kommt wie gerufen
weh.«
»Sie armer Mann«, sagte Mrs. Pollifax mit ehrlicher Anteilnahme. »Ich weiß genau, was das heißt. Seit wann leiden Sie schon darunter?«
»Seit ich hierher versetzt wurde.«
Mrs. Pollifax runzelte die Stirn. »Haben Sie es schon mit Massage versucht?«
Er starrte sie verständnislos an, und Mrs. Pollifax sah, daß sie handeln mußte. »Ziehen Sie das Hemd aus«, befahl sie. »Ja, ziehen Sie es aus, ich tue Ihnen nichts, das ist das einzige, was wirklich hilft. Haben Sie Alkohol zum Einreiben?«
»Alkohol?« Er griff in eine Lade seines Schreibtisches und hielt unentschlossen eine Schnapsflasche hoch.
»Na, warum nicht«, sagte sie vergnügt. »Und jetzt das Hemd, bitte, und haben Sie die Freundlichkeit, sich auf den Schreibtisch zu legen – «
Entsetzt wich er zurück.
»Nein, nein. Sie mißverstehen mich. Ich will Ihnen den Rücken einreiben. Massage.« Sie kam nicht weiter mit ihm. Da ging sie zur Tür, öffnete und rief: »Mr. Lulasch, würden Sie bitte für mich übersetzen? Ich will dem Major den Rücken einreiben.«
»Was wollen Sie?« fragte Lulasch und trat ein.
»Dieser heiße Ziegel wird ihm nichts nützen. Er braucht eine kräftige Rückenmassage. Bitten Sie ihn, das Hemd auszuziehen und sich auf seinen Schreibtisch zu legen.«
Grinsend übersetzte Lulasch. Major Vassovic sagte: »Ah!« und dann »Oh?«
»Er hat Sie nicht verstanden«, erklärte Lulasch. »Er hat gemeint. Sie wollen unbedingt, daß er sich niederlegt und den Schnaps trinkt, aber sein Befehl verbietet, im Dienst zu trinken. Er sagt, er hat keine warme Wäsche mitgebracht, weil es doch Sommer ist. Er hat nicht mit einem Steinhaus gerechnet.«
»Wir auch nicht«, murmelte Mrs. Pollifax und musterte mit kundigem Blick den Rücken. Sobald der Major quer auf dem Schreibtisch lag, krempelte sie sich die Ärmel hoch, schüttete Schnaps in die hohle Hand und trat auf ihn zu. Sie war eine erfahrene Masseuse und knetete, drückte und klatschte den Rücken des Majors mit Hingabe. Seine kleinen Protestschreie verwandelten sich bald in seliges Seufzen.
»Jetzt eine Decke«, sagte Mrs. Pollifax zu Lulasch. »Er muß noch ein paar Minuten liegenbleiben.« Lulasch nickte und kehrte mit einer Decke wieder. Mrs. Pollifax warf sie über den Major und sank in den Drehstuhl. »Das war eine gute Gymnastik«, sagte sie genüßlich.
»War gut, gut«, grunzte der Major vom Schreibtisch.
»Sie müssen beim Aufstehen sehr vorsichtig sein«, schärfte sie ihm streng ein. »Wenn die Muskeln entzündet und geschwollen sind, können sie kleine Knöchelchen verrücken, und das tut Ihnen dann so weh.«
Lulasch ging zum Trinkwassertank und brachte zwei Papierbecher.
»Gestatten Sie«, sagte er, verneigte sich und schenkte Schnaps in beide Becher.
Mißtrauisch sagte Mrs. Pollifax: »Das läßt sich wohl Spätnachmittagscocktail nennen, wie?« Sie nahm den Becher mit der rechten Hand an. Rein zufällig ließ sie die linke Hand im Bereich der Munitionslade baumeln und tastete nach dem vorstehenden Messingschlüssel.
»Halb vier Uhr«, sagte Lulasch und warf sich in den Stuhl an der gegenüberliegenden Seite des Schreibtisches. Er und Mrs. Pollifax wechselten über die schwerfällig hingestreckte Figur des Majors hinweg freundliche Blicke. »Skoal!« rief Lulasch und hob seinen Becher.
»Skoal!« konterte Mrs. Pollifax fröhlich und zog die Schublade hinter sich auf. In der behaglichen Stille, die nun folgte, füllte sie ihre Hand mit Patronen und schob die Lade wieder zu.
Die unbeholfene Figur bewegte sich und setzte sich auf. »Ach, war das köstlich«, ächzte der Major. »Tun Sie das wieder einmal für meinen Rücken?«
Mrs. Pollifax strahlte ihn an. Sie hatte nun vier Pistolenmagazine im Schoß liegen und war von echter Menschenliebe erfüllt.
»Natürlich, Major. Zumindest, bis man beschließt, mich ins Jenseits zu befördern.«
»Jenseits?« wiederholte Lulasch überrascht.
Sie sagte munter: »Aber ja, ich bin überzeugt, daß man mich letzten Endes wird töten müssen. Was soll man denn sonst mit mir anfangen?«
»Aber Sie können nicht gefährlich sein!« wandte Lulasch ein.
Mrs. Pollifax zuckte die Achseln. »Kümmert das jemand? Wir leben hier ja in keiner Demokratie.«
»Erschießt man dort die Leute nicht?«
»Du liebe Güte, nein. Außer, sie haben einen Mord begangen und selbst dann – nein, in einer Demokratie wird niemand erschossen.«
Sie trank ihren Schnaps in kleinen Schlückchen. »Und dann liegt der Fall in den
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