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Kopfjagd

Kopfjagd

Titel: Kopfjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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bringen, und nach dem, was ich so höre, würde ich damit der Allgemeinheit einen ziemlich großen Dienst erweisen.«
      »Und was ist mit der Schwester? Was ist das für ein Spiel, das du da mit ihr spielst?«
      »Was meinst du damit?« Er war echt verwirrt. »Ich spiele hier den Priester, Junge, und folglich muß ich ja wohl handeln wie einer. Oder stört dich das in irgendeiner Weise? Ich hatte eigentlich den Eindruck, daß religiöse Überzeugungen nicht das sind, was dich besonders beschäftigen würde.«
      »Tun sie auch nicht«, konterte ich. »Es ist nur, weil du plötzlich wieder ein ganz anderer zu sein schienst.«
      »Das mußt du schon etwas näher erklären. Ich kann dir nicht folgen.«
    »Um Himmels willen, Mann. Ich selbst habe dich wieder für einen Priester gehalten, wie du so mit ihr gesprochen hast. Wie du dich benimmst, wie du sprichst – ich meine nur, du solltest dich vielleicht selbst nicht zu ernst nehmen.«
      Ich ging aus der Sakristei in die Kirche hinüber. Aus irgendeinem Grund zitterten mir die Knie. Er folgte mir, hielt mich am Arm, und drehte mich mit seiner Bärenkraft ganz leicht herum.
      »Ich bin ein Mörder, Keogh, und ein vielfacher Dieb. Für jemanden wie mich existiert Gott nicht. Es kann ihn für mich gar nicht geben.«
      »Wenn das stimmt«, sagte ich, »wenn es ihn also nicht gibt, warum beschäftigt dich dann, was du getan hast, so sehr?«
      Und nun geschah es das erste und einzige Mal, daß ich ihm bis ins Herz sehen konnte. Sein Gesicht oder zumindest die Maske, die sein Gesicht war, schmolz dahin, und darunter kam ein gequälter Mensch zum Vorschein, wie ich noch keinen erlebt hatte. Er streckte die Arme aus und faßte mich an den Aufschlägen meines Mantels. Ich hatte noch nie eine derart reine, elementare Kraft erlebt. Er hob mich hoch wie einen Gummiball, und ich glaubte schon mein letztes Stündlein für gekommen. Aber dann schien ihn eine Art Lähmung zu überfallen, und er ließ mich wieder los.
      »Und du?« fragte er. »Ein Mann, der für nichts lebt und an nichts glaubt, nicht einmal mehr an sich selbst. Da ist doch kein Funken Gefühl mehr in dir. Weder Liebe noch Haß. Eine wandelnde Leiche, Keogh, das bist du.«
      Er drehte sich um, marschierte in die Sakristei und machte die Tür hinter sich zu. Ich stand da und spürte das blanke Entsetzen in mir. Denn er hatte nahezu Wort für Wort nur ausgesprochen, was ich selbst über Tomas de la Plata gedacht hatte.
    Ich wollte weg, blieb aber doch noch einmal stehen, weil mir diese letzte Szene, wie ich nun bemerkte, schier den Atem nahm. Die obszöne Kreidezeichnung an der Wand vor dem Altar war entfernt worden, auf dem Altar stand ein kleines hölzernes Kruzifix, das sich bei den Sachen im Schiffskoffer befunden hatte. Der Christus war aus Silber, und eben fiel genau einer der Strahlen der untergehenden Sonne, der durch das schmale Fenster hereinkam, auf ihn.
      Ich wandte mich ab und floh, als wären alle Hunde der Hölle hinter mir her.

    Die Zimmer im Hotel waren genauso spartanisch, wie zu erwarten gewesen war. Weißgetünchte Wände, alte Messingbetten und Möbel, die aussahen, als hätte sie hier im Hause irgend jemand zusammengezimmert, jedenfalls aber kein gelernter Handwerker.
      Janos saß am offenen Fenster neben seinem Bett. Er hatte ein Tuch auf den Knien liegen und war mit der Reinigung seines Revolvers beschäftigt, einer 38er Smith and Wesson.
    »Waren Sie bei van Horne?« fragte er.
    Ich nickte. »Ja, ich war bei ihm.«
    »Und Sie haben, ihrer Miene nach zu schließen, gestritten.«
      »So etwa, ja, aber es ist nicht weiter von Bedeutung. Ich habe nur einen Augenblick in einen Spiegel gesehen. Es gefiel mir nicht, was ich sah.«
      »Fruchtlose Unternehmungen, mein Freund. Das habe ich schon vor langer Zeit entdeckt. Lassen Sie uns lieber versuchen, ob wir von unserem zurückhaltenden Gastgeber nicht etwas zu essen bekommen können, und vielleicht auch einen Drink oder zwei. Danach fühlt man sich besser.«
    Zurückhaltend war Moreno in der Tat, obwohl er immerhin arrangierte, daß wir in einem Hinterzimmer essen konnten und von seiner Frau bedient wurden, die freilich schon offensichtliche Mühe hatte, sich mit ihrem großen, dicken Bauch zu bewegen. Ich war nahe daran, Moreno deswegen zurechtzuweisen, aber letzten Endes ging mich die Sache nichts an, und außerdem waren hier die Frauen, jedenfalls auf dem Land, schon vom Tag ihrer Geburt an

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