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Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie

Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie

Titel: Konrad Sejer 05 - Stumme Schreie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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verblüfft an.
    »She can stay«, wiederholte Bai. »And you must pay. For everything.«
    »Natürlich«, stammelte Gunder. »I will pay for everything. Only the best for Poona.«
    Er strahlte vor Erleichterung und sprang aus dem Sessel. Bai suchte ungeschickt in seiner Hemdtasche und fischte schließlich einen Umschlag hervor. Den reichte er Gunder.
    »Letter from my sister. All about you«, sagte er.
    Gunder zog den Brief aus dem Umschlag und faltete ihn auseinander. Poonas Schrift, zierlich wie Stickerei mit schwarzer Tinte. Aber er verstand kein Wort.
    »Das ist auf Indisch«, sagte er verwirrt. »Do not understand.«
    »Is written in Marathi«, sagte Bai. »Get someone to translate.«
    Dann erhob er sich und nickte Gunder zu. »Back to Park Hotel«, sagte er schließlich.
    Gunder wollte seine Hand nehmen. Bai zögerte. Aber dann war seine doch da, sie war mager und knochig. Er drückte ein wenig fester zu als beim ersten Mal. »Very nice house«, sagte er und machte eine Verbeugung.
    Gunder war plötzlich von Tatendrang erfüllt. Er mußte sich um Poonas Beerdigung kümmern und hatte tausend Dinge zu erledigen. Er hatte noch kein Datum, aber er mußte soviel vorbereiten. Welches Bestattungsunternehmen sollte er beauftragen? Was sollte Poona tragen? Sollte er ihr den Schmuck mit in den Sarg geben?
    Er hielt die Hand seines Schwagers und war von Dankbarkeit erfüllt.
    »I have a sister too«, sagte er leise. »In hospital.«
    Bai schaute ihn fragend an.
    »Car-accident«, sagte Gunder ernst. »She ist not awake.«
    »Very sorry«, sagte Bai leise.
    »If you ever need anything«, sagte Gunder dann, glücklich über diesen Hauch von Mitgefühl. »You call me.«
    »I have a better picture«, sagte Bai. »Beautiful picture of Poona. I send it to you.«
    Gunder nickte. Sie verließen das Haus. Er setzte Bai am Hotel ab. Dann fuhr er zu Marie ins Krankenhaus. Setzte sich an ihr Bett und nahm ihre Hand. Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit fühlte er sich von Frieden erfüllt.
     

GUNWALD STAPELTE KINDERNAHRUNG. 
    Jetzt behaupteten die Gerüchte, daß die Polizei mehrere Male bei Gøran Seter gewesen sei. Das begriff er nicht. Was war mit dem Koffer? Natürlich hatte nicht Einar aus der Kneipe diese arme Inderin umgebracht, aber trotzdem. Ich habe meine Pflicht getan, sagte er sich und ordnete die Gläschen in Reih und Glied.
    Jeden Tag las er die Zeitung sehr aufmerksam. Nach dem Mord auf Hvitemoen hatte er manchmal auch mehrere studiert. Er machte eine seltsame Entdeckung. Das war ihm neu, schließlich hatte er immer nur eine Zeitung gelesen. Aber was die Zeitungen schrieben, unterschied sich gewaltig voneinander. Einmal hieß es, die Polizei habe keine wichtige Spur. An anderer Stelle wurde behauptet, sie hätten wichtige Zeugenaussagen und eine klare Strategie. Wer sollte sich da noch auskennen? Aber das mit dem Koffer machte ihm zu schaffen. Der war voll mit indischen Frauenkleidern gewesen. Ob er noch einmal anrufen und Einars Namen nennen sollte? Er knüllte die Verpackung zusammen und trug sie auf den Hinterhof. Warf sie in den Container. Er wollte nichts mit dieser Geschichte zu tun haben, rein gar nichts. Als er wieder in den Laden kam, blätterte Mode von der Tankstelle in der Zeitung.
    »Hast du Rosinenbrötchen?« fragte er. Gunwald holte ihm welche.
    »Diesen Fall werden die nie klären«, erklärte Mode voller Überzeugung.
    »Wieso glaubst du das?« fragte Gunwald.
    »Wenn die ihn nicht sofort schnappen, dann kriegen sie ihn nie. Bald müssen sie sparen, und dann werden die Ermittlungen eingestellt. Inzwischen wird irgendein anderer Unglückswurm umgebracht und genießt höchste Priorität. That’s life.«
    Gunwald schüttelte den Kopf. »Manchmal werden solche Fälle doch noch nach Jahren aufgeklärt.«
    »Selten«, sagte Mode und öffnete die Tüte. Er biß in ein Brötchen. Die Vorstellung, daß der Mann, der diesen schrecklichen Mord begangen hatte, vielleicht niemals gefaßt werden würde, war schrecklich für Gunwald.
    »Wenn das nur keiner ist, den wir kennen«, sagte er düster.
    »Den wir kennen«, wiederholte Mode zweifelnd. »Von hier kann das doch keiner gewesen sein. Wer denn bitte?«
    »Weiß ich doch nicht«, sagte Gunwald und wandte sich ab. Mode kaute auf seinem Brötchen herum.
    »Im Chalet gibt es bestimmt bald eine Scheidung«, sagte er plötzlich.
    Gunwald riß die Augen auf. »Wer sagt das?«
    »Alle. Lillian packt schon. Einar wird das Haus verkaufen und in die Kneipe ziehen

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