Komplott
sich mal an den Tatort bequemen, Tweed«, sagte er.
»Aber eigentlich könnten Sie es sich schenken – meine Leute haben das ganze Haus auf den Kopf gestellt und nichts gefunden, was uns weiterhelfen konnte.«
»Ich komme absichtlich erst jetzt, weil ich wissen will, wie die Straße zur Tatzeit ausgesehen hat«, erwiderte Tweed. »Sie ist ja nicht gerade belebt.«
»Wieso glotzt Ihre Begleiterin denn so penetrant im Rinnstein herum?«, herrschte Hammer ihn rüde an.
»Diese ›Begleiterin‹ ist meine rechte Hand, und sie sucht nach Gegenständen, die der Mörder möglicherweise verloren haben könnte. Haben Ihre Leute das denn nicht getan?«
»Pure Zeitverschwendung. Die Haustür war völlig intakt, als wir kamen, ebenso wie sämtliche Fenster. Das legt den Schluss nahe, dass das Opfer den Täter gekannt hat, oder nicht?«
»Kann sein, muss aber nicht«, entgegnete Tweed.
Hammer ignorierte Tweed und ließ Paula, die das Kopfsteinpflaster der Straße mit ihrer Taschenlampe ableuchtete, keine Sekunde aus den Augen. Schließlich ging sie in die Hocke, streifte sich ein paar Latexhandschuhe über und zog etwas aus einem Spalt zwischen zwei Pflastersteinen. Es war ein Diamantring.
»Den kann weiß Gott wer verloren haben«, sagte Hammer und schnaubte verächtlich.
Paula brachte den Ring zu Tweed, der ihn im Schein der Taschenlampe sofort erkannte: Es war der Ring, den er bei seinem Abendessen mit Viola am Mittelfinger ihrer rechten Hand gesehen hatte. Als er die Tote in Saafelds Leichenhalle betrachtet hatte, war der Ring nicht mehr an ihrem Finger gewesen. Vermutlich hatte ihn der Mörder von der abgehackten Hand gezogen und beim Verlassen des Gebäudes absichtlich oder unabsichtlich in den Rinnstein fallen lassen.
Hammer schnaubte abermals genervt und ging mit steifen Schritten zu seinem Wagen, der ein paar Meter hinter dem von Tweed geparkt war. Tweed nahm einen durchsichtigen Asservatenbeutel aus seiner Manteltasche und reichte ihn Paula, die den Ring hineinfallen ließ.
»So viel zur Gründlichkeit von Hammers Leuten«, knurrte Tweed. »Und jetzt lassen Sie uns in dieses Haus des Grauens gehen. Wer weiß, was sie dort alles übersehen haben.«
Mit einem Schlüssel, den Roy Buchanan ihm gegeben hatte, sperrte Tweed das Sicherheitsschloss auf. Es war ein Banham, das nicht sonderlich leicht zu knacken war.
Sie traten in einen Hausgang mit geschmackvollen Tapeten an den Wänden. Während Tweed das Licht anknipste, schloss Marler die Tür. Am Ende des Ganges sahen sie eine Treppe aus Mahagoni, die sie langsam hintereinander hinaufstiegen. Im ersten Stock angelangt, zog Tweed sich Latexhandschuhe an und öffnete eine Tür auf der rechten Seite eines kurzen Flurs.
»Das muss Violas Schlafzimmer sein«, sagte Marler. »Der Tatort.« Tweed fand einen Lichtschalter, und an der Decke des großen, hübsch möblierten Zimmers ging eine helle Lampe an.
Paulas Blick fiel sofort auf das hohe Fenster mit den Milchglasscheiben, das sie auf den Fotos von außen gesehen hatte. An den Scheiben waren immer noch getrocknete Blutspritzer zu sehen. Violas Blut, dachte Paula mit Schaudern.
In der Mitte des Raumes stand ein großes Doppelbett, auf dem eine nackte Matratze lag. Vermutlich hatten die Kriminaltechniker Bettzeug und Laken zur Untersuchung mit ins Labor genommen. Auf der Matratze war kein Blut zu sehen, was aber nicht weiter erstaunlich war, denn auf dem Holzboden vor dem Fenster sah man noch die Kreideumrisse von Violas zerhacktem Körper und große dunkle Flecken getrockneten Blutes. Paula ging langsam um das Bett und sah sich im ganzen Raum um.
»Vermutlich werden wir nichts finden«, bemerkte Tweed. »Hier haben mehrere Spurensicherungsteams alles bis in den kleinsten Winkel abgesucht.«
»Auch Experten machen Fehler«, meinte Marler, der sich neben die Tür gestellt hatte.
Tweed ging zur Kommode und zog eine Schublade nach der anderen heraus, während Paula neben dem Kopfende des Bettes stehen blieb und überlegte. Wo in diesem Zimmer würde eine Frau etwas verstecken? Sie ging hinüber zu einer kleinen Schatulle.
Als sie den Deckel hob, ertönte eine romantische Melodie, die sie sehr traurig machte.
Wie oft mochte wohl Viola dieser Spieluhr gelauscht haben?
In der Schatulle lagen ein paar Schmuckstücke, die Paula herausnahm und auf den Nachttisch legte.
»Ein Raubmord war es sicher nicht«, sagte sie. »Das sind sehr teure Stücke, von denen jedes einzelne ein kleines Vermögen gekostet haben
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