Kornmond und Dattelwein
die Geschichte von der Wolfsfrau, die sterben mußte, weil sie ihren Mann betrogen hatte. Ahs sie fertig war, sah sie ihn an und entdeckte, daß er vor Zorn zitterte.
»Willst du damit sagen, dein Bruder hat deine Schwester enthauptet, weil sie sich einen Geliebten genommen hatte?«
»Ja.«
»Was seid ihr für ein Volk!« entfuhr es ihm. »In der Stadt der Taube . . .« Er hielt inne und fuhr ruhiger fort: »Unsere Frauen suchen sich ihre Liebhaber, wo und wann sie wollen. Und damit ist nicht die geringste Schande verbunden, weder für die eine noch für die andere Seite. Verstehst du, was ich sage?« Sie verstand es nicht. »Niemand wird dir dort ein Leid antun, das verspreche ich dir.« Er zog sie wieder zu sich heran, und sie spürte die Wärme seiner Haut an ihrem Körper. Seine Finger fuhren sanft über ihr Gesicht und hinab bis zu ihren Brüsten. »So verehren wir die Göttin.« Er strich mit seiner Hand über den Bauch und berührte sie dann zärtlich zwischen den Schenkeln. »Dies ist ein heiliger Akt«, flüsterte er.
Unter seinen Berührungen vergingen ihre Alpträume, und auch das Schuldgefühl schwand und löste sich auf. Inanna wurde zusehends ruhiger, und dann erwachte die Leidenschaft in ihr, unbezwingbar wie Hunger. Enkimdus Finger wanderten an ihren Seiten entlang und über ihre Brust. Inannas Brustwarzen standen und wurden hart. Ihr Atem ging schneller. Er küßte sie so wild und inbrünstig, als wollte er sie verschlingen, bog ihren Kopf zurück und vermengte seine Zunge mit der ihren. Hursag hatte Inanna nie so behandelt. Ein Teil der Frau in ihr war bislang um sein Recht betrogen worden. Enkimdu begehrte sie auf eine Weise, wie sie das von Hursag nie erfahren hatte. Dies mußte das Verlangen sein, das aus einem Gemahl einen wirklichen Gemahl und aus einer Ehefrau eine wirkliche Ehefrau machte.
Enkimdus Lippen wanderten Inannas Körper hinab, küßten ihren Nacken, ihre Brüste und die feuchte Mulde ihres Unterleibs.
Inanna stöhnte vor Lust, vergrub ihre Finger in seinem dichten schwarzen Haar und roch das frische, saubere Aroma von Regenwasser und rauchendem Holz. Sein Körper war jung und stark. Sie erkundete ihn vorsichtig und zögernd, so als wäre er ein unbekanntes Land. Sie spürte die schwere Männlichkeit seiner Knochen, die kräftigen Muskeln unter der Haut und das Haar auf seiner Brust, das gleichzeitig borstig und weich war. Wie ein Bär kam er ihr vor. Nein, dafür war er viel zu angespannt und flink. Eher ein Panther. Seine Männlichkeit war wild und ungebrochen, aber gleichzeitig auch von endloser Sanftheit.
Er spreizte ihre Schenkel und fing an, sie zu küssen. Seine Zunge bewegte sich langsam und kreisend, und Inanna versuchte nicht länger, sich vorzustellen, was für ein Tier er sein mochte. Sie war eine Quelle, ein Fluß, ein Strom. Er hielt inne und sie trieb unter ihm, ohne noch einen Gedanken zu haben. Ihre Körper schienen zu verschmelzen und zusammenzutreiben, so leicht und flüchtig wie Rauch.
Dann begann Enkimdu wieder von vorn und trank sie. Sie vergaß alles bis auf den Wunsch, ihn noch enger zu spüren. Inanna hob die Hüften und vergrub die Fingernägel in seinem Rücken. Das Wolfsherz in ihr erwachte, und ihr Rücken bog sich nach oben. Enkimdu glitt höher, glitt über ihren Körper. Sie spürte, wie sein Gewicht auf ihre Brüste drückte, wie er sich in ihr verankerte. Sie zog an ihm und warf ihre Beine über die seinen. Er drang rasch in sie ein, und zusammen tanzten sie den alten Tanz von Verlangen, Leidenschaft und Vereinigung. Wenn sie sich bewegte, folgte er ihr. Wenn er für einen Augenblick zu verschwinden schien, zog sie ihn zurück. Zeit existierte nicht mehr. Inanna schwamm nicht länger im Strom der Zeit, genausowenig wie Enkimdu.
Energie sammelte sich zwischen ihren Schenkeln und trug sie hinauf zu Enkimdu. Sie zitterte in ihrem Schoß und an ihrem Rückgrat entlang. Inanna war eine Wölfin. Sie biß ihn in den Hals und verkrallte sich in seinem Rücken. Plötzlich stieß sie einen harten Schrei aus und hörte ihn ebenfalls schreien. Enkimdus Körper zitterte in ihr und auf ihr, bis sie nicht mehr in der Lage war, sich selbst von ihm zu unterscheiden. Und dann war Ruhe und Stille und sein Herzschlag an ihrer Wange.
»Habe ich dir wehgetan?« fragte sie.
Enkimdu lachte. »Nein, meine süße kleine Wölfin.« Danach hielten sie sich in den Armen und lagen endlos lange still da. Endlich küßte Enkimdu sie sanft auf die Stirn. »So schmeckt
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