Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur
Stahlrohrmöbel.
Die Produkte wurden damals jedoch nur von einem kleinen Nutzerkreis gekauft und genutzt. Aufgrund der fehlenden Verbreitung
und der politischen Situation in den dreißiger Jahren kam es darum zu keinen durch den Konsum angeregten Gegenbewegungen.
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Das Banal-Design nutzte grelle Farben und witzige Verzierungen, um banale Gegenstände aus der Massenproduktion herauszuheben
und symbolisch aufzuladen.
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Das Re-Design verfolgt demgegenüber das Ziel, auf humorvolle Weise zu zeigen, dass angesichts der Tradition innovatives Design
nicht mehr möglich sei. Die Überheblichkeit der Moderne sollte in Frage gestellt werden, indem die funktionalistische Ästhetik
bei Möbelklassikern wie dem
Wassily-Chair
durch das Hinzufügen von Ornamenten gebrochen wurde. Beide Strategien wurden von Alessandro Mendini, dem Kopf des Studio Alchimia
entwickelt und theoretisch hergeleitet.
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Vgl. http://www.jongeriuslab.com, 19.02.2008.
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Vgl. z.B. http://www.areaware.com; http://www.royaltichelaar.com; http://www.nymphen burg.com, 08.03.2008.
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|69| Parasitäre Strategien
Sabine Fabo
Guerilla-Haltungen haben es heutzutage nicht leicht: Der Begriff der Guerilla ist hip und modisch wie selten zuvor und vor
dem Hintergrund komplexer und verdichteter Strukturen im politischen wie im wirtschaftlichen Leben scheinen subversive Aktionen
häufiger denn je die allein mögliche Gegenhaltung darzustellen. Gleichzeitig ist der Guerilla-Begriff in den beiden letzten
Dekaden dermaßen populär geworden, dass wache Marktbeobachter Mitte der achtziger Jahre gar nicht umhin konnten, den Begriff
des Guerilla-Marketings einzuführen. 1 Das Imperium schlug nicht nur zurück, sondern griff Konter-Strategien auch zeitnah auf.
Culture jamming
und
Adbusting
, die sich auch in dieser Zeit etablierten, wurden mit einigen Jahren Verspätung in die Werbeindustrie »eingespeist« und von
ihr vereinnahmt (vgl. Klein 2001: 309–313).
Den emanzipierten Konsumentenhaltungen stehen nicht minder emanzipierte Produzentenhaltungen gegenüber, die sich in intelligenten
Sponsorings, Kooperationen oder Guerilla-Marketing-Aktionen äußern. »Werbung kann Spaß machen. Spontan, vom Zielpublikum nicht
erwartet, erstürmen die Werbebotschaften die aufmerksamen Herzen potenzieller Kunden, hinterlassen ihre Werbebotschaft punktgenau
und verschwinden wieder. Im Nichts. Das wirkt.« 2 Was macht eine Konsumguerilla, wenn das Konsumsystem dieselben Strategien benutzt und diese konsumiert, bis sich der Hype
des Rebellischen abgenutzt hat? Das Verschwinden einfacher Gegner erschwert die Überschaubarkeit der Lage. Eingekeilt werden
mögliche kulturelle Gegenmaßnahmen von zwei Seiten: Zum einen zetteln Unternehmen und erfolgreiche Werbeagenturen wie TWBA
kleine alltägliche Störungen des öffentlichen Raumes durch Werbung an, die sowohl in |70| marktorientierten Weblogs als auch bei YouTube ganz im Sinne einer viralen Philosophie verbreitet werden. Zum andern treibt
die Selbstverharmlosung von künstlerischer Guerilla-Seite ironiefreie Blüten, wie das
Guerilla-Art
Kit
von Keri Smith beweist. In dieser aktuellen Hobbythek des Widerstands wird man eingeweiht in die Kunst des Moosgraffitis oder
der subversiven Installation mit Figürchen aus Toilettenpapierrollen. Sollte es dem zukünftigen Guerillero an Fantasie mangeln,
können Protestmotive auch nach den Vorlagen der Künstlerin ausgeschnitten und vergrößert werden. Nichtsdestotrotz wird der
Nutzer freundlich ermahnt, die Guerilla-Etikette zu wahren (vgl. Smith 2007: 22–24).
Auch die aktuelle Theorie vermeidet inzwischen die bloße Kritik an der Kulturindustrie und bezieht die Intelligenz des Systems
Konsum ein. Die Kontrastierung von Konsum versus kreative Produktion verblasste schon in den achtziger Jahren mit Alvin Tofflers
Portmanteau-Begriff des »Prosumers« (vgl. Toffler 1980). Hatte Tofflers Figur des produzierenden Konsumenten noch das Potenzial
einer aktiven emanzipatorischen Haltung, so bleibt dem Konsumenten aus Bolz’
Konsumistischem Manifest
nur noch die zynische Einsicht in die Systemautonomie der Konsumbedingungen: »Wenn wir vom System des Konsumismus sprechen,
dann ist damit impliziert, dass der Konsum selbstbezüglich und damit autonom geworden ist […]. Shopping ist heute die letzte
öffentliche Handlung – und damit das eigentliche Organisationsprinzip der Stadt« (Bolz 2002: 117). Der sozialistisch-utopische
Entwurf
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