Kopfjagd
Ihnen das nichts ausmacht, Señor.«
Er deutete wieder eine leichte Verbeugung an. »Ganz wie Sie wünschen, Señorita. Da ist nur noch eine Sache.«
»Nämlich?«
Er räusperte sich neuerlich umständlich. Ich mußte zugeben, daß er eine ausgezeichnete Vorstellung gab. »Um ganz offen mit Ihnen zu sein, Señorita, der Militärgouverneur in Huila, ein Colonel Bonilla, nahm mit mir Kontakt auf und riet mir nachdrücklich von einem Besuch bei Ihnen ab. Er brachte zum Ausdruck, mein Mitarbeiter und ich würden uns hier sogar in Lebensgefahr begeben.«
»Eine solche Gefahr besteht nicht«, erwiderte sie tonlos. »Colonel Bonilla ist nicht über alles genau informiert.«
»Señorita«, bat er geduldig, »Sie müssen mir nachsehen, wenn ich auf diesem Punkt noch etwas beharre. Es wurde mir zu verstehen gegeben, daß Ihr Bruder, der bedauerlicherweise im Konflikt mit den Behörden steht, sich in unsere Geschäfte einmischen könnte.«
»Señor, hier bestimme ich, in meines Vaters Namen und Auftrag.« Sie erhob sich. »Mein Bruder hat keine Vollmachten. Ich bin sogleich wieder bei Ihnen, und dann können wir fahren, wenn es Ihnen recht ist.«
Sie ging hinaus. Ich sah Janos fragend an. Er schüttelte nur andeutungsweise den Kopf und zündete sich eine Zigarre an.
Der alte Mann, der solange schweigend dagesessen hatte, blickte plötzlich auf, starrte uns böse an und kreischte: »Wer seid ihr? Was wollt ihr hier?«
Wir standen beide langsam auf, aber hinter uns ging bereits wieder die Tür auf, und Chela de la Plata kam zurück. Der alte Mann begann, übrigens in bemerkenswert obszöner Weise, monoton vor sich hin zu keifen. Sie hielt uns weit die Tür auf, und wir gingen hinaus.
Wir gingen zum Mercedes. Während ich Janos in den Rücksitz half, sagte er aus dem Mundwinkel heraus, mit einem Anflug von Lächeln: »Und warum hat Bonilla diese kleine Nebensächlichkeit nicht erwähnt?«
Das war genau, was ich mich selbst bereits gefragt hatte. Aber wir konnten die Unterhaltung nicht weiter fortsetzen. Chela kam und setzte sich vorne auf den Beifahrersitz. Sie lächelte herzlich. »Können wir, Señor?«
Einfach so. Ohne auch nur den Versuch jeder weiteren Unterhaltung. Ich fuhr los und dachte die ganze Zeit darüber nach, warum der gute Bonilla so zielstrebig und konsequent dieses kleine, wenn auch höchst wichtige Detail zu erwähnen unterlassen hatte: daß der alte Don Angel verrückt war. Völlig hinüber. Warum wohl?
8
Rauch in dichten Schwaden trieb mit der Luft des späten Nachmittags auf uns zu, als wir uns dem Ort näherten.
»Da scheint es irgendwo zu brennen«, stellte Janos kühl fest. »Hoffentlich nicht in der Kirche.«
Chela de la Plata sagte leise und bedrückt: »Fahren Sie schnell, Señor, ich bitte Sie.«
Aber die Kirche stand noch immer, als wir über den Berg kamen und den Ort unten im Tal erblickten. Der Rauch schien von jenseits des Glockenturms zu kommen.
Dreißig oder vierzig Menschen standen in einem weiten Halbkreis und blickten uns schweigend entgegen, als wir ankamen. Aus der Kirche war ein splitterndes Geräusch zu hören, dann tauchte van Horne mit bloßem Oberkörper auf der Veranda auf. Er trug einige Bretter auf der Schulter.
»Großer Frühjahrsputz, Pater?« rief ich ihm entgegen.
Er lachte. »So ähnlich.«
Ich folgte ihm um die Kirche herum auf die Rückseite und sah dort das Feuer. Es war nicht klein, und er warf seine Bretter mitten hinein, ehe er sich umwandte.
»Ich habe behalten, was nur einigermaßen ging. Einige der Kirchenbänke lassen sich noch verwenden. Wenn das hier erledigt ist, braucht es vor allem eine gründliche Reinigung und eine neue Tünche für die Wände.«
»Du siehst aus, als würde dir das Spaß machen.«
Er ignorierte diese Bemerkung, und ich fügte schnell hinzu: »Ich erzähle dir später alles über de la Plata. Seine Tochter ist mitgekommen.«
Er sah über meine Schulter zu ihr hin und lächelte. »Guten Tag, Señorita.«
Als ich mich umwandte, stand sie gar nicht weit entfernt und beobachtete uns. Auch Janos humpelte herbei, sich schwer auf seinen Stock stützend. »Eine heiße Arbeit, Pater, wie? Gestatten Sie mir, Ihnen Señorita de la Plata vorzustellen. Señorita, dies ist Pater van Horne, der mit uns aus Huila gekommen ist.«
Chela de la Plata trat rasch vor, sie stellte sich direkt vor van Horne auf. Ihr Gesicht war jetzt sehr bleich, ihre Augen wie große
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