ein paar andere Wichtig-Männer dieser Redaktion gefragt, ob es nicht Mittel und Wege gebe, wieder nach Berlin zu kommen. Es gab sie.
    Es gibt immer einen Weg. Wer nicht nach Gelegenheiten fragt, läuft nicht Gefahr, sie zu bekommen. Mehr als ein „Nein“ zu hören, kann nicht passieren. Das hatte ich in der Krise gelernt. Aber darauf komme ich noch zurück.
    Drei Monate vor meinem Umzug zurück nach Berlin, im Jahr Neun unserer Fernliebe, machte mir Paul einen Heiratsantrag. Im Sonnenuntergang auf den Stufen unseres Bauernhauses, mit Champagner und vor Aufregung versagender Stimme. Das ganze Programm. Rosamunde Pilcher erfindet einen Scheißdreck dagegen.
    Für einen Mann, der mal als Punk durchging und mir immer und glaubhaft versichern konnte, wie sehr er es verabscheue, seine Liebe von deutschen Ämtern besiegeln lassen zu wollen, war er einen weiten Weg gegangen und darumziemlich rührend. Ihm ging es ganz und gar nicht um die Konvention: Er nahm sie nur in Kauf.
    Die Aufforderung, mich zu freien, hatte er nicht von mir. Glaube ich. Eher hätte ich mir die Zunge abgebissen, als ihn zu drängen. Dazu war ich zu stolz

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