Kopernikus 2
hervor und erhob sich, um ihr den Weg zu ve r sperren. Nur einen Augenblick lang umrahmte das Licht, das aus dem Korridor kam, den Schemen, und dieser Moment reic h te aus, um genau zu erkennen, um was es sich handelte. Es war der Xenobiologe, noch im Schutzanzug, aber mit off e nem Visier. Irgend etwas hatte er in der Hand, das er jetzt auf sie richtete. Entsetzt sah sie, was es war: ein Laser, ein ganz ordinärer Schneidlaser.
Sie trieb geradewegs auf ihn zu. Sie ruderte mit beiden Armen, um abzustoppen, aber zu spät. Unaufhaltsam kam sie ihm näher.
Plötzlich sah sie, daß er eine zweite Mundöffnung b e saß, d i rekt unter dem Kinn. Sie schien sie anzugrinsen, während g e ronnene Blutklumpen an ihr klebten und feucht glänzten, wann immer er sich bewegte.
Der Mann schoß den Korridor entlang, von Entsetzen g e schüttelt. Immer wieder prallte er gegen die Wände und zog sich kleinere Verletzungen zu. Seine panische Angst und die Schwerelosigkeit machten ihn vollends unbeholfen. Ein über das andere Mal starrte er zurück, drehte den Kopf und hoffte inständig, seine Partnerin würde ihm endlich nachfolgen, und zugleich dachte er mit Grauen daran, was ihr wohl fo l gen mochte.
Wie lange es dauerte, bis sich diese Luftschleuse öffnete! Er wartete zitternd, aber zugleich wurde er ruhiger. Sein Puls verlangsamte sich. Die Innentür zum Schiff war ja ve r riegelt, er war sicher.
Plötzlich wurde sein Kopf ganz klar. Was um alles in der Welt hatte ihn eigentlich so schrecklich beunruhigt?
Scham übermannte ihn; er war einfach davongerannt und hatte sie zurückgelassen. Weshalb eigentlich? Was hatte ihm diesen panischen Schrecken eingejagt? Der leere Raum? Die Geräusche aus dem Lautsprecher? Das konnte doch nur b e deuten, daß der Xenobiologe noch lebte, daß er irgendwo im Schiff sein mußte und daß seine Pein über das Kommunik a tionssystem übertragen wurde.
Entschlossen drehte er die Außenverriegelung, die er b e reits betätigt hatte, in die Ausgangsposition zurück und drückte den Knopf zur Entriegelung der Innentür. Zischend füllte sich die Kammer wieder mit Luft.
Er fühlte sich zutiefst schuldig. Niemals würde sie ihm das vergessen, dessen war er sich völlig sicher. Aber weni g stens hatte er sie nicht ganz im Stich gelassen. Er würde jetzt zurückkehren und sich bei ihr für sein Verhalten entschuld i gen. Das wäre doch zumindest eine Geste.
Als sich die Innenschleuse öffnete, flackerte das alte G e fühl panischer Angst erneut in ihm auf. Für einen Auge n blick stieg vor ihm die Vision eines grauenhaften Wesens auf, das im Korridor auf in lauern würde. Er bot all seinen Willen auf, um diese Vorstellung zu verdrängen.
Als er in den Korridor trat, wartete sie bereits auf ihn. Erleichtert stellte er fest, daß sie offenbar weder auf ihn zornig noch vor Angst gelähmt war. Er stieß sich ab und schwebte auf sie zu, während er sich eine Entschuldigung zurechtlegte. „Ach, weißt du, ich habe keine Ahnung, wa r um ich …“
Mit einer trägen Anmut kam ihr rechter Arm hinter ihrem Rücken hervor. Das Messer blitzte auf. Als er zurücktaume l te, sah er endlich das kleine, kreisrunde Loch, das sich in i h ren Anzug gebrannt hatte, genau zwischen ihren Brüsten …
„Ihre Mutter? “ fragte Melantha Jhirl ungläubig, als sie alle drei hilflos in der Leere über dem Schiffsrumpf schwebten.
„Sie kann jedes Wort hören, das wir sagen“, erklärte Royd. „Aber nun ist es ja wohl völlig egal. Ihr Freund muß etwas sehr Törichtes begangen haben, etwas, das sie bedroht hat. Nun ist sie entschlossen, Sie allesamt umzubringen!“
„Sie … sie … ich verstehe immer nur sie – was meinen Sie denn überhaupt?“ D’Branin begriff nichts. „Ich höre wohl nicht recht? Royd, Sie wollen uns doch wohl nicht weismachen, daß Ihre Mutter immer noch am Leben ist? Sie haben uns doch erzählt, daß sie bereits vor Ihrer Geburt g e storben ist.“
„In der Tat“, antwortete Royd, „ich habe Sie nicht ang e logen.“
„Nein“, schaltete sich Melantha ein, „davon bin auch ich fest überzeugt. Aber Sie haben uns auch nicht die volle Wahrheit erzählt, sondern nur die halbe.“
Royd nickte. „Mutter ist zwar tot, doch ihr … Geist lebt immer noch und spukt auf meiner Nachtfee umher.“ Er lac h te grimmig auf. „Vielleicht wäre es passender, wenn ich ‚i h re Nachtfee’’ sagen würde. Ich selbst spiele höchstens die zweite Geige.“
„Royd“, sagte d’Branin mit
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