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Kopfjagd

Kopfjagd

Titel: Kopfjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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meistens das Geld anderer Leute war.«
    »Aha. Also Sie sind ein Dieb!«
      »Ich raube Banken aus, falls
Sie das meinen. Sie dürfen mir glauben, daß man in dem Fach
gut sein muß, wenn man nicht geschnappt werden will.«
      »Und aus eben diesem Grund sausen Sie hier in Mexiko herum und spielen den seriösen Priester?«
      »Genau deswegen, ja. Vor zwei Tagen habe ich ganz allein die National Bank in
einem kleinen Kaff namens Brownville in Texas ausgenommen. Sehen Sie,
es ist ganz komisch, aber Priestern und Nonnen mißtraut keiner.
Ich klopfte bei denen, eine halbe Stunde bevor sie ihren Laden
öffneten, an die Tür, und der Wächter machte anstandslos
auf.«
    »Und wie viele Tote liegen auf Ihrem Weg?«
    »Tote?« Er schien überrascht zu
sein. »Ich sage Ihnen doch, ein sauberes, ordentliches Ding. Was
ich an diesem Tag auf meinem Weg hinter mir ließ, waren exakt
vier Männer, die, Gesicht nach unten, mit auf dem Rücken
gefesselten Händen – noch lebend – am Boden lagen,
sowie ein leerer Panzerschrank.« Er beugte sich vor, als wollte
er mir direkt ins Gesicht sehen. »Aber mal andersrum, Keogh: Mir
scheint eher die Frage interessant, wie viele Tote auf Ihrem Weg
liegen.«
      Eine sehr gute Frage, zweifellos.
Aber hätte ich ihm die Zahl genannt, wäre das womöglich
der Schock seines Lebens gewesen. »Einer zuviel.«
      »Das ist es immer. Selbst, wenn
man glaubt, eine Ausrede zu haben. Wie beispielsweise Sie mit Ihrer
Politik. Irgendwie sind wir beide uns ähnlich, Keogh, jeder auf
seine persönliche Weise. Ich sage Ihnen auch, warum. Wir haben
beide ganz einfach den Tod in unseren Seelen.«
      Etwas Schrecklicheres hatte meiner
Erinnerung nach noch nie jemand zu mir gesagt. Es war deshalb so
schrecklich, weil es eine dieser Bemerkungen war, die ausdrückten
und damit wahr machen, was man immer schon verbergen wollte, vor
anderen und sogar vor sich selbst.
      »Wie haben Sie das hier
genannt?« sagte van Horne. »Den letzten Ort, den Gott
erschaffen hat? Da können Sie sogar recht haben. Meine alte Dame
würde sagen, es endet mit mir so, wie ich es verdient habe. Sie
und mein Vater waren Holländer. Als sie nach Vermont zogen,
machten sie einen kleinen Laden auf. Er und ihre Religion waren ihr
Lebensinhalt. Glaub mir, Junge, niemand ist strenger als
holländische Katholiken. Als ich wegen eines kleinen Flittchens,
das mich sechs Monate später wieder sitzenließ, aus dem
Priesterseminar davonlief, sagte meine Mutter genau diese Worte: Der
Zorn Gottes und das Jüngste Gericht würden mich gleichzeitig
treffen. Und genau das habe ich seither immer wieder zu spüren
bekommen.«
    Er brabbelte in dieser Weise noch eine ganze Weile
weiter, zwar nicht betrunken, aber trotzdem Zeug von der Art, das man
von sich gibt, wenn man zu tief ins Glas geschaut hat.
Schließlich begann es in großen, schweren Tropfen zu
regnen, die schmerzten, wenn sie einen trafen. Wir stiegen eilends aus
und zogen das Verdeck hoch, keine Minute zu früh, denn gleich
darauf begann es zu schütten, was nur herunterkonnte.
      »Lieber Gott, das hat uns grade noch gefehlt«, stöhnte van Horne.
      Ich fragte mich, ob ihm wirklich klar
war, was diese Wendung der Dinge bedeutete. Daß nämlich am
Morgen, wenn wir weiterfahren wollten, der Regen den größten
Teil des Weges in Schlick und Schlamm verwandelt haben würde und
daß aus hundert ausgetrockneten Bachbetten völlig
unpassierbare reißende Wasserläufe geworden sein
würden.
      Aber es hatte wenig Sinn, jetzt davon
zu reden. Es hätte sowieso nichts geändert. Also zog ich mir
lediglich die Decke um die Beine gegen die aufkommende Kälte und
schlug meinen Kragen hoch.
       Wie viele Tote liegen auf Ihrem Weg, Keogh? Diese Frage war eine großartige Einschlafhilfe.

    Ein grauer, bleicher Morgen dämmerte herauf.
Immer noch regnete es heftig. Wir standen nahe einem ehemals trockenen
Flußbett. Jetzt durchschoß es reißendes Wasser wie
ein Moorbach zu Hause an einem Novembermorgen. Die Berge waren
näher, als ich vermutet hatte. Wir holten die Karten hervor, und
es gelang uns schließlich, unseren Standort einigermaßen zu
bestimmen.
    Wir hatten noch etwa zehn oder zwölf Meilen
offenes Land zu durchqueren, ehe wir den Pfad erreichen konnten, nach
dem wir suchten: den, der uns zum Nonava-Paß führen
würde. Er war deutlich auf der Karte eingezeichnet, zwischen zwei
Bergen, von denen der eine mit einem Zuckerhut bedeckt war und der
andere drei ausgeprägte

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