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Korridore der Zeit

Korridore der Zeit

Titel: Korridore der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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menschliche Stimme sein Ohr erreichte. Er musterte Auri. Vielleicht wußte sie, was im Gange war. Sie hatte das Kinn in die Hand gestützt und starrte ihn an, alles andere vergessend. Er hatte nicht das Herz, das Schweigen zu brechen. Statt dessen trieb er das Kanu voran, so schnell er konnte.
    Avildaro kam in Sicht. Vor dem alten Wald im Hintergrund hob es sich als Ansammlung sodengedeckter Flechtwerkhütten um das Langhaus der Zeremonien ab, einen sorgfältiger ausgeführten Bau, der zur Hälfte aus Torf und zur Hälfte aus Holz bestand. Auf dem Strand lagen die hochgezogenen Boote, Netze hingen zum Trocknen auf Holzgestellen.
    Auri erwachte aus ihrer Trance. Sie zog die Brauen zusammen. »Niemand ist zu sehen«, sagte sie verwundert.
    »Es muß jemand im Langhaus sein«, erwiderte Lockridge. Rauch stieg aus der Abzugsöffnung im Dach. »Sehen wir nach, was es gibt.« Der Druck der Webley an seiner Hüfte verlieh ihm das Gefühl der Sicherheit. Mit Auris Hilfe zog er das Boot an Land und machte es fest. Ihre Hand schob sich in die seine, als sie das Dorf betraten. Schatten verdunkelten die staubigen Pfade zwischen den Hütten, und die Luft schien plötzlich kalt. »Was hat das zu bedeuten?« fragte sie ihn.
    »Wenn du es nicht weißt ...« Er schritt schneller aus.
    Aus der Halle erklang Lärm. Zwei junge Männer standen am Eingang Wache. »Hier kommen sie!« rief der eine von ihnen. Sie senkten ihre Speere vor Lockridge. Neben Auri schritt er durch die mit einem Fell verhängte Tür. Seine Augen brauchten eine Weile, um sich an das Dämmerlicht zu gewöhnen. Der Raum hatte keine Fenster, aber das heilige Feuer, das in einer Vertiefung in der Mitte brannte, durfte nie erlöschen. Die Flammen tanzten und knisterten und ließen die magischen Symbole auf den Stützpfeilern unheimlich aufleuchten. Die ganze Bevölkerung befand sich in der Hütte – etwa vierhundert Männer, Frauen und Kinder, die auf dem festgestampften Boden kauerten und sich flüsternd unterhielten.
    Echegon und seine Berater standen mit Storm in der Nähe des Feuers. Als Lockridge sie sah, vergaß er Auri und ging zu ihr. »Was ist geschehen?« fragte er.
    »Die Yuthoaz kommen«, sagte sie.
    Echegon zog Auri kurz an sich und sagte: »Ich brauchte nicht um dich zu fürchten, da du unter Malcolms Schutz standest. Aber ich danke IHR, daß du wieder da bist.« Das kräftige bärtige Gesicht wandte sich Lockridge zu: »Männer, die im Süden jagten, kamen heute mit der Nachricht zurück, daß die Yuthoaz kommen und morgen hier sein werden. Der Zug besteht nur aus bewaffneten Männern, und Avildaro ist die erste Ortschaft auf ihrem Weg. Was haben wir getan, um sie oder die Götter zu beleidigen?«
    Lockridges Blick ging zu Storm. »Ich hasse den Gedanken, unsere Waffen gegen diese armen Teufel einzusetzen«, sagte er auf Englisch, »aber wenn uns keine andere Wahl bleibt ...«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Die Energien könnten entdeckt werden. Zumindest können die Rangeragenten davon erfahren und auf uns aufmerksam werden. Es ist am besten, wir beide suchen anderswo Unterschlupf.«
    »Was? Aber ...«
    »Erinnern Sie sich daran, daß die Zeit unveränderlich ist«, sagte sie. »Da dieser Ort weitere hundert Jahre übersteht, können wir annehmen, daß es den Eingeborenen gelingt, den morgigen Angriff abzuschlagen.«
    Er fühlte die Augen Auris, Echegons und der andern auf sich gerichtet. »Und wenn es ihnen nicht gelingt? Dann würden sie ohne unser Eingreifen in Zukunft ein besiegtes, unterdrücktes Volk sein. Ich bleibe.«
    »Sie wagen es ...« Storm beendete den Satz nicht. Einen Augenblick stand sie starr. Dann lächelte sie, streckte den Arm aus und strich ihm über die Wange. »Ich hätte es wissen müssen«, sagte sie. »Also gut, ich bleibe auch.«

7
     
     
    Sie kamen vom Westen her über die Wiesen, den Eichenwald zu ihrer Linken, und die Männer von Avildaro waren bereit, den Kampf aufzunehmen. Der Gegner mochte etwa hundert Mann zählen, mit zehn Streitwagen; der Rest war zu Fuß. Zahlenmäßig glichen sich die Parteien also. Als Lockridge sie sah, konnte er kaum glauben, daß dies die gefürchteten Männer der Streitaxt waren.
    Als sie näherkamen, musterte er einen, der typisch für alle war. Der Körper des Kriegers unterschied sich nur unwesentlich von denen der Tenil Orugaray: er war etwas kleiner und untersetzter das braune Haar war zu einem Zopf geflochten, der Bart wie eine Gabel geteilt. Das Gesicht, rauh und mit spitzer Nase,

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