kommt wie gerufen
es keimfrei zu machen, und Verbandzeug. Ist das möglich?«
Diesmal war es die rechte Augenbraue des Generals, die sich hochzog. Seine Lippen bewegten sich. »Es ist möglich. Ja.«
»Gut.«
Allmählich erhellte etwas wie ein menschlicher Ausdruck die muschelartige Verschlossenheit seines Gesichts. »Sonst nichts mehr?« Hauchzarter Spott vibrierte in seiner Stimme.
»Ich glaube nicht«, erwiderte Mrs. Pollifax und überhörte den Spott geflissentlich. »Ihr Essen ist recht anständig, und mit der Zeit gewöhne ich mich auch an die Matratze. Sie ist ja nicht gerade bequem, aber fest. Ich denke wirklich, das wäre alles.«
Er verneigte sich leicht. »Das freut mich.«
»Und jetzt würde ich gern in meine Zelle gehen und mich niederlegen «, endete sie. »Entschuldigen Sie mich?«
Major Vassovic zückte sofort den Schlüssel und führte sie den Flur entlang. Als er die Zellentür für sie aufstieß, flüsterte er ihr zu: »Morgen, selbe Zeit?«
Mit dem Gefühl einer Buhlerin, die ein Stelldichein gewährt, sagte Mrs. Pollifax huldvoll: »Morgen, ja.« Sie betrat die Zelle und entdeckte, daß der Kreml verschwunden war und Farrell schlummerte.
Kaum hatte sich die Tür hinter ihr geschlossen, lief sie zu ihrer Pritsche und versteckte das Buch über Albanien unter der Matratze. Dann erst zog sie aus der Tasche der handgewebten Jacke ihre Beute. Unwillkürlich dachte sie an ein Glückspaket, als sie die Gegenstände ins Licht hielt, um zu sehen, was sie zusammengerafft hatte. Sie trug sie zum nächsten Fensterschlitz und stellte fest, daß zwei für eine Pistole Marke Beretta gehörten und zwei für eine Waffe, die sich Nambu nannte.
Ausgezeichnet, dachte sie kopfnickend. Dann überlegte sie sich ein passendes Versteck und entschloß sich endlich zur Aufteilung. Ein Magazin steckte sie in ihre Handtasche, eines in ein seit Menschengedenken verwendetes Versteck in ihrer Unterwäsche, ein drittes schob sie in ein Loch in ihrer Matratze, und das vierte verbarg sie in Farrells Matratze. Da Farrell noch immer schlief, nahm sie sich Lulaschs Buch vor und schlug wieder die Landkarte auf.
»Was, keine Patiencen?« fragte Farrell urplötzlich über die Zelle hinweg und wandte ihr den Kopf zu.
»Im Augenblick habe ich etwas Besseres zu tun«, antwortete sie geistesabwesend. »Lulasch hat mir eine Reisebeschreibung von Albanien geliehen, die er sehr bewundert, obwohl sie im Jahre 1919 erschienen ist. Besonders interessant daran ist die ausgezeichnete Karte dieses Landes. Er hätte wirklich daran denken und die Seite entfernen sollen.«
Farrell riß den Mund auf: »Straf mich der Himmel«, schluckte er. »Sie denken doch wohl nicht an Flucht?«
Sie fand diese Bemerkung geschmacklos und erwiderte gelassen:
»Warum nicht? Sie erwarten doch nicht von mir, daß ich meinen Lebensabend in Albanien verbringe, oder? Die Winter sind hier bitter kalt, das steht in dem Buch, und die Sommer besonders heiß. Wenn ich mich nur richtig dahintersetze, muß es für uns eine Möglichkeit geben, von hier fortzukommen. Am liebsten, ehe General Perdido zurückkehrt.«
»Wir?« wiederholte Farrell verblüfft. »Sagten Sie wir?«
Mrs. Pollifax blickte erstaunt von ihrer Landkarte auf. »Sie nehmen doch nicht im Ernst an, daß ich Sie zurücklasse!«
Farrell schüttelte den Kopf. »Hochverehrte Herzogin, es dürfte Ihrer Aufmerksamkeit entgangen sein, daß ich fast den ganzen Tag deliriert habe. Außerdem ist mein rechtes Bein gebrochen, und in meinem rechten Arm steckt eine Kugel.«
Mrs. Pollifax nickte gleichgültig. »Doch, das habe ich bemerkt. Aber ich habe um Erlaubnis gebeten. Ihnen die Kugel aus dem Arm schneiden zu dürfen, und wenn Sie noch eine Operation auf sich nehmen können, auch wenn ich weiß, daß es kein Vergnügen sein wird, dann muß Ihr Fieber sinken und zurück bleibt nur mehr das heilende Bein.«
»Natürlich, was ist schon ein gebrochenes Bein«, knurrte Farrell.
Ungeduldig wandte Mrs. Pollifax sich wieder ihrem Buch zu. »Ich sehe im Augenblick zwar noch nicht klar, aber ich hoffe, es wird mir schon etwas einfallen. Am einfachsten wäre es. Sie über den Felsen abzuseilen, aber dazu müßten wir ein Tau von zumindest hundert Fuß Länge haben. Es wäre auch besser, wir hätten eine Pistole und irgendwelche Kleidung, um uns zu tarnen, und Lebensmittel, und ich glaube, um jeden Irrtum zu vermeiden, müßten wir einen Kompaß haben, obzwar wir bei einer sternklaren Nacht – «
Farrell starrte sie an, als ob sie
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