Korsar meiner Träume
scheint aufgehört zu haben. Oder jedenfalls größtenteils. Kümmere dich nicht darum, Claire.«
Sie drückte leicht seinen Arm, bevor sie ihn wieder losließ.
»Es ist schön, jemanden zu haben, um den man sich kümmern kann«, antwortete sie.
Sie hatte versucht, wütend auf Vincent zu sein, aber sie schien ihm einfach nicht lange böse sein zu können. Sie hatte ja auch nicht ihren Körper – und wider besseren Wissens auch ihr Herz – an Vincent verschenkt. Er war es nicht, der etwas erklären musste. Es war Nate.
»Warum versuchst du dann nicht, dich um Nate zu kümmern?«
Sie drehte sich wieder zum Meer um.
»Die Zeit dafür ist vorbei.«
»Seid ihr deshalb beide so mürrisch?«
»Ich bin nicht mürrisch, ich bin müde.« Obwohl sie den ganzen Tag über nichts weiter getan hatte, als eine Haltung zu finden, bei der ihr nichts wehtat, war sie todmüde. Wenn sie sich selbst gegenüber ehrlich war, musste sie zugeben, dass sie auch sonst nicht viel geschlafen hätte.
»Ich hoffe, du lässt es ihn erklären, Claire. Er mag zwar ein Riesentölpel sein, aber er ist einer von der guten Sorte.«
»Ich hatte schon erwartet, dass du ihn verteidigen würdest. Er ist ja dein Freund.«
»Natürlich ist er das, und genauso wie du auch, habe ich davon nicht sehr viele. Ich sehe es nicht gerne, wenn meine Freunde verletzt werden.«
»Es wird vorbeigehen, wenn die hier wieder verheilt sind«, antwortete sie und legte ihre Handfläche auf die bandagierten Rippen. Sie musste es zugeben, der Verband hatte ein wenig geholfen, obwohl der Schmerz ihr immer noch Tränen in die Augen treiben konnte.
»Ich bitte dich ja bloß, dir anzuhören, was er zu sagen hat«, drängte Vincent und sah plötzlich abgekämpft aus.
»Ich kann selbst für mich sprechen.« Nate war neben sie getreten. Er schien nicht sehr erfreut darüber zu sein, dass sie über ihn gesprochen hatten.
»Ich werde dich dann jetzt verlassen. Gute Nacht, Claire.«
Nate legte eine Hand auf Vincents Schulter.
»Ruh dich etwas aus.«
Vincent nickte und ging davon.
»Geht es ihm gut?«, fragte Claire.
»Er scheint so anfällig zu sein und schwach.«
Nate betrachtete das Vorwärtskommen seines Freundes ebenfalls und wartete, bis Vincent in seiner Kajüte verschwunden war, bevor er Claire ansah.
»Es ist eine Stichwunde. Ich nehme an, sie tut weh, aber die Blutung hat beinahe völlig aufgehört, und es hat von Anfang an nicht sonderlich stark geblutet.«
»Er wäre beinahe ohnmächtig geworden.«
Nate runzelte die Stirn.
»Gerade eben?«
»Er hat meinen Teller hingestellt, und als er aufstand, da hat er geschwankt, als ob er gleich ohnmächtig werden würde.«
»Verdammt. Genau das hat er getan, als er zum ersten Mal aufgestanden ist. Ich dachte, es wäre nur der Schock nach der Verletzung.« Er sah wieder über das Deck.
»Ich werde ihn auf diesem verdammten Bett festbinden, wenn ich es muss. Ich habe ihm gesagt, er soll sich nicht um das Schiff kümmern.«
Es muss wirklich etwas Besonderes sein , dachte sie und der Gedanke versetzte ihr einen Stich vor Neid, ein solch starkes Band der Freundschaft .
Nate sah wieder zu ihr hin, dann runter auf ihren Teller.
»Du hast nichts gegessen.«
Weil sie wusste, es würde wieder wehtun, wenn sie mit den Schultern zuckte, versuchte sie es erst gar nicht.
»Ich bin nicht hungrig.«
»Du bist genauso schlimm wie er«, murrte Nate, dann trat er einen Schritt näher auf sie zu und blickte ihr in die Augen.
»Wie stark ist der Schmerz?«
»Ich könnte noch ein wenig Rum vertragen, wenn du welchen entbehren kannst.«
Er nickte.
»Ich bin gleich zurück.«
Er nahm ihren Teller und reichte ihn im Vorbeigehen einem der Männer, die offensichtlich noch Hunger hatten.
Claire seufzte. Sie war nie jemand gewesen, der Alkohol gebraucht hatte, um Schwierigkeiten zu bewältigen. Wenn sie so jemand wäre, dann hätte sie wohl den Großteil der letzten paar Jahre betrunken verbracht. Dennoch wusste sie, Nates Anwesenheit bedeutete, dass er mit ihr reden wollte, und deshalb nahm sie an, die zusätzliche Stärkung, die der Rum ihr geben würde, konnte nicht schaden.
Ihre Gedanken waren düster, als er zurückkam und ihr einen kleinen Krug mit Rum reichte.
»Trink das aus. Dann kannst du vielleicht etwas schlafen.«
»Wenn ich das austrinke, werde ich drei Tage bewusstlos sein.«
Seine Hand streichelte ihre Wange.
»Dann würdest du wenigstens keine Schmerzen mehr haben.«
Sie wich seiner Berührung
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