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Kopfjagd

Kopfjagd

Titel: Kopfjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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entgegen. Aber es wirkte doch nicht so zeitlos wie das ihre, als sie den Zelteingang öffnete und mich ruhig erwartete. Sie war in diesem Augenblick so alt wie die Zeit selbst. Alle Frauen, die es jemals gegeben hatte, schienen in dieser vereint zu sein. Und ich konnte auf einmal die Menschen gut verstehen, die in alten Zeiten eine Göttin statt eines Gottes verehrt hatten.
      Sie lächelte, und dieses Lächeln war allein für mich, und ich betrat nach ihr das Zelt. Sie schloß das Zelt und damit die Welt aus und kniete sich nieder.
      Ich kauerte mich vor sie hin und sah im Schimmer einer kleinen Windlampe zu, wie sie geschickt ihre Zöpfe löste, bis ihr Haar wie ein dichter Vorhang über ihre Schultern hing.
      Dann tat sie etwas Überraschendes. Sie öffnete eine flache Holzdose, holte einen Notizblock und einen Bleistift heraus und schrieb schnell etwas auf.
      Es war natürlich auf spanisch, und in vorzüglicher Handschrift. Es war eine schlichte Feststellung: Dachtest du wirklich, ich würde dich jemals verlassen?
    Was sollte man darauf erwidern? Aber eine Antwort war gar nicht nötig. Sie stand auf und blies das Licht aus.

    9

    Jahrelang hatte ich ein Leben geführt, in dem alles, aus schierer Notwendigkeit, unserer Sache untergeordnet sein mußte. Für Ehre oder Freundschaft, Liebe oder irgendeine sonstige Art menschlicher Beziehungen, die als Schwäche hätten gelten können, hatte es da keinen Platz gegeben.
      Ich war an die Bindungen und die Verantwortung, die sich daraus ergeben, nicht gewöhnt. Ich war ein Einzelgänger von Natur aus und damit auch ganz zufrieden, hauptsächlich weil ich so viele Jahre lang nicht erwartet hatte, länger als bis allenfalls übermorgen zu leben.
      Aber jetzt gab es plötzlich Victoria. Und sie hatte sich schon im ersten Augenblick in mein Leben geschlichen, als ich sie in Tachos Kneipe gesehen und sie sich an meine Seite gestellt hatte, sich wie ein verirrtes Kind, das in der Menge einen geliebten Menschen erkennt, an meine Jacke klammerte.
       Sie sind jetzt für sie verantwortlich, Señor. Tachos Worte kamen mir wieder in den Sinn, aber ich begann mich zu fragen, ob es nicht tatsächlich umgekehrt war. Sie hatte sich erheblich verändert, seit sie die Seiten gewechselt hatte. Sie war eine ganze Yaqui geworden. Van Horne hatte einmal gesagt, sie würde mit einem Messer zu mir ins Bett kommen, wenn sie einmal nicht mehr mit mir zufrieden sei. Aber seit der vergangenen Nacht schien mir viel wahrscheinlicher, daß sie mit dem Messer auf jeden losgehen würde, der mir etwas zuleide täte.
    Kurz, ich dachte an nichts als an sie, als ich am folgenden Morgen den Mercedes zum Tor hinaus chauffierte. Neben mir saß van Horne, Janos wie üblich hinten, und als wir an dem noch nicht abgebrochenen Lager am Wasser vorbeikamen, wo noch immer der Rauch des Feuers aufstieg, war ich völlig erfüllt von einem Gefühl echter und bewußter Freude.
      Sie stand am Feuer, über einen Kochtopf gebeugt. Nachita sprach mit ihr, und sie legte die Hand gegen die blendende Morgensonne über die Augen und sah hoch. Dann tat sie etwas Seltsames. Sie rannte zum nächsten Pferd, schwang sich auf das ungesattelte Tier und galoppierte los.
      Sie konnte sich nur am Halfterstrick des Pferdes festhalten, aber es zeigte sich, daß sie ganz hervorragend ritt. Im Nu war sie neben uns und wandte sich mir zu. Sie lachte. Vielleicht aus reiner Lebensfreude an einem Morgen wie diesem. Obwohl ich eher glaubte, meinetwegen. Ich winkte ihr zu, und als wir weiterfuhren, wendete sie ihr Pferd und ritt im Bogen zurück zu ihrem Lager.
      Van Horne sagte: »Ich hab' dir ja gesagt, daß du die nie wieder loskriegst, Keogh.«
    »Hab' ich jemals gesagt, daß ich das möchte?«
      Er schien überrascht zu sein, bemerkte aber nur: »Jeder fährt auf seine Art zur Hölle, Junge.«
      »Genau«, ließ Janos von hinten verlauten. »Und könnten wir jetzt vielleicht darüber reden, wie wir vorgehen?«
      »Die Sache ist ganz einfach«, erwiderte van Horne. »Ich bin hierhergekommen, um de la Plata zu kriegen, wie auch immer, so, wie es Bonilla vorschlug, aber nicht, um Selbstmord zu begehen.«
      »Ich hätte ihn gestern kriegen können«, erzählte ich. »Nur hätten seine Leute anschließend dafür gesorgt, daß ich als Vogelfutter zurückgeblieben wäre.«
    »Er wird meistens jemanden bei sich haben, deshalb müssen wir ihn zu einer direkten Konfrontation zwingen, entweder allein oder

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